MYLADY SOMMERBAND Band 03: HERZKLOPFEN IM ROSENGARTEN / LADY ODER KURTISANE? / (German Edition)
setzte sich auf Latimers Aufforderung zu ihm hin.
„Können Sie mir erklären, wo ich ein altes Bootshaus finde?“, fragte er.
„Auf der andern Seite vom Fluss. Sie müssen über die Brücke gehen und dann nach rechts. Wollen Sie etwa zu den Cornwells?“
Er nickte und hoffte dabei inständig, dass Annie ein Geheimnis wahren konnte.
„Das Grundstück is’ von einer Mauer umgeben. Aber zum Fluss hin gibt es eine Pforte. Also, ich find es nicht gut, wenn Sie sich mit Miss Nell treffen. Wo die doch verlobt is’ …“ Annie leerte ihre Teetasse, in die sie zuvor reichlich Zucker gegeben hatte. „Ich muss heim.“
„Nur gut, dass wir Vollmond haben“, stellte Latimer fest. „Da müssen Sie nicht in tiefer Dunkelheit zum Dorf zurückgehen. Ich habe übrigens nicht vergessen, dass ich Ihnen und Ihrer Tochter etwas schuldig bin. Bitte, geben Sie mir etwas Zeit. Sie werden mit Ihrer Belohnung zufrieden sein.“
„Hoffentlich“, murmelte sie und öffnete die Hintertür.
Latimer blieb am Tisch sitzen und ließ sich die Neuigkeiten durch den Kopf gehen. Dass Nell zu einem Gespräch bereit war, beruhigte ihn sehr. Was er über Georginas Familie gehört hatte, freute ihn ebenfalls. Von Radley hatte er einiges über den lang andauernden Streit zwischen den Cunningham-Brüdern erfahren. Sir Arthurs Besuch bei den Verwandten in Westcotes konnte nur bedeuten, dass er die Zwistigkeiten endlich beilegen wollte. Vermutlich würde er als nächster männlicher Angehöriger auch die Finanzen der Familie in Ordnung bringen.
Dann war es also völlig unnötig, die Büchersammlung zu kaufen, dachte Ned.
Nun, er war trotzdem froh, dass sich für die Cunninghams ein Ende der finanziellen Probleme abzeichnete. Vor allem konnte er seinem Engel jetzt bald gestehen, wer er wirklich war. Er hatte nicht vergessen, wie ablehnend Georgina Frauen gegenüberstand, die um des Geldes willen heirateten. Solange ihre Familie sich in Not befand, hätte sie seinen Antrag womöglich abgelehnt, nur um nicht als geldgierig zu gelten.
Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Seit er nach jenem Dinner das Haus der Cunninghams so fluchtartig verlassen hatte, schien einiges sich zum Besseren gewendet zu haben. Es war ihm gelungen, Kontakt zu Nell Cornwell aufzunehmen. Und – was viel wichtiger war – er hatte Grund zu der Annahme, dass Georgina seine Gefühle erwiderte. Nun musste er nur noch auf eine gute Gelegenheit warten, um die Maskerade zu beenden.
Ja, er war fest entschlossen, sich nicht von seinem Ziel abbringen zu lassen. Georgina würde seine Gattin werden!
Für Ned Latimers Seelenfrieden war es zweifellos gut, dass er nichts von Nells Vormittagsbesuch in Westcotes ahnte.
Georgina und Katherine hatten sie begeistert empfangen und sie sogleich in den Garten gezogen. Die drei machten es sich auf der Bank im Schatten des Apfelbaums bequem.
„Wir sind so gespannt auf alles, was du zu erzählen hast!“, rief Georgina.
„Und ich brenne darauf, euch alles zu berichten! Ich wäre ja gern schon eher gekommen. Aber seit wir wieder daheim sind, hatte ich kaum eine Minute für mich. Plötzlich ging alles so schnell! Ach, ich bin so glücklich!“
„Es ist wundervoll, dass du schon bald Mrs. Mansell sein wirst!“ Kate sah fast ein wenig neidisch aus. „Du wirst ja noch vor mir heiraten!“
„Und du hast London kennengelernt“, meinte Georgina. „Bestimmt hast du alle Sehenswürdigkeiten besucht …“
„… und auf allen großen Bällen getanzt“, fiel Katherine ein. „Die interessantesten Gentlemen haben dir zu Füßen gelegen, nicht wahr?“
„Ich habe tatsächlich mehrere Anträge erhalten. Und beinahe täglich große Sträuße von meinen Bewunderern. Ich bin mit dem Erben eines Earls bei wunderbarem Wetter im Hyde Park ausgefahren. Und ein junger Baron hat mich zu einem Picknick auf das Anwesen seiner Familie eingeladen. Der Frühsommer in der Stadt kann angenehmer sein, als ich erwartet hatte. Wenn John mir nur nicht so gefehlt hätte! Natürlich habe ich alle meine Verehrer abgewiesen. Wie ihr euch denken könnt, hat das meine Eltern sehr verärgert. Von Tag zu Tag drängten sie mich unnachgiebiger, endlich einen passenden Gatten zu finden.“
Voller Mitgefühl nickten die Schwestern.
„Dann kam der große Ball bei den Abercrombies. Mama hatte gesehen, dass ein wohlhabender Viscount sich für drei Tänze auf meiner Karte eingetragen hatte. Das ist, wie jeder weiß, so gut wie ein Heiratsantrag. Nun, Mama wollte mich
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