MYLADY SOMMERBAND Band 03: HERZKLOPFEN IM ROSENGARTEN / LADY ODER KURTISANE? / (German Edition)
Sonne ließ sein Haar golden aufleuchten. Mit den Blicken folgte er den Schwalben, die hoch oben am Himmel dahinsegelten und somit eine Fortsetzung des sommerlichen Wetters ankündigten. Das war gut, denn noch immer hatte er keine Gelegenheit gefunden, Georgina den Garten der Blanchards zu zeigen. Sobald wie möglich wollte er sie daran erinnern. Gewiss würde ihr die Blütenpracht gefallen. Sie schien einen Blick für alles Schöne zu haben. Er stellte sich vor, wie er mit ihr vor dem Rosenbeet stand und ihr eine wunderschöne rote Rose überreichte. Natürlich würde sie ihm vorwerfen, mit ihr zu flirten. Aber sie würde dabei lächeln und …
Er wurde aus seinen Tagträumen gerissen, weil Stimmen an sein Ohr drangen. Gleich darauf entdeckte er Georgina und Mr. Mansell, die am Gartentor standen und anscheinend gerade Abschied voneinander nahmen. Georgina machte einen völlig gesunden Eindruck. Abrupt blieb Latimer stehen. Hatte sie ihre Krankheit womöglich vorgeschoben, um ihn nicht empfangen zu müssen? Die Vorstellung behagte ihm gar nicht. Niedergeschlagen beschloss er, zum Cottage zurückzukehren.
Am nächsten Tag wagte Latimer nicht, nach Compton Lacey zu gehen. Zu groß war die Gefahr, dass Nell Cornwell ihn sehen und erkennen und darüber mit ihrer Freundin Georgina reden würde. Himmel, wenn er nur wüsste, ob es Mrs. Jacklins Tochter gelungen war, das Briefchen abzugeben!
Die Stunden vergingen entsetzlich langsam, obwohl Ned sich damit beschäftigte, Skizzen von den bunten Blumen im Garten zu machen. Zu seiner Überraschung stieß er in der Nähe des alten Apfelbaums auf eine Katze, die sich in der Sonne räkelte und die ein ideales Objekt für eine Tierstudie darstellte. Auch ein Zaunkönig wurde auf dem Papier verewigt. Und natürlich immer wieder Georgina. Wie von selbst schienen seine Finger sich zu bewegen, um ihr Gesicht aufs Blatt zu bannen.
Es dämmerte bereits und Latimer hatte sich ins Haus zurückgezogen, als Annie Jacklin an der Hintertür klopfte. Sie hielt ihm ein zerknittertes Stück Papier hin.
„Meine Lucy wär beinah gefeuert worden, weil die Haushälterin sie dabei ertappt hat, wie sie die Treppe von oben runterkam. Eigentlich darf sie die Küche nämlich nicht verlassen. Zum Glück hatte sie den Brief schon abgegeben. Und sogar eine Antwort bekommen.“
„Danke!“ Ungeduldig brach Latimer das Siegel, faltete das Blatt auseinander und las:
Ihr Brief hat mich erstaunt und auch etwas beunruhigt. Ich frage mich, welchen Gefallen Sie nach unserer doch sehr kurzen Bekanntschaft wohl von mir erbitten wollen.
Ich kann Ihnen natürlich nichts versprechen. Doch ich werde versuchen, Sie morgen Nachmittag gegen vier zu treffen. Folgen Sie dem Flusslauf, bis Sie das alte Bootshaus hinter sich gelassen haben. Sie erreichen dann eine große Trauerweide, hinter der Sie sich verbergen und auf mich warten können.
Es gab weder eine Anrede noch eine Unterschrift. Doch Latimer war sich sicher, dass die Zeilen wirklich von Nell stammten.
Mrs. Jacklin stand noch immer in der Tür. „Sie sollten das nicht tun, Sir. Miss Nell is’ mit dem Pfarrer verlobt. Und Sie selbst haben angeblich ein Auge auf Miss Georgina geworfen. Außerdem wird meine Lucy sich in Schwierigkeiten bringen, wenn sie noch mehr Briefe hin und her trägt.“
„Keine Sorge, ich beabsichtige nicht, Miss Cornwell noch einmal zu schreiben. Kommen Sie herein, und machen Sie uns eine Tasse Tee. Die wird Ihnen nach dem langen Arbeitstag guttun. Und ich möchte noch einiges mit Ihnen besprechen.“
„Eine Tasse Tee wär’ nicht schlecht. Ich hatt’ ja gehofft, Becky Harper würde mir eine anbieten. Aber die war in Eile.“
„War denn etwas Besonderes los bei den Cunninghams?“
Annie begann mit der Zubereitung des Tees. „Zwei Männer aus London waren da. Die haben die Bücher des verstorbenen Pfarrers eingepackt. Die Bücher sind nämlich verkauft und werden morgen abgeholt.“
„Hat Miss Georgina sich von ihrer Erkältung erholt?“
„Sie soll gar nicht richtig krank gewesen sein. Ein großes Glück, wenn Sie mich fragen. Eine Sommergrippe kann sehr gefährlich sein. Becky sagte, nachmittags, als Sir Arthur zu Besuch kam, hätte das Mädchen schon wieder aufstehen können. Sir Arthur is’ ein Verwandter, müssen Sie wissen. Und anscheinend will er sich nun um die Familie kümmern.“
„Das muss eine große Erleichterung für Mrs. Cunningham sein“, murmelte Ned.
Der Tee war fertig, Annie füllte zwei Tassen und
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