MYLADY SOMMERBAND Band 03: HERZKLOPFEN IM ROSENGARTEN / LADY ODER KURTISANE? / (German Edition)
friedlich zu schlafen schienen.
Mit zitternden Fingern wies Rupert auf die Straße, die nach Dunchurch führte. „Dorthin. Die Pferde waren schon sehr erschöpft. Bestimmt können sie nicht mehr weit laufen.“
„Du holst jetzt die Hunde, Rupert, und gehst dann heim. Erzähl deiner Mutter, was geschehen ist. Aber ängstige sie so wenig wie möglich. Ich selbst mache mich sofort an die Verfolgung der Kutsche. Allerdings könnte es sein, dass ich Hilfe brauche. Gebt Radley Bescheid! Er soll mir mit einigen seiner Männer folgen.“
„Jawohl, Sir. Aber … Also, zu Fuß werden Sie die Kutsche nie einholen.“
„Mach dir keine Sorgen, Junge. Ich habe schon eine Lösung gefunden.“ Er schaute zum Gasthof hinüber. Wenn die Pferde doch nur jünger und lebhafter wären! „Es ist wichtig, dass du genau das tust, was ich dir aufgetragen habe.“ Und ohne sich weiter um den Knaben zu kümmern, eilte er zum Running Fox, wo er das bessere der Reittiere losband, sich in den Sattel schwang und ihm einen so kräftigen Klaps aufs Hinterteil gab, dass es erschrocken loslief.
Erst nachdem er das Dorf bereits hinter sich gelassen hatte, begann Latimer sich Gedanken darüber zu machen, wie er Georgina befreien sollte. Er wusste nicht, wohin der oder die Entführer sie gebracht hatten. Er hatte keine Ahnung, mit wie vielen Gegnern er es zu tun hatte. Und er war unbewaffnet. Trotzdem – das schwor er – würde er seinen Engel retten. Denn eine Zukunft ohne Georgina war für ihn ganz und gar unvorstellbar!
Er hatte noch keine zwei Meilen zurückgelegt, als das Pferd immer langsamer wurde. Verflixt, es war einfach zu alt, um einem strammen Ritt noch gewachsen zu sein. Latimer blieb nichts anderes übrig, als die Verfolgung im Schritttempo fortzusetzen.
Ob Rupert inzwischen zu Hause angekommen war und seine Mutter alarmiert hatte? Würde sie seiner Geschichte überhaupt Glauben schenken? Da der Knabe seiner Familie in letzter Zeit so viel Ärger bereitet hatte, war nicht auszuschließen, dass alle annehmen würden, er habe sich einen neuen, besonders bösen Streich ausgedacht. Es war ja wirklich schwer vorstellbar, dass irgendjemand Georgina entführt hatte. Ihre Familie war nicht wohlhabend genug, um ein großes Lösegeld zu zahlen. Auch um einen Racheakt konnte es sich kaum handeln, denn wie Latimer wusste, waren die Cunninghams allgemein beliebt. Was also sollte mit der Entführung bezweckt werden? Verwirrt runzelte er die Stirn.
Es konnte jetzt nicht mehr weit sein bis zur Zollschranke. Und noch immer war von der Kutsche nichts zu sehen. Felder und Weiden erstreckten sich, unterbrochen nur von dichten Hecken und kleinen Gruppen grüner Bäume, bis zum Horizont. Nicht weit vom Weg entfernt graste eine Schafherde. Doch einen Schäfer, den er nach dem schwarzen Gefährt hätte fragen können, entdeckte Latimer nicht.
Endlich tauchte der Karren eines fahrenden Händlers vor ihm auf. Aber der Mann behauptete, er sei von keiner Kutsche überholt worden. „Seit ich Compton Lacey verlassen hab, is’ mir kein Mensch begegnet“, stellte er fest. „Es war die ganze Zeit über totenstill.“
Eine unglückliche Formulierung, die Latimers Angst um Georgina erneut auflodern ließ. Er dankte dem Händler, warf ihm eine kleine Münze zu und wendete das erschöpfte Pferd. Die Kutsche musste also irgendwo von der Straße abgebogen sein. Doch wo? Er hatte nur ein paar sehr schmale Pfade bemerkt.
Nun, ich werde eben genauer hinschauen müssen, dachte er.
Nach kurzer Zeit wurde seine Mühe belohnt. An beiden Seiten eines von Hecken gesäumten Pfades, der zu einem nicht allzu weit entfernten Wäldchen führte, wiesen abgerissene Zweige darauf hin, dass sich kürzlich etwas hier hindurchgezwängt hatte. Latimer sprang aus dem Sattel, um den Boden genauer zu betrachten. Der war hart und steinig, aber an einigen Stellen konnte man doch schwach die Spuren von Rädern und Hufen erkennen.
Von neuer Hoffnung erfüllt, ritt Ned langsam weiter. Er hatte die Ohren gespitzt und hielt aufmerksam nach Zeichen für die Anwesenheit anderer Menschen Ausschau. Der Weg wurde breiter und führte nun unter hohen Laubbäumen dahin. Vögel zwitscherten. Dann glaubte er, Pferdewiehern zu hören. Es war wohl an der Zeit, abzusteigen und den Weg zu Fuß fortzusetzen. Er band sein Reittier an einen Baum und schlich weiter.
Jetzt wurde das Unterholz dichter. Der Pfad allerdings war deutlich zu erkennen, ebenso wie die Radspuren, die sich in den weichen
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