MyLady Weihnachtsband 2009 Band 18
gutem Zureden nicht vertreiben lassen wollte.
Keiner der traditionellen Weihnachtsbräuche, die er sonst so genoss, hatte ihn besänftigen können. Dem Glühwein seiner Mutter fehlten der pikante Zitronengeschmack und die Gewürze von Miss Wellingfords Gebräu. Im Glanz der Weihnachtskerzen spiegelte sich nur ihr Gesicht. Die Aufregung der Kinder, als sie den Julklotz nach Hause schafften, erinnerte ihn an den Ausflug in Wellingford, auf dem sie die Zweige gesammelt hatten, und das Mikadospiel, das Thomas seinen Nichten schenkte, mahnte ihn an das Spiel, das er mit Meredyth auf dem Boden im Schulzimmer gespielt hatte, damals, als er noch geglaubt hatte, er könnte sie zur Frau gewinnen.
Und einen Mistelzweig mochte er schon gar nicht ansehen.
So wenig Erfolg er tagsüber hatte, sie aus seinen Gedanken zu verbannen – nachts war es noch schlimmer. Viel zu oft wachte er schweißgebadet auf, vor sich ihr Bild, wie sie vor Lust gestöhnt hatte.
Vergeblich rang er mit sich, während er dalag und keinen Schlaf fand, und versuchte sich dieses liederliche Geschöpf aus dem Kopf zu schlagen, das ebenso lässig bereit gewesen war, mit ihm zu schlafen, wie ihn hinterher wegzuschicken.
Diesmal freute er sich auf das Ende der Weihnachtszeit, denn dann konnte er die zeitraubenden, anstrengenden Aufgaben der Gutsverwaltung wieder aufnehmen. Bestimmt würde die Arbeit seinen Schmerz betäuben, genau wie damals, als sie ihm geholfen hatte, über Susannas Verrat hinwegzukommen.
Nur dass es diesmal nicht funktionierte. Im Gegenteil, die Arbeit auf dem Gut verstärkte sein Elend lediglich und hielt seine Wut, seine Enttäuschung und seine Verwirrung über Meredyth Wellingfords Benehmen ständig am Köcheln.
Er konnte nicht über die Felder reiten und sich mit den Pächtern beraten, ohne an seine Zeit in Wellingford zu denken, wo die intelligente, sachkundige Meredyth an seiner Seite getrabt war. Beinahe jede Aufgabe, die er unternahm – ob er Saatkorn bestellte, eigenhändig Stroh für ein Dach bündelte, Gerätschaften reparierte – erinnerte ihn an ein Gespräch, eine Beobachtung, ein ähnliches Erlebnis, das er mit Meredyth geteilt hatte.
Es ist höchste Zeit, dass ich mein Leben weiterlebe, sagte er sich, als er einen Monat nach Dreikönig unausgeschlafen und frustriert ins Frühstückszimmer stapfte und Thomas, der schon am Tisch saß, knapp zunickte.
Die beiden Brüder aßen schweigend, doch als er sich zum Gehen wandte, sprang Thomas ebenfalls auf. „Allen – warte! Kann ich dich kurz sprechen?“
„Wenn du möchtest, dass ich deinen Monatswechsel erhöhe“, warf er über die Schulter zurück, „dann lautet die Antwort Nein. Nachdem wir die Anbaufläche vergrößert …“
„Es geht nicht um meinen Wechsel“, unterbrach Thomas ihn. „Das ist doch mal wieder typisch, du fängst an zu knurren, noch bevor ich dir gesagt habe, was ich überhaupt von dir will! Seit wir aus Wellingford zurück sind, benimmst du dich wie ein alter Brummbär. Nachdem du die arme Mama mit deiner vernichtenden Bemerkung gestern Abend zum Weinen gebracht hast, nur weil sie dich gefragt hat, was mit dir los ist, hat sie mich gebeten, mit dir zu reden.“
Bevor Allen ihm sagen konnte, er solle sich zum Teufel scheren, hob Thomas eine Hand. „Ich weiß nicht, was in Wellingford passiert ist, und will es auch gar nicht wissen. Obwohl ich sagen muss, dass ich dich immer für so gewandt gehalten habe und ganz schön erstaunt war, wie du dich bei Merry angestellt hast.“
„Vielen Dank für deine Zurückhaltung“, entgegnete Allen ätzend.
„Verdammt, ich kann doch wenigstens sagen, dass ich enttäuscht bin!“, erwiderte Thomas entnervt. „Ich kann mir keine andere Dame denken, die ich lieber zur Schwägerin gehabt hätte. Dieses Miststück Susanna Davies muss dir immer noch den Verstand vernebeln. Ich hätte gedacht, du wärst inzwischen über sie hinweg.“
„Sei doch ein wenig nachsichtiger, Thomas. Außerdem sind alle Frauen im Grunde ihres Herzens Luder. Es ist nur eine Frage des Maßes …“
Allen hatte die letzten Worte kaum ausgesprochen, als Thomas ihn mit einem Kinnhaken überraschte. Er taumelte nach hinten und konnte gerade noch verhindern, dass er einen Stuhl umwarf, während er das Gleichgewicht wiederzuerlangen suchte.
„Wage es ja nicht, Merry mit dieser … dieser Hexe zu vergleichen!“, erklärte Thomas zornig. „Nicht alle Frauen sind wie Miss Davies – obwohl ich froh bin, dass sie ihren wahren Charakter
Weitere Kostenlose Bücher