MyLady Weihnachtsband 2009 Band 18
Augenbraue hoch.
„Drei Tage“, erklärte sie.
Er nickte. „Ja, das kommt hin. Aber was nicht hinkommt, das ist die freundliche, geschickte Art, mit der du dich um mich gekümmert hast, seit ich dir in die Hände gefallen bin. Ich bin wirklich überrascht, wie sehr du dich im Lauf der Jahre verändert hast.“
Sie hob das Kinn. „Ich habe mich überhaupt nicht verändert.“
„Ach, komm“, tadelte er sie. „Vor einigen Jahren hattest du keinerlei Skrupel, mich zu kompromittieren und dadurch zu zwingen, dich gegen meinen Willen zu heiraten. Und als ich die Ehe dann nicht vollziehen wollte, hast du dir einen Geliebten genommen und versucht, mir sein Kind unterzuschieben.“
„Nichts von alldem habe ich getan.“ Sie schnappte nach Luft und sprang auf.
„Setz dich!“
Sie hielt inne, die Hände zu Fäusten geballt. „In diesem Haus hast du mir keine Befehle zu erteilen, Carleton. Du hast kein Recht mehr über mich. Du hast mich verstoßen, mich auf Gnade und Verderb …“
„Und das ist mir das größte Rätsel“, fiel er ihr ins Wort. „Warum lebst du in solcher Armut?“
Er war bald dahintergekommen, warum er sie nicht wiedererkannt hatte. Für ihn war sie ein junges Mädchen geblieben. Ein Mädchen obendrein, von dem er sich in den letzten Jahren vorgestellt hatte, es vergnüge sich in Seide und Spitzen, während er in Lumpen fror. Sie war jetzt eine Frau mit weiblichen Rundungen, der ehemals weiße Teint gebräunt, wahrscheinlich, weil sie häufig im Garten arbeitete, und gekleidet wie eine Bäuerin. Nachdem sich der erste Schock darüber gelegt hatte, dass er ihr in die Hände gefallen war, war in ihm die Frage aufgestiegen, wie es sie hierher nach Barstow verschlagen hatte.
„Warum bist du nicht in Lambourne Hall und genießt deinen Status als meine Witwe? Oder, falls das Landleben für eine Frau mit deinen Ambitionen zu einengend ist, warum hast du dir von dem Wittum, das ich dir ausgesetzt habe, nicht ein Haus in London gemietet? Und hast dir einen anderen reichen Geliebten geangelt, der ‚deine Bedürfnisse‘ befriedigt?“
„Ich habe mir niemanden geangelt! Und dass ich hier – in Armut, wie du es bezeichnest – lebe … ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie so reich gefühlt. Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig. Ich tue, was mir gefällt. Ich baue mein eigenes Gemüse an und kümmere mich um mein Kind …“
„Und was erzählst du ihm über seinen Vater?“, fragte er mit trügerisch weicher Stimme nach.
Zu erbost, um ihre Zunge zu hüten, platzte Nell heraus: „Die Wahrheit, natürlich. Dass sein Vater im Krieg gefangen genommen und als Spion gehängt wurde …“
„Dann behauptest du also immer noch, er wäre mein Kind? Ist es nicht ziemlich grausam, den eigenen Sohn anzulügen, selbst für jemanden wie dich?“ Er war verblüfft, dass er nicht die Stimme erhob, wo er doch einen so mörderischen Zorn empfand. Wenn er die Kraft besessen hätte, wäre er längst aufgesprungen und würde im Zimmer auf und ab gehen und ihr mit den Fäusten drohen. Stattdessen stieß er hervor: „Es ist ganz ausgeschlossen, dass er mein Sohn ist, denn wir beide haben nie im selben Bett geschlafen.“
„Nein, geschlafen haben wir nicht“, gab sie zu. „A…aber in unserer Hochzeitsnacht bin ich in dein Zimmer gegangen, um dir zu sagen …“
Hitzig schüttelte er den Kopf. „Am Morgen nach unserer Hochzeit bin ich in der Bibliothek auf dem Sofa aufgewacht.“
„Weil du direkt danach aufgestanden bist“, sagte sie und lief dabei rot an. „Du warst … entsetzt über das, was du getan hast. Du hast gesagt …“, sie schluckte und richtete den Blick nicht auf ihn, sondern auf einen feuchten Fleck an der Wand hinter ihm, „… dass du noch etwas zu trinken bräuchtest. Obwohl du schon viel mehr getrunken hattest, als gut für dich war.“
Er hatte den ganzen Tag ununterbrochen getrunken, das stimmte wohl. Noch keine zwanzig und schon an eine intrigante Blutsaugerin gebunden – natürlich hatte er nichts anderes gewollt, als das ganze Fiasko ein für alle Mal in Alkohol zu ertränken.
Beinahe war es ihm gelungen.
Doch ab und zu hatte er die beunruhigendsten Träume von seiner Braut …
Er träumte, dass sie zu ihm kam, strahlend vor Liebe und Hoffnung. Stets trug sie ein weißes mit kleinen blauen Blumen besticktes Nachthemd, das ihre Arme nackt ließ und dessen Ausschnitt den Ansatz ihrer Brüste freigab. Und wenn er den Kopf senkte, um sie zu küssen, war es, als
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