MyLady Weihnachtsband 2009 Band 18
verlassen, als dem Beweis für deine Untreue ins Gesicht sehen zu müssen. Ich wollte nicht einmal an dein Kind denken!“
„Aber ich habe immer gedacht, du …“ Sie ließ die Schultern sinken. „Dann hast du mich nicht als Hure gebrandmarkt? Dann hast du Harry nicht zum Bastard erklärt und bist nicht deswegen auf den Kontinent gegangen, weil du allen zeigen wolltest, dass du mich verstoßen hast?“
„Nein.“
Nell fuhr sich verwirrt über die Stirn. „Aber wie ist diese Geschichte dann in Umlauf gekommen? Laut Peregrine war der Skandal in London in aller Munde. Wenn du die Gerüchte nicht in die Welt gesetzt hast, wer dann?“
Carleton dachte zurück an jenen Abend, als Nicholas Malgrove bei White’s zu ihm gekommen war und gesagt hatte: „Ich glaube, man muss gratulieren. Ich habe gehört, Ihre werte Gattin hat einen strammen Jungen zur Welt gebracht. Ihren Sohn und Erben.“
Als der Mann das Glas zu einem spöttischen Toast hob, hatte Carleton Rot gesehen. Er hatte Nicholas einmal dabei erwischt, wie er aus Helenas Zimmer geschlichen kam. Jetzt schien es, als wären sie immer noch ein Liebespaar, denn Nicholas wusste von dem Kind, bevor er davon erfahren hatte.
„Sie vor allen anderen“, hatte er schleppend erklärt, zu stolz, um zu zeigen, wie gedemütigt er war, „müssen doch wissen, dass das Kind unmöglich von mir sein kann.“
Erst jetzt ging ihm auf, wie vorschnell eine solche Aussage in Hörweite einer Reihe anderer Gentlemen gewesen war. Malgrove hatte sicher großen Spaß daran gehabt, eine derart saftige Neuigkeit unters Volk zu bringen.
„Ich habe meine Vermutung nur einem Menschen gegenüber geäußert“, räumte er unbehaglich ein. „Niemals hätte ich den Namen meiner Familie absichtlich durch den Schmutz gezogen.“
„Den Namen deiner Familie? Ist das alles, was dich interessiert?“ Nell war außer sich. Selbst wenn er sich nicht bewusst daran gemacht hatte, ihren Ruf zu zerstören und seinen eigenen Sohn zu enterben, so hatte er anscheinend nur aus Sorge um den ehrenwerten Namen seiner Familie davon abgesehen. Nicht aus Rücksicht auf ihre Gefühle oder darauf, was für eine Wirkung eine solche Aussage auf ihre Zukunft haben könnte.
„Ich mache mir große Sorgen“, entgegnete er, „weil mein Sohn unter nicht gerade idealen Lebensumständen aufwächst. Warum, in Gottes Namen, hast du dich nicht mehr bemüht, mich davon zu überzeugen, dass das Kind von mir ist, bevor es auf die Welt kam?“
„Und wie genau hätte ich das anstellen sollen? Wie hätte ich dich denn von irgendetwas überzeugen sollen, wo du dich doch geweigert hast, überhaupt etwas mit mir zu tun zu haben? Als ich gemerkt habe, dass ich ein Kind erwarte, wusste ich ja nicht mal, wo du bist, um es dir zu sagen. Die Briefe, die ich dir geschrieben habe, wurden ungeöffnet zurückgeschickt, und als ich jemanden bitten wollte, mich zu dir zu bringen, hieß es, sie dürften das nicht! Ich war praktisch in der Jagdhütte gefangen! Also wage bloß nicht, mir die Schuld in die Schuhe zu schieben oder mir zu sagen, ihm fehle es an irgendetwas! Sieh doch, wie gesund Harry ist. Er bekommt gutes Essen und saubere Kleider … Er trägt Stiefel, anders als manche Dorfjungen. Und er kann lesen und schreiben …“
„Aber kann er auch reiten? Weiß er, wie man angelt? Wie man schießt? Wie konntest du ihn nur so aufwachsen lassen?“
„Du wolltest ja nichts von ihm wissen. Niemand aus deiner hochmütigen Familie wollte etwas von ihm wissen. Und weißt du was?“ Sie sprang auf, und in ihren Augen blitzte Trotz auf. „Mit mir fährt er viel besser, als wenn er lernen würde, so kalt und stolz und grausam zu sein wie deine schrecklichen Verwandten. Wenn du nicht so ein Trunkenbold gewesen wärst, hättest du dich an unsere Hochzeitsnacht erinnert. Und selbst wenn du dich nicht daran erinnert hättest, hättest du doch versucht, wenn du ein anständiger Kerl wärst, mit mir zu irgendeiner Einigung zu gelangen, wie wir leben wollten – statt einfach davonzulaufen und so zu tun, als würde ich nicht existieren!“
„Wenn du nicht eine Situation herbeigeführt hättest, in der du dich dermaßen kompromittiert hast, dass ich gezwungen war, dich zu heiraten“, erwiderte er, „wäre dieses ganze Durcheinander nicht passiert! Überrascht es dich da, dass ich Zuflucht zur Flasche genommen habe, um diesen absurden Hochzeitstag zu überstehen? Ich war doch selbst kaum trocken hinter den Ohren und wusste nichts von der
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