MyLady Weihnachtsband 2009 Band 18
Wahl gelassen, als sich zu den anderen Gästen zu gesellen. Und als Julia sich ihm dann genähert hatte, das schöne Gesicht voll Staunen und Sorge um ihn, hatte ihm die Anwesenheit der beiden die Kraft gegeben, sich auf den Beinen zu halten.
Doch als er die Treppe hochgeblickt hatte, die die anderen Gäste zum Tanz im Salon hinaufgegangen waren, waren es letztendlich Julias strahlende blaue Augen gewesen, die ihn dazu bewogen hatten, den anstrengenden Aufstieg zu wagen. Lady Treybourne hatte ihm ein Schlafzimmer im Erdgeschoss zugewiesen, damit er an den Mahlzeiten und den meisten Vergnügungen teilnehmen konnte, ohne Treppen steigen zu müssen.
Er war den anderen gefolgt, so gut er konnte; jeder Krampf, der ihm ins linke Bein und die Hüften schoss, erinnerte ihn höhnisch daran, dass er möglicherweise scheitern und hinfallen würde. Ihr Anblick, wie sie die Treppe hinaufschwebte, dabei vorsichtig ihren Rocksaum lüpfte, damit sie nicht stolperte, hatte in ihm den Wunsch geweckt, sie auf der Tanzfläche herumwirbeln zu sehen. Sie hatte keine Vorstellung, was ihre schlichten Worte ihm bedeutet hatten.
Als er schließlich im ersten Stock angekommen war und seine Schritte zum Roten Salon lenkte, war er völlig außer Atem. Er blieb an der Tür stehen und ließ sich von einem vorbeieilenden Lakaien irgendein Glas reichen – ihm war völlig gleichgültig, was der Inhalt war, Hauptsache, er war nass. Nachdem er den Champagner hinuntergestürzt hatte, zog er sein Taschentuch heraus und tupfte sich das Gesicht ab. Er verlagerte den Großteil seines Gewichts auf sein gesundes Bein und sah sich um.
Paare in Viererreihen bewegten sich zum Klang mehrerer Geigen, eines Cellos und eines Pianofortes in einem Kontretanz. Iain entdeckte Julia in der zweiten Reihe und beobachtete, wie sie die Figuren absolvierte. Sie bewegte sich jetzt mit einer Anmut, die nichts mehr gemein hatte mit ihrer Unbeholfenheit als Kind. Es fiel ihm schwer, überhaupt etwas von dem ausgelassenen Kind in ihr zu entdecken, während sie ihrem Tanzpartner auf irgendeine Bemerkung hin lächelnd zunickte.
Iain atmete tief ein und sah ihr zu, solange er es wagte – irgendwer würde ihn sicher bald ertappen, wie er dastand und Maulaffen feilhielt wie ein Schuljunge – und wappnete sich dann für den schweren Rückweg ins Erdgeschoss des Hauses. Während sein Bein höllisch schmerzte und er sich für seine Dummheit verfluchte, beantwortete sein Herz die Frage, die er sich bei jedem Schritt aufs Neue stellte: Ja, sie tanzen zu sehen war ihm sogar diesen Schmerz wert.
Die Treppe sicher hinter sich zu bringen bedurfte einiger Zeit und aller Konzentration, damit er nicht mit dem Bein einknickte. Tatsächlich konzentrierte er sich so sehr, dass er gar nicht bemerkte, wie sie oben an der Treppe erschien und ihm nachsah …
„Nun, das lief ja nicht so, wie ich erwartet hatte“, meinte Anna, Countess of Treybourne.
„Du hörst mir nie zu, Anna“, erwiderte ihre beste Freundin Clarinda. „Ich habe dir doch gesagt, dass Julia in Herzensangelegenheiten nicht mehr so große Zurückhaltung an den Tag legt, wie du dachtest. Aber du musstest meine klugen Worte ja ignorieren.“
Anna und Clarinda standen im Flur in einem kleinen Alkoven, sodass Julia sie nicht sehen konnte, sie jedoch in der Lage waren, sie zu beobachten.
Was sie dann auch taten.
Sobald Iain den Salon verlassen und sich auf den Weg nach unten begeben hatte, war Julia ihm aus dem Raum gefolgt, um ihm nachzusehen. Anna fand, dass man keinen Gelehrten brauche, um den Ausdruck im Gesicht ihrer jüngeren Schwester zu deuten.
„Ich habe nicht ‚nie‘ gesagt, Clarinda. Im Gegenteil, ich war immer der Ansicht, dass ihr Widerstand sich in Nichts auflösen würde, sobald der richtige Mann auftaucht – so ähnlich wie bei Trey und mir.“
Schweigend standen sie da und sahen zu, wie die Sehnsucht in Julias Miene mit jedem Schritt wuchs, den Iain sich von ihr entfernte. Keine der beiden Frauen wollte sagen, was sie dachte. Dann gab sich Anna einen Ruck. Schließlich war Julia ihre Schwester, sie war für sie verantwortlich.
„Ungeachtet jeglicher zarter Gefühle – er ist für sie nicht der Richtige.“
„Genau“, nickte Clarinda zustimmend.
„Aus vielen Gründen“, fügte Anna hinzu.
„Sehr vielen Gründen“, meinte Clarinda mit traurigem Unterton.
Anna spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen, und blinzelte sie weg. „Aber jetzt ist Weihnachten. Für unangenehme Wahrheiten ist
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