Myrddin
nach Britannien und erkundigst dich, was Jerry außer dir und deinem Paket noch gefunden hat. Von dem Paket weißt du, was sein Inhalt ist. Mister William Myrddin: du bist ein sehr geheimnisvoller Mann. Deine Haare, dein Bart …? Du mußt irgendwo gelebt haben, wo du so nicht aufgefallen bist. Hier würde dich sofort jeder anstarren. Oder ist es eine Art von Tracht? Wenn ich dich ansehe, würde ich an einen alten Indianer denken, mein Lieber – auch wenn du dich an die Staaten nicht erinnerst. Aber dein Name macht das zunichte, denn ich glaube kaum, daß Indianer Myrddin heißen …“, grübelte sie weiter. „Versuche dich doch einmal an das zu erinnern, woran du gedacht haben mochtest, als du Jerry fragtest, ob er noch etwas anderes außer dir gefunden hätte.“
„Es tut mir leid. Aber ich kann es im Moment wirklich nicht sagen. Es war nur so ein Gefühl, daß ich etwas Unbestimmtes vermissen würde, von dem ich nicht sagen kann, was es sein könnte“, sagte Myrddin. Was sollte er ihnen auch sagen? Sollte er direkt nach seinem Stab fragen? Tralee war eine kluge Frau, die nicht aufhören würde, ihn zu befragen, bis sie ein klares Bild vor Augen hätte. Sie würde solange weiter bohren, bis sie wüßte, wer und was er sei – und was für Absichten er in dieser Welt hätte.
„So etwas kenne ich, mein Freund. Das nennt man Sehnsucht …“, murmelte Palluck vor sich hin.
„Jerry, du bist uns eine große Hilfe“, belächelte Tralee ihn, da sie seine Anspielung verstand. „Doch William, hast du überhaupt keinen Anhaltspunkt? Das kann ich mir gar nicht vorstellen“, schüttelte sie den Kopf. „Stelle dir bloß vor, daß dich jemand in Harwich erwartet und du davon nichts mehr weißt. Die Menschen glauben, daß du ertrunken bist, und dabei sitzt du hier bei uns und parlierst. Vielleicht müssen wir jemanden verständigen? Oder willst du die Menschen glauben lassen, daß du ertrunken bist …? Vielleicht hast du eine hohe Lebensversicherung, an die du herankommen wolltest …?“ dachte sei laut weiter. „William, wir müssen uns mit dir ein wenig mehr anstrengen …“
Myrddin freute sich über die verkehrte Fährte, die er gelegt hatte, nippe an dem Whiskyglas, machte sich Sorgen um seine Beine und überlegte, was Tralee wohl mit einer Lebensversicherung meinte. Er stellte das Glas auf den Boden und fühlte mit der Hand nach seinen Beinen. Leslie stand augenblicklich besorgt auf. Sie fragte ihn, ob er Schmerzen habe.
„Meine Beine sind ausgebrannt wie tote Klumpen … und ich kann sie nicht fühlen. So könnte es sein, daß ich Schmerzen haben, die ich nicht empfinde“, sagte Myrddin und Tralee schlug die Bettdecken zurück, was ihm sehr unangenehm war.
„Na, William, bist du genierlich? Glaube mir: ich habe schon mehr nackte Männer gesehen, die weniger hermachten als du. Und du … du bist noch nicht einmal nackt“, bemerkte sie schmunzelnd, wenngleich Myrddin der vertrauliche Ton Tralees in dieser Beziehung nicht gefiel, als sei er jeder Begierde und jedem Blick ausgeliefert. Er war kein Knabe, zu dem sie so hätte sprechen können. Wenn sie wüßte, wer er war, dann würde sie ihn nicht wie einen tollpatschigen Alten behandeln, der seine Unterhosen falsch herum anzog und dem der Haferschleim aus den Mundwinkeln tropfte. Er quittierte es jedoch nur mit einem scharfen Blick, den sie nicht sehen konnte.
Sie hielt seine Füße in ihren Händen und fragte, ob er etwas spüren könne. Doch seine Füße waren taub. Sie drückte kräftiger auf seine Fußsohlen und Myrddin spürte ein kribbelndes Gefühl in seinem Bauch.
„Und jetzt …?“ fragte sie und preßte mit den Daumen auf die verhornten Falten unter seinen erbarmungswürdigen Füßen.
„Ja. Ich spüre etwas in meinem Magen“, antwortete er.
„Dann ist es in Ordnung. Du hast Gefühl in deinen Beinen, William. Dann wird es besser werden, du Armer.“
„Was hast du an den Füßen gemacht, daß ich meinen Bauch fühlen kann?“
„Eine Reflexzonenmassage. Aber das wird dir nicht viel sagen, oder …?“
„Sprich weiter …“, bat er energisch und Tralee war über sein Interesse verwundert, da Männer derlei Themen nicht weiter interessierten. Sie erklärte ihm, was es mit der Massage auf sich habe. Sie sagte, es sei ähnlich der Akupressur und daß in den Fußsohlen die Nerven des gesamten Körpers zusammenliefen. Folglich stellten auch die Füße einen Spiegel des körperlichen Befindens dar. Sie deckte ihn wieder zu, lächelte
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