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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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gehirnlosen Schweineschwanz hielt, den man nicht mehr geradeziehen konnte, wie sie ihm verächtlich gesagt hatte. Dennoch war er klug genug gewesen, seine Angelegenheiten rechtzeitig zu regeln.
    „Jerry, rede nicht so. Was soll William für einen Eindruck bekommen?“
    „Aber wenn es doch stimmt, Leslie …“
    „Selbst falls es stimmen sollte, sagt man so etwas nicht. Aber William: zu dir. Gehen wir doch einmal systematisch vor. Du weißt, wie du heißt, trägst einen seltenen walisischen Namen und bist hier gefunden worden … in der Irene Bay“, sagte sie. „Woher kommst du? Und wie bist du hierhergekommen? Kannst du uns das sagen? Es gibt nur wenige Menschen, die zu Weihnachten auf Reisen sind.“
    „Leslie, ich kann mich wirklich nicht erinnern.“
    „Gut. Woran kannst du dich erinnern, William?“ fragte sie, als wolle sie ein Gesellschaftsspiel aus seiner Persönlichkeitsfindung machen, und Myrddin überlegte zum Schein, als wolle er sich auf ihr Spiel einlassen.
    „Das ist sehr schwer zu sagen. Ich erinnere mich an Gedichte und Geschichten … Und ich erinnere mich an ein Boot …“
    „Prima. Du bist also auf einem Schiff unterwegs gewesen. Wie hieß es und wohin wollest du?“
    „HAMAMELIS, und ich wollte an die Küste Britanniens, weiß ich.“
    „Na wunderbar. Es geht doch. Und weiter …“
    „Weiter? Nichts weiter …“, bedauerte Myrddin angeblich. „Mein Gedächtnis ist vollkommen leer.“
    „Dann wollen wir raten“, freute sich Tralee, da sie ihren Verstand und ihre Logik herausgefordert sah – und es arbeitete bereits in ihr. „Du bist ein alter Mann, der Gedichte kennt, der auf seinem Weg nach Britannien ist, dichte Fellkleider trägt – und übrigens eine ausgezeichnete Unterwäsche, William. Verzeih mir, aber als du schliefst, habe ich dich betrachtet … Du machst dich also im Winter mit einem Schiff auf den Weg. Es ist ein Winter, wie es noch niemals einen gegeben hat, und da bist du in einen Sturm geraten, über Bord gefallen und wurdest hier angespült. Da haben wir doch schon eine ganze Menge zusammen, finde ich … jedenfalls für den Anfang.“
    Selbst Myrddin gefiel die spielerische Art, mit der Tralee die Spurensuche aufgenommen hatte. Dann wurde sie von Palluck unterbrochen.
    „Wo warst du denn im Krieg?“ fragte er.
    Myrddin war in vielen Kriegen gewesen, aber von welchem Krieg sprach Palluck? Und falls er etwas Falsches sagen würde, wären sie vielleicht in jenem Krieg auf gegnerischen Seiten gestanden.
    „Du und dein Krieg, Jerry. Als würde es heute noch jemanden auszeichnen, was er im Krieg getan hat“, sagte Tralee. „Es gibt eine ganze Reihe von Menschen, die überhaupt nicht im Krieg waren. Du tust immer so, als müßte jeder daran teilgenommen haben … Und wenn du dir die Haare von William ansiehst, scheint er ein religiöser Mensch zu sein. Die Familie willst du vergessen, aber brüstest dich immer wieder mit deinem Krieg …“
    Die Haare und der Bart verrieten ihn also, dachte Myrddin. Es wäre ihm nicht eingefallen, daß man in der Moderne eine andere Haartracht tragen würde.
    „Ich denke, William, daß du ein walisischer Jude sein könntest“, sagte Tralee. „Kann das sein? Kennst du Amerika? Kannst du dich vielleicht an die Vereinigten Staaten erinnern? Und trägst du die Haare immer so offen, wie du es heute tust?“
    „Nein. Das kann ich nicht. Und ob ich meine Haare offen trage … Nun ja …“, antwortete er brav, um möglichst das heikle Thema des Krieges zu umgehen.
    „Was hast du denn so gemacht?“ fragte Palluck verdrossen, der wirklich sehr gerne über den II. Weltkrieg gesprochen hätte. Vielleicht war William damals auch ein Kamerad von ihm gewesen, dem er persönlich während des Krieges nicht begegnet war.
    „Wie meinst du das?“ fragte Myrddin unsicher.
    „Du mußt gearbeitet haben, William. Wie hast du dein Geld verdient?“
    „Ich weiß es einfach nicht …“, meinte er, da er Palluck und Tralee wohl nur sehr schwer erzählen könnte, daß er als Seher durch halb Europa gereist war, um Könige zu bedienen, die für ihn manchmal weniger Wert hatten als der Becher, aus dem er sein Wasser trank – Könige, an die sich heute schon kaum jemand erinnern würde.
    „Das ist alles sehr interessant. Du kommst aus der Kälte, William. Das scheint für mich ganz klar zu sein. Du trägst teure Kleidung, denn ich möchte nicht wissen, was solch ein schöner Pelzblouson kostet. Ein Vermögen wahrscheinlich. Du bist auf dem Weg

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