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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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gegenseitig und fanden sich wieder bei Hörn ein, als sähen sie in ihm einen väterlichen Freund und – da er der Vertraute Merlins war – einen Weisen und Auserlesenen unter allen Tieren.
    Melchor, Samael und Akita waren bei Merlin geblieben. Samael lag stumm auf dem Felsplateau vor der Höhle. Melchor und Akita waren bei dem Zauberer. Akita hörte neugierig zu und hatte ihre Lektion in der vorhergehenden Nacht verstanden, als sie begeistert ihren unangemessenen Kommentar abgegeben hatte, obwohl es von ihr nur gutgemeint gewesen war. Aber als Wolf offenbarte man eben keine persönlichen Haltungen – schon gar nicht, wenn Melchor gesprochen hatte … und dazu noch mit Merlin, dem Zauberer. So schwieg sie, obwohl es ihr aufgrund ihrer Jugend und ihres Temperaments sehr schwerfiel.
    Melchor wiederholte, daß es allen eine Ehre wäre, dürften sie Merlin auf seiner Reise begleiten und sich für seine Sicherheit einsetzen. Es klang nicht nach Pflicht oder Schuldigkeit ihm gegenüber. Es lag nichts von Notwendigkeit oder übersteigerter Sorge in seiner Stimme. Und er vermied den Anschein, als glaube er, Merlin wäre auf sie, die Grauwölfe und ihr Geleit, angewiesen. Melchor war nicht so vermessen zu glauben, Merlin könnte seine Wege und Aufgaben nicht allein finden und meistern. Es war vielmehr die Bitte eines Freundes und die Bereitschaft eines ehrfurchtsvollen Wolfes, seinem eigenen Leben gerecht zu werden, indem er seinem Freund bedingungslos zur Seite stehen wollte.
    Merlin verstand es richtig, und es schmeichelte ihm.
    „Gut, Melchor, falls du es möchtest, begleite mich auf meinem Weg. Du bist ein einzigartiger Freund. Möge dein Rudel alle Winter überdauern.“
    Als Akita die Worte Merlins hörte, sprang sie vor Freude auf, lief zu Samael, brachte ihm die Neuigkeiten, die ihn aber weniger zu berühren schienen, und lief dann in die Höhle zurück, um jemanden zu finden, mit dem sie ihre überschäumende Begeisterung teilen konnte. Doch niemand war sie da. Sie sprang wieder zu Samael und stieß heulend einen langen Freudenlaut in das Morgenrot.
    „Was auf mich zukommen wird, weiß ich noch nicht. Ich kenne nur den Weg und nicht meine Aufgabe. Solange ich es also dir gegenüber verantworten kann, bist du mir sehr willkommen.“ Merlins lange Haare schimmerten in dem einfallenden Licht der Zirren am Himmel. Er saß auf dem Boden, in eine wertvolle Brokatdecke gehüllt, die mit Zeichen einer alten Mythologie bestickt war. Seinen Eschenstab hatte er zu seiner Rechten auf den Boden gelegt. Melchor lag mit gerecktem Kopf vor ihm. „Es wird eine lange Wanderung, Melchor und ich fragen uns, ob du nicht von deinem Rudel gebraucht wirst … gerade in diesem Winter.“
    „Wenn du, o Merlin, nach Britannien gehen mußt, so werde ich dich mindestens bis an die Spitze Südskandinaviens begleiten, falls du es gestattest. Du hast recht: Ich werde gebraucht … und alt bin ich auch, schwächer als du, o Merlin. Doch dort soll ein jeder von uns entscheiden, was er weiterhin zu tun gedenkt … mit deinem Einverständnis.“
    „Wunderbar! Also widerfährt auch mir das Glück einer schönen Zeit. Ich freue mich auf deine Begleitung und bin stolz auf dein Angebot. Wer kann schon von sich behaupten, je in einer solch edlen Gesellschaft gereist zu sein?!“
    „Dein Glück, o Merlin, teilen wir“, erwiderte Melchor.
    „Gut so. Lasse mich ein Kartenwerk holen, denn ich habe die Küstenlinie Norwegens schon ein wenig vergessen und kenne auch nicht den Weg durch das Gebirge“, sagte Merlin, stand auf und suchte in seinen langen Regalen nach einem Buch, das ein in dickes Schweinsleder eingebundener Atlas sein sollte. Mit flinken Fingern ging er die Einbände durch, murmelte Titel und Autoren vor sich hin, die er mit seinen Blicken überflog. Da standen Bücher der allgemeinen Botanik aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Große Pflanzenregister waren alphabetisch geordnet. Bücher der frühen Physik und Alchemie standen zwischen Bänden der Astronomie und Astrologie. Einzigartige Exemplare hatte er in die Regale einsortiert – teils in fremden Sprachen, die den Strudel der Jahrhunderte nicht überlebt hatten. Merlin arbeitete sich weiter durch die Titel, fand astrologische Schriften der Mamelucken, die dort standen – handschriftliche Aufzeichnungen als Schätze gesammelten Wissens –, und viel mehr ruhte in diesen Regalen.
    Melchor, der des Lesens der Schriften nicht mächtig war, jedoch jedem beim Vorlesen gerne zuhörte, fragte

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