Myriams letzte Chance
Zwischenzeit ein bisschen Ordnung schaffst, Myriam?â
âKlar.â Jetzt nur nicht widersprechen, sonst legten sie sich niemals hin.
In Wirklichkeit dachte Myriam nicht daran, die Küche aufzuräumen. Morgen kam die Putzfrau, da spielten zwei schmutzige Kaffeetassen mehr oder weniger keine Rolle.
Sie musste zur Ranch. Es war bereits Mittwoch und morgen sollte April das Lösegeld übergeben. Wenn sie den Fall aufklären und Charlie retten wollten, mussten sie sich beeilen.
Merle ist aus dem Schneider, sie kann es unmöglich gewesen sein, dachte Myriam, während sie auf ihr Fahrrad stieg. Blieb eigentlich nur noch Ella. Ob Myriam den anderen sagen sollte, dass sie Ella als Kidnapperin in Betracht zog? Aber dann musste sie ihnen auch von Aprils Knutscherei mit Tom erzählen.
Am Eingang zur Ranch traf sie Sue, die gerade von einem Ausritt mit Dakota zurückkam. Heinrich stürmte schwanzwedelnd neben ihr her, hinter ihnen hechelte Washington um die Ecke. Der Schwanz des Neufundländers schleifte fast am Boden, als er auf Myriam zuschlich. Wie er diese Ausritte hasste! Aber weil Sue fand, dass er zu dick wurde, schleppte sie ihn immer mit, wenn sie eines der Pferde bewegte.
âHi!â, rief Myriam. âGibtâs was Neues von unserem Entführer?â
âSchschsch, nicht so laut!â Sue schaute nervös zum Haus der Fischers, wo glücklicherweise niemand zu sehen war. âMüssen doch nicht alle von der Sache wissen. Der Entführer hat sich nicht wieder gemeldetâ, berichtete sie dann mit gesenkter Stimme. âDafür hat April aber gestern noch mal mit ihrem Dad telefoniert. Er weigert sich, das Lösegeld zu zahlen.â
âWas? Das ist ja eine Katastrophe!â
âEr sagt, Charlie sei nie und nimmer zwanzigtausend Euro wert.â
âDas sieht April aber anders.â
âNatürlich. Sie hat die halbe Nacht geheult.â Sue sprang aus dem Sattel und führte Dakota an den Zügeln auf den Hof. âAber zwanzigtausend Euro sind eine Menge Geld und wer garantiert uns, dass der Kidnapper Charlie danach wirklich zurückbringt?â
âWenn er nicht zahlen will, was schlägt er denn stattdessen vor? Oder ist es ihm vollkommen egal, was aus Charlie wird?â
âEr will, dass wir zur Polizei gehen. Und das werde ich heute Nachmittag auch tun. April muss endlich Vernunft annehmen. Iâve had enough .â Sie befestigte Dakotas Halfter an der Stange vor dem Stall und verschwand in Richtung Sattelkammer, um das Putzzeug zu holen. Myriam bückte sich und streichelte Washington, der sich direkt vor ihren FüÃen erleichtert auf den Boden plumpsen lieÃ.
âHiâ, hörte sie jemanden sagen. âIch hoffe, ich störe nicht.â
Myriam hob den Kopf, aber dann erkannte sie Tom und fuhr hoch.
Tom. Von einer Sekunde auf die andere waren ihr das Lösegeld, der Entführer und Charlies Schicksal vollkommen egal. Auch Washington, der sich erwartungsvoll vom Bauch auf den Rücken drehte, interessierte sie nicht mehr. Sie sah nur noch Tom. Beruhige dich wieder, sagte ihr Verstand. Er ist nur wegen April hier.
Die Stimme der Vernunft dämpfte ihre Freude, aber nicht ihre Nervosität.
âKein bisschenâ, sagte sie.
Tom strahlte sie an. Meine Güte, er hatte ein Lächeln wie aus der Zahnpastawerbung.
âHi, Tom!â Sue kam mit dem Putzkorb aus der Sattelkammer. âWas gibtâs?â
âNichts Besonderes. Ich schau nur so vorbei ⦠Also, der Workshop am Wochenende hat mir echt Spaà gemacht. Und ich wollt mich mal erkundigen, wie teuer hier die Reitstunden sind.â
âIch kann dir im Büro eine Preisliste geben.â
âOkay.â
âAber falls du gerade knapp bei Kasse bist â ich hätte da ein spezielles Angebot für dich.â
âEcht? Was denn?â
âIch suche dringend jemanden, der mir mit den Pferden hilft. Die Mädchen packen zwar überall mit an, aber es reicht nicht. Ohne Unterstützung schaffen Stefan und ich das alles nicht mehr.â
âGenial!â, sagte Tom. âIch brauche ohnehin gerade einen Nebenjob. Wenn ich hier arbeiten und reiten könnte, das wär gigantisch.â
â Thatâs great . Mir wächst im Moment alles über den Kopf. Zurzeit hab ich keinen Trainer und muss alle Reitstunden selbst geben â¦â
âIch hab übrigens einen
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