Myriams letzte Chance
bistâ, sagte Herr Frey kopfschüttelnd. âIch sag schon lange, dass diese Ranch nicht die richtige Umgebung für dich ist, Myriam. Und das hat sich aufs Schlimmste bestätigt. Jetzt ist ein für alle Mal Schluss mit der Reiterei, das kann ich dir sagen.â
âWie bitte?â, rief Myriam empört. âWas hat die Sunshine Ranch denn mit dieser Sache zu tun?â
âWoanders wäre so etwas nicht passiertâ, behauptete Herr Frey.
âNa, die Kingsize Ranch, die Sie vor kurzem noch so toll fanden, war nicht sehr viel besserâ, bemerkte Sue trocken.
Myriams Vater blickte sie wütend an. âNun hören Sie mir mal gut zu, Frau Mirador â¦â
âVielleicht hören Sie mir zuerst mal zu, Herr Frey!â, unterbrach ihn Sue. âWissen Sie was? Sie erinnern mich verdammt an meinen Dad. Der wollte auch immer, dass meine Schwester und ich die Besten sind. In der Schule, auf dem College, beim Sport und beim Reiten natürlich auch. Meine Schwester ist daran zerbrochen. Und April muss es ausbaden â Sallys Unzufriedenheit, ihren Frust darüber, dass sie niemals berühmt und erfolgreich geworden ist. Kein Wunder, dass April so schlimm geworden ist. Und ich? Ich hab das Spiel von meinem Vater zuerst mitgespielt, genau wie Myriam Ihr Spiel mitspielt. Ich bin nach Hollywood und wurde ein Star, wie er es von mir erwartet hat. Aber eigentlich war ich total unglücklich. Wahrscheinlich hätte ich auch irgendwann angefangen zu saufen oder Tabletten zu nehmen, um den Druck aushalten zu können. Stattdessen bin ich ausgebrochen. Ich bin nach Deutschland ausgewandert und hab mir mit der Sunshine Ranch einen Traum erfüllt. Seitdem hat mein Dad nie mehr ein Wort mit mir gesprochen. Vor einem Jahr ist er gestorben, ohne dass wir uns miteinander versöhnt hätten.â
âUnd was soll mir das sagen?â, fragte Herr Frey ärgerlich.
âSie haben es in der Handâ, sagte Sue ruhig. âWollen Sie, dass Myriam einsam, unglücklich und verbissen wird? Oder dass sie den Kontakt zu Ihnen abbricht? Dann machen Sie nur so weiter.â
Myriams Vater öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, aber seine Frau war schneller. âNein, das wollen wir nichtâ, sagte sie. âUnd mit diesem ständigen Druck ist jetzt Schluss. Ich hab in letzter Zeit viel zu oft weggesehen. Weil ich nicht wahrhaben wollte, wie traurig und verstört Myriam wirklich war. Aber die letzte Nacht hat mir die Augen geöffnet. Ich hatte solche Angst um meine Tochter. Ich will dich nicht verlieren, Myriam.â
âIch doch auch nicht!â, meinte ihr Mann empört.
âUnd deshalb wird sich einiges ändern in unserer Familieâ, erklärte Frau Frey.
Sue lächelte. Dann erhob sie sich. âSo, ich muss auf die Wache. Ich habe April lange genug allein gelassen.â Sie sah Tom an. âSoll ich dich nach Hause fahren?â
âNee, lass nur. Ich nehm den Busâ, winkte er ab. âAber ich muss jetzt auch los.â
Myriam brachte die beiden zur Tür.
âUnd?â, fragte Tom, nachdem Sue weg war. âWas hast du heute noch vor?â
Myriam gähnte. âSchlafen. Und morgen auch.â
âUnd dann? Sollen wir uns vielleicht mal treffen?â
âKlarâ, sagte Myriam und lächelte. âGerne.â
âIch war ein Riesenidiotâ, bemerkte Tom zusammenhanglos.
âWarum?â, fragte Myriam erstaunt.
âWeil ich April geküsst habe. Dabei wollte ich die ganze Zeit nur dich.â
Myriam grinste. âAufgeschoben ist nicht aufgehobenâ, meinte sie.
Und dann küsste sie ihn.
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