Myron Bolitar 03 - Der Insider
interpretierte Myron das als gutes Zeichen. Die meisten Menschen hätten die Mitteilung, dass ein Klient der Mafia Geld schuldete, mit Überraschung aufgenommen. »Sie wissen, dass er spielt, oder, Marty?«
Felder sprach langsam, als müsse er jedes Wort einzeln mit der Hand abwägen. »Sie sind noch neu im Geschäft, Myron. Das bringt einen gewissen Enthusiasmus mit sich, der nicht immer angebracht ist. Ich bin Greg Downings Sportagent. Damit ist eine gewisse Verantwortung verbunden. Es gibt mir aber nicht die Befugnis, mich in sein Privatleben einzumischen. Was er oder ein anderer Klient in seiner Freizeit macht, geht mich nichts an und darf mich nichts angehen. Zu unserer aller Schutz. Jeder Klient ist uns wichtig, aber wir sind kein Elternersatz und keine Lebensmanager. Es ist wichtig, das früh zu begreifen.«
Kurz gesagt: Er wusste von den Spielschulden.
Myron fragte: »Warum hat Greg vor zehn Tagen fünfzigtausend Dollar abgehoben?«
Wieder ließ sich Felder nichts anmerken. Entweder war er nicht überrascht, dass Myron davon wusste, oder er verfügte über die Fähigkeit, die Verbindung zwischen seinem Gehirn und seiner Gesichtsmuskulatur zu kappen. »Sie wissen, dass ich darüber nicht mit Ihnen sprechen kann - ich kann nicht einmal bestätigen, dass eine solche Abhebung gemacht wutde.« Er schlug sich wieder auf die Oberschenkel und setzte ein Lächeln auf. »Tun Sie uns beiden einen Gefallen, Myron. Denken Sie über mein Angebot nach, und vergessen Sie die andere Geschichte. Greg taucht bald wieder auf. Macht er immer.«
»Da bin ich mir nicht so sicher«, sagte Myron. »Diesmal steckt er in ernsten Schwierigkeiten.«
»Wenn Sie seine angeblichen Spielschulden meinen ...«
Myron schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Was denn dann?«
Bisher hatte er Myron nichts verraten. Das Eingeständnis, dass er von Gregs Spielschulden wusste, war nichts wert. Er hatte gemerkt, dass Marty Bescheid wusste. Es zu bestreiten hätte ihn entweder inkompetent erscheinen lassen, weil er nichts davon wusste, oder unehrlich, wenn er alles leugnete. Marty Felder war gerissen. Solche Fehler würde er sich nicht leisten. Myron versuchte es auf einem anderen Weg. »Warum haben Sie Gregs Frau filmen lassen?«
Er blinzelte. »Wie bitte?«
»ProTec. So heißt die Agentur, die Sie beauftragt haben. Die haben eine Videoüberwachung im Glenpointe Hotel installiert. Ich wusste gern, warum.«
Felder schien beinahe amüsiert zu sein. »Helfen Sie mir weiter, Myron. Erst sagen Sie, dass mein Klient in ernsthaften Schwierigkeiten steckt. Sie behaupten, dass Sie ihm helfen wollen. Dann beschuldigen Sie mich, seine Frau heimlich gefilmt zu haben. Ich kann Ihnen nicht ganz folgen.«
»Ich will Ihrem Klienten nur helfen.«
»Das Beste, was Sie für Greg tun können, wäre, mir einfach alles zu erzählen, was Sie wissen. Ich bin sein Anwalt, Myron. Ich bin wirklich daran interessiert, das zu tun, was am besten für ihn ist - nicht das, was am besten für die Dragons, für Clip oder für sonst wen sein könnte. Sie sagen, er steckt in Schwierigkeiten. Erklären Sie mir, in welchen.«
Myron schüttelte den Kopf. »Zuerst erklären Sie mir das mit dem Video.«
»Nein.«
Da sieht man es mal wieder. Wie ausgefeilte Verhandlungstechniken auf ihre Grundlagen reduziert werden. Bald würden sie sich die Zunge rausstrecken, aber noch machten beide ein freundliches Gesicht. Sie spielten das Geduldsspiel. Wer würde als Erster klein beigeben? Myron ging die Lage in Gedanken durch. Die goldene Regel der Verhandlungskunst: Nie aus den Augen verlieren, was man selbst will und was der Kontrahent will. Okay. Was hatte Felder, was Myron wollte? Informationen über die fünfzigtausend Dollar, das Video und vielleicht noch ein paar andere Dinge. Was hatte Myron, was Felder wollte? Nicht viel. Myron hatte ihn neugierig gemacht, als er die ernsten Probleme erwähnte. Vielleicht wusste Felder schon, welche Probleme Greg hatte, wollte aber trotzdem erfahren, was Myron darüber wusste. Abschließende Analyse: Myron brauchte die Informationen dringender. Er musste etwas unternehmen. Es war Zeit, den Einsatz zu erhöhen. Und nicht mehr um den heißen Brei herumzureden.
»Ich muss Ihnen diese Fragen nicht stellen«, sagte Myron.
»Was meinen Sie?«
»Ich könnte sie durch einen Ermittler der Mordkommission stellen lassen.« Felder bewegte sich nur unmerklich, aber seine Pupillen weiteten sich. »Was?«
»Ein Ermittler der Mordkommission ist so dicht davor
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