Myron Bolitar 03 - Der Insider
mir sagen, warum es so wichtig für ihn war, aber er konnte es nicht in Worte fassen. Das war auch egal. Ich wusste es. Mir hat es gereicht, dass er da war.«
»Und wie lange, nachdem du mit seiner neuen Braut geschlafen hattest, hast du dich verletzt?«
»Ungefähr einen Monat danach.«
»Hat es geholfen oder war es schmerzhaft, ihn die ganze Zeit zu sehen?«
»Ja.«
Sie sagte nichts.
»Verstehst du das jetzt?«, fragte er. »Siehst du, warum ich dem nachgehen muss? Wahrscheinlich hast du recht. Als ich mit Emily geschlafen habe, war das wahrscheinlich nur eine Art Rache dafür, dass Greg vor mir gedraftet worden ist. Nur eine weitere alberne Auseinandersetzung. Aber ist das eine Att, eine Ehe zu beginnen? Ich bin Greg Downing was schuldig. So einfach ist das.«
»Nein«, sagte sie. »Einfach ist daran gar nichts.«
»Warum nicht?«
»Weil viel zu viel aus deiner Vergangenheit wieder hochkommt. Erst Jessica ...«
»Fang nicht damit an.«
»Tu ich nicht«, sagte sie ruhig. Ihre Stimme war ruhig wie selten, wenn sie auf Jessica zu sprechen kam. »Ich will nur etwas festhalten. Jessica hat dich fertiggemacht, als sie dich verlassen hat. Du bist nie darüber weggekommen.«
»Aber jetzt ist sie wieder da.«
»Ja.«
»Also, worauf willst du raus?«
»Basketball hat dich auch fertiggemacht, als es damit vorbei war. Und auch darüber bist du nie weggekommen.«
»Klar bin ich das.«
Sie schüttelte den Kopf. »Erst hast du drei Jahre lang alles versucht, um dein Knie wieder in Ordnung zu bringen.«
. »Ich wollte einfach gesund werden«, unterbrach er sie. »Das kann ja wohl so verkehrt nicht sein, oder?«
»Nein. Aber du warst ein Arsch. Du hast Jessica beiseitegeschoben. Ich werde ihr das nicht verzeihen, was sie dir angetan hat. Das hattest du nicht verdient. Aber du hast durchaus deinen Teil dazu beigetragen, dass sie dich verlassen hat.«
»Warum musst du jetzt davon anfangen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Du hast davon angefangen. Du hast deine ganze Vergangenheit aufs Tapet gebracht. Erst Jes- sica und jetzt Basketball. Und wir sollen jetzt zugucken, wie du das alles noch mal durchmachst, aber das werden wir nicht tun.«
»Was durchmachst?«
Aber sie antwortete nicht. Stattdessen fragte sie: »Willst du wissen, warum ich gestern Abend nicht zum Spiel gekommen bin?«
Er nickte und sah sie dabei immer noch nicht an. Seine Wangen waren heiß.
»Weil bei Jessica immerhin die Möglichkeit besteht, dass du nicht noch mal verletzt wirst. Vielleicht hat sie ja wirklich was gelernt. Beim Basketball besteht diese Möglichkeit nicht. Dein Comeback ist zum Scheitern verurteilt.«
»Damit komm ich schon klar«, sagte er. Jetzt musste er sich das schon wieder anhören.
Sie sagte nichts.
Myron starrte ins Leere. Fast hätte er das Klingeln des Telefons überhört. Sie machten beide keine Anstalten ranzugehen. »Also findest du, dass ich die Finger von der Sache lassen soll?«, fragte er.
»Ja. Ich bin Emilys Meinung. Sie hat Greg betrogen. Du warst bloß das passende Werkzeug. Wenn das, was damals passiert ist, ihre Beziehung in irgendeiner Weise vergiftet hat, dann liegt das an ihr. Es war ihre Entscheidung. Du bist Greg Downing gar nichts schuldig.«
»Selbst wenn du recht haben solltest«, sagte er, »besteht da immer noch dieses Band zwischen uns.«
»Bullshit«, sagte Esperanza. »Das ist doch bloß kleinkarierter Machoscheiß. Damit beweist du nur, dass ich recht habe. Es gibt kein Band mehr, wenn es überhaupt je eins gegeben hat. Basketball war seit über zehn Jahren nicht mehr Teil deines Lebens. Jetzt spielst du wieder, und nur deshalb glaubst du auch, dass da noch ein Band besteht.«
Jemand hämmerte an die Tür. Der Rahmen wackelte und hätte fast nachgegeben. Myron erschrak.
»Wer hält am Telefon die Stellung?«, fragte er.
Esperanza lächelte.
»Oh nein.«
»Komm rein«, sagte Esperanza.
Die Tür öffnete sich. Myrons Füße rutschten vom Schreibtisch. Obwohl er sie schon häufig gesehen hatte, klappte ihm noch jedes Mal der Unterkiefer runter. Big Cyndi trat ins Zimmer. Sie war eine gewaltige Erscheinung. Fast zwei Meter groß und hundertfünfzig Kilo schwer. Cyndi trug ein weißes T-Shirt, dessen Ärmel am Bizeps abgeschnitten waren. Ihre Arme hätten Hulk Hogan vor Neid erblassen lassen. Sie war noch greller geschminkt als zu den Zeiten, als sie noch gekämpft hatte. Sie trug eine lilafarbene Stachelfrisur; ihre Wimperntusche war ebenfalls lila, allerdings etwas dunkler als
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