Myron Bolitar 03 - Der Insider
verheddert. Sie strich sich eine Strähne aus der Stirn. »Also, was war los in dem Haus?«
Er erzählte ihr von der entfernten Blutlache und dem Baseballschläger. Normalerweise erledigte Esperanza beim Zuhören noch andere Dinge. Jetzt nicht. Sie starrte ihm direkt in die Augen. Wenn sie einen so ansah, lag eine solche Intensität in ihrem Blick, dass er ihm oft nicht standhalten konnte.
»So ganz begreif ich das nicht«, sagte sie. »Als du vorgestern mit Win da gewesen bist, habt ihr das Blut im Keller doch gesehen.«
»Stimmt.«
»Also muss in der Zwischenzeit jemand sauber gemacht haben - aber die Mordwaffe haben sie liegen lassen?«
»Sieht so aus.«
Esperanza überlegte kurz. »Könnte es einfach eine Putzfrau gewesen sein?«
»Das hat die Polizei schon überprüft. Die war seit drei Wochen nicht mehr da.«
»Fällt dir was dazu ein?«
Er nickte. »Irgendjemand versucht, Greg was anzuhängen. Das ist die einzig logische Erklärung.«
Sie zog skeptisch eine Augenbraue hoch. »Indem man erst Blut reinschleppt und es dann wieder aufwischt?«
»Nein, wir müssen noch mal ganz von vorne anfangen.« Er setzte sich ihr gegenüber auf einen Stuhl. Er hatte auf der Rückfahrt intensiv darüber nachgedacht und wollte jetzt mit jemandem über seine Gedanken sprechen. In der Ecke ließ das Faxgerät seinen digitalen Paarungsrufertönen. Myron wartete, bis es wieder ruhig war. »Okay«, sagte er dann. »Vermutlich wusste der Mörder, dass Greg sich in der Nacht mit Liz Gorman getroffen hat - vielleicht ist er ihnen gefolgt, oder er hat beim Appartement auf sie gewartet. Egal, jedenfalls wusste er über das Treffen Bescheid.«
Esperanza nickte und stand auf. Sie ging zum Faxgerät und sah sich die neue Nachricht an.
»Nachdem Greg gegangen war, hat der Mörder Liz Gorman umgebracht. Ihm war klar, dass Downing einen guten Sündenbock abgibt, also hat er etwas Blut vom Tatort genommen und es in Gregs Haus gebracht. Er wollte den Verdacht auf Greg lenken. Um sicherzugehen hat er dann auch noch die Tatwaffe mitgenommen und hinter dem Trockner versteckt.«
»Aber du hast doch gerade gesagt, dass jemand da sauber gemacht hat«, warf sie ein.
»Richtig. Und jetzt wird's ein bisschen knifflig. Stell dir vor, ich würde Greg Downing beschützen wollen. Als ich in sein Haus komme, entdecke ich das Blut. Was würde ich wohl tun, wenn ich Greg vor einer Mordanklage schützen will?«
Sie blinzelte auf das ankommende Fax. »Das Blut wegwischen.«
»Genau.«
»Super, krieg ich jetzt ein goldenes Sternchen?«
»Immer mit der Ruhe. Wenn ich Greg schützen will, würde ich die Blutlache beseitigen. Aber - und jetzt wird's interessant - wenn das mein erster Besuch da im Haus wäre, würde ich den Baseballschläger nicht entdecken. Und das ist keine trockene Theorie. Genau so ist es gewesen. Win und ich haben nur das Blut im Keller gesehen. Den Baseballschläger haben wir nicht gefunden.«
»Warte mal«, sagte sie. »Du meinst also, dass jemand das Blut beseitigt hat, um Greg vor einer Mordanklage zu schützen, dabei aber nichts von dem Baseballschläger gewusst hat?«
»Ja.«
»Und wer soll das gewesen sein?«
»Keine Ahnung.«
Esperanza schüttelte den Kopf. Sie kehrte an ihren Schreibtisch zurück und tippte etwas in ihren Computer. »Das passt nicht.«
»Wieso nicht?«
»Stell dir vor, ich wäre total verschossen in Greg Downing«, sagte sie und ging wieder zum Faxgerät. »Ich bin in seinem Haus. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund treibe ich mich im Spielzimmer seiner Kinder herum. Das ist aber auch gar nicht so wichtig. Ich könnte auch in meiner eigenen Wohnung sein. Oder bei dir zu Besuch. Ich könnte überall sein.«
»Okay.«
»Ich seh Blut auf dem Boden oder an der Wand oder sonst wo.« Sie verstummte und sah ihn an. »Welche Schlussfolgerung würde ich wohl ziehen?«
Myron schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst.«
Esperanza überlegte einen Augenblick lang. »Nehmen wir mal an, du würdest jetzt abhauen«, fing sie an, »und in das Loft vom Biest zurückkehren.«
»Nenn sie nicht so.«
»Egal. Nimm an, du gehst da rein und findest Blut an den Wänden. Was wäre dein erster Gedanke?«
Myron nickte langsam. Jetzt verstand er, worauf sie hinauswollte. »Ich würde mir Sorgen um Jessica machen.«
»Und danach? Nachdem du festgestellt hast, dass es ihr gut geht?«
»Ich denke, ich wäre neugierig. Würde wissen wollen, wessen Blut das ist? Wie es da hingekommen ist? So
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