MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition)
der Willkür der Besatzer in Sicherheit bringen musste. So unterschiedlich die Männer auch sein mochten, eines war ihnen allen gemein: Rhogarrs Schergen hatten ihnen übel mitgespielt und sie so lange schikaniert und tyrannisiert, bis sie die ungerechte Behandlung nicht mehr ertragen konnten und sich dagegen zur Wehr setzten. Wodurch sie ihre Lage allerdings nur noch verschlimmerten: Sie wurden von Haus und Hof verjagt und verloren ihren gesamten Besitz. Ihre Familien und engsten Angehörigen wurden in den Kerker gesteckt, wenn nicht sogar ermordet.
»Versteht ihr nun, warum wir uns hier zusammengetan haben?«, fragte Kieran die Gäste, die den Berichten der Männer mit wachsendem Entsetzen zugehört hatten. »Wir haben nichts mehr zu verlieren - und daher beschlossen, diesen Eindringlingen das Leben so schwer wie möglich zu machen.«
»Aber...« Niko machte ein ernstes Gesicht. »Ist das nicht gefährlich?«
»Natürlich, Niko«, erwiderte Kieran. »Das ist sogar lebensgefährlich. Aber mehr als den Tod können wir dabei nicht finden. Und ein Leben in Feigheit und Knechtschaft halte ich allemal für schlimmer als den Tod.« Damit blickte er die Männer an, auf deren Gesichtern sich die zuckenden Flammen des Lagerfeuers spiegelten. »Habe ich nicht recht?«
Die Rebellen ließen zustimmende Rufe erschallen.
»Eines verspreche ich euch, meine Freunde!«, sprach Huggin mit grimmiger Miene in die Runde. »Wenn ich eines Tages tatsächlich meine letzte Reise antreten muss, werde ich mindestens ein Dutzend dieser marschmärkischen Schergen mitnehmen, wenn nicht sogar zwei. Und ich halte jede Wette...«, sein breites Grinsen entblößte die große Zahnlücke in seinem Oberkiefer, »... dass sie sich als meine Reisebegleiter nicht gerade wohlfühlen werden!«
Das fröhliche Gelächter der Männer ließ Huggin über beide Backen strahlen.
»Da können wir ja von Glück reden«, warf Graubart scheinbar beiläufig ein, »dass ein so erfahrener und mit allen Wassern gewaschener Halsabschneider wie du sich auf unsere Seite geschlagen hat und nicht mit unseren Feinden paktiert. Sonst würden wir alle schon längst in den Regionen jenseits des Windes weilen.«
Erneut erklang Gelächter in der Runde. Auf Ayanis Gesicht aber legte sich ein dunkler Schatten, was außer Niko niemand bemerkte.
Rasch tastete er nach der Hand des Mädchens. Wortlos und ohne ihn anzusehen, erwiderte Ayani seinen sanften Händedruck.
Als Graubart Ayani nun anblickte, hatte sie ihre Gefühle wieder im Griff. »Du kannst mir glauben, meine Tochter...« Er brach ab und sah sie mit gerunzelter Stirn an. »Du hast hoffentlich nichts dagegen, dass ich dich so nenne?«
»Aber nein, natürlich nicht!«
»Danke«, erwiderte er mit breitem Grinsen. »Da kann man wieder mal sehen, wie schnell man zu einer Tochter kommt! Also - du kannst mir glauben, meine Tochter: Huggin lag noch an der Brust seiner Amme, als er ihr zum ersten Mal den Beutel mit dem Geld aus dem Kleid gezogen hat!«
»Genauso war’s!«, fiel Magnus Halmar ein. »Schon als Junge war Huggin ein allseits gefürchteter Dieb, der es mit Vorliebe auf Enten und fettere Gänseriche abgesehen hatte. Aber auch Würste und Schinken hat er natürlich nicht verschmäht.«
»Ja, ja, spottet nur«, brummte Huggin in das fröhliche Gelächter hinein. »Meine Eltern hatten viele Mäuler zu stopfen und waren deshalb sehr froh, dass ich sie ein wenig unterstützt habe.«
In diesem Moment bemerkte Niko, dass Kieran den Ring an seiner Hand anstarrte.
»Bei den Unsichtbaren!«, hauchte der Rebellenführer.
»Was ist los?«
»Dieser Ring.« Kieran deutete auf das Schmuckstück. »Wo hast du den her?«
KAPITEL 22
DIE HÖHLE DER SCHWARZMAGIERIN
A rawynn hatte keine Ahnung, wo er sich befand. Geraume Zeit nach Einbruch der Dunkelheit waren Rhogarr von Khelm und Herzog Dhrago in seinem Verlies aufgetaucht und hatten den Kerkerknechten befohlen, ihn in den Hof zu bringen und auf ein Pferd zu setzen. Dann hatten sie ihm ein Tuch über die Augen gebunden und waren losgeritten. Zunächst über Grasland, dann durch einen dichten Wald, bis der Weg schließlich über steinigen Boden bergaufführte. Ein leichter Hauch von Rauch und Schwefel lag in der Luft, als befänden sie sich in der Nähe eines feuerspeienden Berges.
Rhogarr und sein Begleiter hatten während des kaum zweistündigen Rittes nicht ein Wort gewechselt. Nun
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