MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition)
eisengespickte Knüppel - in dem Holzgestell an der anderen Wand ließen vermuten, dass sie Sâga als Verlies und Folterkammer zugleich diente.
Die Schwarzmagierin stellte sich neben ein großes Loch im Boden und winkte Arawynn zu sich heran. »Würdest du bitte herkommen und einen Blick hineinwerfen?«
Arawynn schwindelte, als er in den endlos tiefen Höllenschlund sah. Die heißen Dämpfe, die daraus emporstiegen, raubten ihm fast den Atem. Auf seinem Boden schien eine Suppe aus glühendem Gestein zu brodeln, aus der mächtige Flammenzungen aufloderten.
»Schau es dir gut an«, flüsterte Sâga ihm ins Ohr. »Noch niemand hat den Sturz ins glühende Gestein überlebt. Die Glut des Feuers hat noch jedes seiner Opfer verschlungen und augenblicklich verzehrt.«
»Da-da-das glaube ich gerne, Herrin«, antwortete Arawyn. »Allerdings verstehe ich nicht, was ich...?«
»Ach, natürlich«, unterbrach ihn Sâga lächelnd. »Wie dumm von mir, das nicht zu erwähnen.« Dann wurde sie wieder ernst und beugte sich vor, bis ihr Gesicht ganz dicht vor dem des Jungen war. »Hör gut zu, Arawynn«, sagte sie eindringlich. »Dein weiteres Schicksal liegt nun ganz alleine in deiner Hand. Die nächsten Minuten werden darüber entscheiden, ob du meine Höhle unversehrt verlässt...«
Arawynn kniff die Augen zusammen. »Oder?«
»... oder hier den Tod findest. Entweder in diesem feurigen Schlund hier - aber vielleicht auch durch meine ganz besonderen Lieblinge.« Damit wirbelte Sâga herum und deutete mit der rechten Krallenhand auf einen kastenförmigen Gegenstand, der, verhüllt von einem schwarzen Tuch, auf einem Tischchen an der gegenüberliegenden Höhlenwand ruhte. Auf ihr Fingerschnippen hin bewegte sich das Tuch und schwebte in die Höhe.
Darunter befand sich ein Metallkäfig mit einem guten Dutzend riesiger Nacktratten. Sobald sie Arawynn sahen, entblößten sie die messerscharfen Zähne und ließen ein gieriges Fauchen und Fiepen hören.
Arawynn zuckte unwillkürlich zurück.
Nach einer kaum wahrnehmbaren Bewegung stand die Schwarzmagierin neben dem Rattenkäfig und musterte die Tiere mit fast zärtlichem Blick. »Die Armen! Sie hungern schon seit Wochen und sind so gierig nach frischem Blut.« Damit packte Sâga eine Schöpfkelle, deren Griff aus dem Tongefäß neben dem Käfig ragte, und goss eine rote Flüssigkeit über die dicken Gitterstäbe - geronnenes Blut! Wie von Sinnen stürzten sich die Nacktratten auf die Gitter und hieben ihre scharfen Nagezähne in das Metall. »Ihre Gier ist unglaublich, nicht wahr?«, bemerkte Sâga, an Arawynn gewandt. »Ich fürchte, wenn ich dich ihnen überlasse, werden sie dich innerhalb kürzester Zeit bei lebendigem Leibe auffressen.«
Bereits im nächsten Augenblick stand sie wieder vor dem Jungen und musterte ihn mit scheinbar mitfühlendem Blick. »Eine höchst unangenehme Sache, könnte ich mir vorstellen. Aber...«, mit einem Ausdruck des Bedauerns hob sie die Hände, »... wer wollte den ausgehungerten Tierchen das verdenken?«
Zu seiner eigenen Verwunderung fühlte Arawynn sich mit einem Mal ganz ruhig. Es war, als ob er plötzlichen einen Punkt höchster Angst überschritten hatte. Er wusste längst, dass er sterben würde, und indem er bereit war, das zu akzeptieren, kam eine staunenswerte, unwirkliche Gelassenheit über ihn. Furchtlos blickte er die Schwarzmagierin an. »Was soll das Getue? Sagt endlich, was Ihr von mir wollt?«
Sâga verzog keine Miene. »Nichts Schlimmes, Arawynn, wirklich nicht«, entgegnete sie. »Du sollst mir nur eine kleine Frage beantworten. Überlege die Antwort jedoch gut! Wenn du mich nämlich belügst, wirst du auf der Stelle in den Tod gehen.« Vielsagend blickte sie zuerst in den Höllenschlund und dann auf die ausgehungerten Nacktratten, die sich noch immer voller Gier um die letzten Blutstropfen balgten. »Wenn du dagegen die Wahrheit sagst...«
»Werde ich ebenfalls sterben!«, fiel Arawynn ihr kühl ins Wort. »Meint Ihr, das wüsste ich nicht?«
Die Schwarzmagierin schien für einen Augenblick überrascht. Dann lächelte sie und strich ihm über die Wange. »Du vertraust mir wohl nicht, Arawynn? Schade, denn dazu habe ich dir nicht den geringsten Anlass gegeben. Ich versichere dir: Wenn du die Wahrheit sagst, wirst du meine Höhle bei bester Gesundheit verlassen. Und ich pflege meine Versprechen zu halten.«
Aus den Augenwinkeln beobachtete Arawynn, wie Rhogarr
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