MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition)
hielten sie die Pferde an und einer von ihnen ließ einen lauten Eulenruf erschallen - ein Signal vermutlich.
Keine Antwort.
Erneut ertönte der Ruf der Eule, der wieder nicht beantwortet wurde.
»Versteht Ihr das?« Arawynn erkannte Dhragos Stimme sofort. »Erst bestellt sie uns hierher und dann lässt sie sich nicht blicken. Dabei ist die Dämonenstunde noch längst nicht angebrochen.«
Wieder erklang der Eulenruf - und wurde nun endlich vom Schrei eines weiteren Nachtvogels beantwortet, der sich offensichtlich ein gutes Stück über ihnen befand.
»Wer sagt’s denn«, knurrte Rhogarr von Khelm zufrieden. »Auf Sâga ist Verlass, Dhrago. Sie steht zu ihrem Wort - und deshalb würde ich dir dringend raten, etwas vorsichtiger im Umgang mit ihr zu sein. Wenn du sie weiterhin gegen dich aufbringst, wird dir das übel bekommen.«
»Dieses Dämonenweib kann mich nicht leiden und reizt mich, wo immer es geht. Sie ist doch selbst schuld daran, dass ich hin und wieder aus der Haut fahre!«
Arawynn war, als würde Rhogarr leise kichern, bevor er erwiderte: »Nun, wenn Sâga etwas auf den Tod nicht ausstehen kann, dann ist das Verrat. Deshalb hast du schlechte Karten bei ihr.«
»Tatsächlich?« Der Zorn in Dhragos Stimme war nicht zu überhören. »Sie war es doch, die mich zum Verrat angestiftet hat! Ohne ihr Zureden hätte ich Nelwyn doch nie -«
»Genug!«, fiel Rhogarr ihm ins Wort. »Sâgas Handeln ist nicht immer leicht zu durchschauen, und ich fürchte, dass wir sie nie ganz verstehen werden. Aber jetzt sei still und mach voran!«
Die Männer stiegen ab und halfen Arawynn vom Pferd. Dann führten sie ihn ein kleines Stück bergauf und betraten den Zugang zu einer Höhle. Zumindest ließen der hallende Klang ihrer Schritte und die kalte Luft das vermuten. Als sie Arawynn endlich die Binde abnahmen, sah er, dass er sich nicht getäuscht hatte. Beklommen blickte er sich um.
Die Höhle wurde vom Licht einiger Fackeln und den Flammen eines großen Feuers nur spärlich erhellt. Über dem Feuer hing ein großer Eisenkessel, aus dem Dampf zu einem großen Loch in der Höhlendecke emporstieg. Riesige Vampirfledermäuse gaukelten durch das Zwielicht und eine große Schlange ringelte sich um einen der Stützbalken. Die Utensilien in den Regalen und Schränken ringsum waren viel zu seltsam, als dass Arawynn sie auf Anhieb hätte benennen können. Auf einem Tisch in der Nähe des Feuers aber erblickte der Junge einen silbernen Kessel und daneben lag ein altes Buch.
Mit einem Mal, als sein Blick weiterwanderte, stockte Arawynn der Atem, und die Haare in seinem Nacken richteten sich auf. Auf einem altarähnlichen Tischchen in einer kleinen Wandnische ruhte ein abgeschlagenes Männerhaupt!
»Keine Angst, Arawynn«, hörte er da die Stimme Sâgas, die urplötzlich und wie aus dem Nichts neben ihm stand und ihn freundlich anlächelte. »Davon hast du nichts zu befürchten. Das ist nur das Haupt des Weisen Mimir - eigentlich müsstest du von ihm gehört haben?«
»Natürlich«, antwortete Arawynn. »Das Haupt des Weisen hütet alle Weisheiten unserer Welt, weil Mimir aus dem Quell des Wissens getrunken hat. Allerdings...« Er brach ab und runzelte die Stirn.
»Ja?«
Arawynn sah die Schwarzmagierin verwundert an. »Maruna hat uns erzählt, dass Mimirs Haupt im Hain der Weisheit aufbewahrt wird, der sich im Reich der Unsichtbaren befindet.«
»Ganz recht.« Sâga lächelte zufrieden. »Aber das habe ich ein wenig geändert.« Sie sah ihn eindringlich an. »Es ist doch ungerecht, dass nur die Unsichtbaren an Mimirs grenzenlosem Wissen teilhaben dürfen - findest du nicht auch?«
»Äh«, stammelte Arawynn verwirrt, während sein Blick zwischen dem Haupt des Weisen und der Schwarzmagierin hin- und herwanderte.
Rhogarr von Khelm räusperte sich. »Ich will Euch nicht drängen«, sagte er. »Aber wir haben nicht ohne Grund die Mühen des nächtlichen Rittes auf uns genommen. Schließlich war es Euer Wunsch, dass wir den Jungen hierher bringen.«
»Aber, aber, Rhogarr«, erwiderte Sâga. »Wer wird denn so ungeduldig sein?« Dann wandte sie sich an Dhrago. »Nimm dem Jungen die Fesseln ab und folgt mir.«
Wenig später stand Arawynn in der angrenzenden Höhlenkammer, die etwas kleiner war als die Wohnhöhle. Die vergitterten Verschläge an der einen und die schrecklichen Marterwerkzeuge - scharfe Messer, spitze Zangen, gewaltige Beile und
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