MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition)
ein Sterbenswörtchen davon zu erzählen.«
»Aber inzwischen hast du herausgefunden, warum König Nelwyn in dieser Nacht zu euch gekommen ist?«, fragte Niko.
Kieran nickte. »Nicht nur in dieser Nacht, sondern immer wieder. Die seltsame Reaktion meines Vaters hat mich natürlich neugierig gemacht. Ich habe mich deshalb auch in den folgenden Nächten auf die Lauer gelegt - und siehe da: König Nelwyn ist regelmäßig heimlich in unser Haus gekommen und hat es auf gleichem Wege auch wieder verlassen.«
»Und was wollte er von euch?«, fragte Ayani.
»Von uns wollte er gar nichts - sondern vielmehr von der hübschen Valckenländerin im Seitenflügel.« Kieran grinste und hob wie zur Entschuldigung die Arme. »Wie gesagt - ich war damals erst zehn und konnte mir auf das seltsame Verhalten des Königs keinen Reim machen. Mittlerweile habe ich begriffen, dass das hübsche Mädchen seine Geliebte gewesen sein muss. Da Nelwyn mit Königin Nimhuld verehelicht war, konnte er die hübsche Blonde natürlich nur in aller Heimlichkeit besuchen. Angeblich war die Burg durch einen Geheimgang mit unserem Haus verbunden. Ein verborgener Fluchtweg, den ein früherer Herrscher für den Fall einer Belagerung angelegt hatte und der König Nelwyn nun bestens zupasskam, wie ihr euch vorstellen könnt.«
»Ja, klar«, bestätigte Niko. »Aber warum sagst du ›angeblich‹?«
»Weil ich nicht mit Sicherheit weiß, ob es diesen Geheimgang tatsächlich gab.«
»Dann frag doch deinen Vater«, entgegnete Ayani verwundert. »Der weiß das doch bestimmt!«
Kierans Gesicht verdüsterte sich. »Ich wüsste nicht, was ich lieber täte«, antwortete er leise. »Aber meinem Vater ist ähnlich Schreckliches widerfahren wie deiner Mutter heute Morgen - und meiner gesamten Familie noch dazu.«
Sâga blickte Arawynn lauernd an. »Ich warte, mein Junge! Wie lautet deine Antwort? Und wie ich schon gesagt habe: Überlege gu-!«
»Da gibt es nichts zu überlegen!«, entgegnete Arawynn barsch.
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, wo Sinkkâlion zu finden ist.«
»Wirklich nicht?«
»Wirklich nicht«, bekräftigte Arawynn. »Aber selbst wenn ich es wüsste, würde ich es Euch nicht sagen. Lieber gehe ich in den Tod, als diesen Unterdrückern unser größtes Geheimnis zu verraten!« Damit spuckte er vor Rhogarr und dem Herzog aus.
»Dein Wunsch soll dir gewährt werden, du Bastard!«, zischte Dhrago wütend und griff nach seinem Schwert.
Noch im gleichen Augenblick hing Sâga an seiner Kehle. »Wage es bloß nicht, du Narr! Sonst wird das Feuer des Höllenschlundes dich schneller verzehren als der Wind die Flamme einer Kerze!«
Hinter ihrem Rücken schüttelte Rhogarr heftig den Kopf, sodass Dhrago nur kleinlaut schwieg und sich rasch einige Schritte zurückzog.
Sâga trat wieder vor Arawynn hin. »Wie ich schon gesagt habe: Ich werde überprüfen, ob du die Wahrheit gesprochen hast. Und falls nicht, kann unser hitziger Freund hier...«, sie warf dem Herzog einen bohrenden Blick zu, »... vielleicht doch noch zu seinem Recht kommen!«
Obwohl Arawynn das Haupt des Weisen bereits gesehen hatte, lief ihm auch bei seinem neuerlichen Anblick ein eisiger Schauer über den Rücken.
Was Sâga nur zu einem spöttischen Lächeln veranlasste. Dann trat sie vor den Altar in der Höhlennische, fasste unter ihr Gewand und holte ein Schmuckstück daraus hervor: eine Kette mit einem goldenen Anhänger.
Arawynn wäre fast ein Schrei über die Lippen gesprungen: War das nicht die Kette, die Niko im Flüsternden Forst verloren hatte? Und die der schwarze Krieger mit der zerschmetterten Nase auf seiner eiligen Flucht mitgenommen hatte? »Wo - woher habt Ihr die?«, fragte er zögerlich.
»Ich wüsste nicht, was dich das angeht, mein Junge«, säuselte Sâga, beugte sich vor und legte die Kette um den abgeschlagenen Kopf des Weisen Mimir. Dann huschte sie zu einem der Regale und kam mit einem Lederbeutel wieder zurück, öffnete ihn und zeichnete mit dem darin befindlichen Pulver - Arawynn musste unwillkürlich an Asche oder Knochenmehl denken - drei unterschiedliche Symbole auf das Gesicht des Weisen: das Zeichen des unerschrockenen Mutes auf die linke Wange, das des grenzenlosen Vertrauens auf die rechte und auf die Stirn schließlich malte sie das Zeichen der Unsichtbaren.
»Ihr versündigt Euch!«, fuhr Arawynn sie an. »Nur den Unsichtbaren ist es gestattet,
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