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Mysterium

Mysterium

Titel: Mysterium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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für dieses Wetter wäre, doch das Zimmer wird von einer Klimaanlage fast unterkühlt. Ich frage mich, ob sie im Gedenken an ihre toten Kinder immer Schwarz trägt. Ich frage mich, ob sie jemals ausgeht. Irgendetwas an ihr lässt mich daran zweifeln. Irgendwas an ihr lässt mich an Mrs. Havisham in Charles Dickens’ Roman Große Erwartungen denken, obwohl das Apartment geräumig und hell ist. Mit dem strengen, sehr kurzen Schnitt ihres silbernen Haares erinnert sie mich an eine despotische Ballettlehrerin, die mit ihrem Stock auf dem Boden des Ballettsaals den Takt schlägt, um ihre Schüler zu terrorisieren.
    »Vor dem Prozess«, setze ich wieder an und versuche, so zu klingen, als hätte ich noch etwas zu sagen, das ihre Aufmerksamkeit verdient, »wollten die Anwälte meines Vaters mich hypnotisieren lassen, damit ich mich an diesen Tag erinnere. Vater hat es nicht erlaubt. Er wollte mich beschützen, obwohl er wusste, dass ich unter Hypnose seine Version der Geschehnisse bestätigt hätte.«
    Diesmal bläst sie die Luft durch die Nase aus. Es ist ein sorgfältig bemessenes, verächtliches Schnauben.
    »Wollen Sie andeuten, ein Gericht hätte die Aussage eines Kindes akzeptiert? Eine Aussage, die sich obendrein auf Hypnose stützt?«
    »Nein. Heute ist mir klar, dass es nichts zur Verteidigung meines Vaters beigetragen hätte. Der Richter hätte die Aussage abgewiesen.«
    »Außerdem hätten Sie sich genauso gut an eine Version der Ereignisse erinnern können, die im Widerspruch zum Plädoyer Ihres Vaters auf Unschuld steht – was gewiss erklären würde, warum er sich so um Ihr Wohlergehen sorgte.«
    Die letzten Worte werden mit beißendem Sarkasmus ausgesprochen, der keinen Zweifel lässt, dass ich bei dieser Frau gescheitert bin. Als wir unser Gespräch begonnen haben, war sie nur eine Gegnerin; jetzt ist sie eine Feindin.
    Aber ich kann nicht aufgeben. Ich muss weitermachen, muss es wenigstens versuchen.
    »Doch als ich mich später freiwillig hypnotisieren ließ, als ich alt genug war, diese Entscheidung selbst zu treffen, habe ich mich an alles erinnert, was an dem Tag geschehen ist. Ihr Sohn wurde getötet durch paranormale Erscheinungen Melanie Hagans und all der anderen Mädchen, die er ermordet hat.«
    »Das werde ich mir nicht anhören!« Sie schlägt mit der flachen Hand auf die Armlehne ihres Sessels.
    »Es ist die Wahrheit. Und ich werde es beweisen!«
    Ich verliere die Beherrschung, genau wie sie. Aber ich muss mich beherrschen. Einen Augenblick glaube ich, dass sie aufspringen wird, aber sie dreht nur ihren Sessel herum, um mich direkt anzusehen.
    »Ich will Ihnen einen guten Rat geben, Miss Freeman.« Aus ihrem Mund klingt es eher wie ein Ultimatum. »Geben Sie diese Besessenheit auf, und leben Sie Ihr Leben weiter. Sie sind eine attraktive junge Frau. Wie alt sind Sie?«
    »Dreiundzwanzig.«
    »Sie haben Ihr Leben noch vor sich. Ihr eigenes Leben. Leben Sie es.«
    Sie starrt mich durchdringend an, erwartet irgendein Zeichen, irgendeine Bestätigung, dass ihre Botschaft angekommen ist. Ich senke den Blick und schaue auf meine Hände, die ich im Schoß gefaltet habe.
    »Mrs. Hunt«, sage ich mit ruhiger Stimme, bleibe respektvoll und höflich, versuche zugleich aber, ihr deutlich zu machen, dass ich nicht einfach gehen und die Sache auf sich beruhen lasse. »Mrs. Hunt, ein Jahr, nachdem Ihre Tochter starb, starb auch Naomi Chase, ihre beste Freundin. Ich habe die Berichte im Staatsarchiv gelesen. Es war ein besonders abscheuliches Sexualverbrechen …«
    Sie ist auf den Beinen, noch ehe ich meinen Satz beendet habe. Aus irgendeinem Grund habe ich mit der Erwähnung von Naomi die Grenze überschritten.
    »Wollen Sie damit andeuten, Mrs. Freeman, dass es irgendeine Verbindung zwischen den beiden Ereignissen gab?«
    Ich bleibe sitzen und schaue zu ihr hoch. Ihr Gesicht hat sich zu einer Maske tiefster Verachtung verzerrt.
    »Sagen Sie mir jetzt nicht, dass Ihnen dieser Gedanke nie gekommen ist, Mrs. Hunt.«
    Ihre Pupillen werden zu schwarzen Stecknadelköpfen aus schierer Wut. Ich rechne damit, dass sie mich schlägt, doch sie hält sich zurück.
    »Verschwinden Sie, Mrs. Freeman. Verlassen Sie meine Wohnung. Sofort!«
    Es gibt nichts mehr, was ich sagen könnte. Ich stehe auf, gehe zur Tür und lasse hinter mir ein Schweigen zurück, das so mit Spannung und Feindseligkeit aufgeladen ist, dass ich mit einer Explosion rechne. Oder mit einem Schlag. Oder auf irgendetwas Spitzes, Scharfes, das mir tief

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