Mysterium
schon.«
»Wird man sie identifizieren können?«
»Das ist bereits geschehen.«
»Wie denn?« Toms Stimme verriet sein Erstaunen.
»Er hat bestimmte Dinge behalten. Persönliche Sachen, Trophäen sozusagen. Ein Schmuckstück, ein Taschenbuch, ein Handy. Das tun Mörder ebenfalls. Sexualmörder. Sexuell motivierte Serienmörder.«
»Mein Gott …« Toms Flüstern drückte sein ganzes Entsetzen und seinen Abscheu aus.
»Tom, da ist noch etwas«, sagte Schenk und räusperte sich, während er seine Sitzposition leicht änderte. »Hunt hat in der Nacht, bevor das alles passiert ist – das Feuer und so weiter –, eine Notiz geschrieben. Man hat sie in seinem Büro gefunden. Es scheint, dass er sie aufgeschrieben hat, nachdem Sie ihn angerufen und gebeten haben, Sie da draußen abzuholen – nachdem Sie das Haus gefunden hatten.«
Der Beiklang in Schenks Stimme warnte Tom, dass er gleich etwas hören würde, worauf er noch nicht vorbereitet war. »Eine Notiz?«, fragte er misstrauisch. »Was für eine?«
»Über Sie. Er schrieb, dass er glaubte, Sie stünden vielleicht am Rande eines psychotischen Schubes … so hat er es genannt, glaube ich.«
»Haben Sie diese Notiz gesehen?«
»Ja. Sie ist in seiner eigenen Handschrift verfasst. Im Wesentlichen steht darin, dass er den Verdacht hat, dass Sie vielleicht ein Doppelleben führen.«
Toms Fall nahm mit atemberaubender Geschwindigkeit Gestalt an. Es war eine Sache von Stunden, bis aufgrund der sorgfältig aufgezeichneten Befürchtungen Brendan Hunts bestimmte Routineuntersuchungen anliefen. Als Erstes musste Tom seine Kreditkartenauszüge und Handy-Anruflisten vorlegen, so weit sie zurückreichten. Dadurch wurde es möglich, seine Bewegungen mit den letzten bekannten Sichtungen der sieben Mädchen zu vergleichen, deren Überreste im Keller des Hauses aufgefunden worden waren. In jedem einzelnen Fall war Tom nahe genug gewesen, um derjenige zu sein, der für das Verschwinden der Mädchen verantwortlich war. Unfähig, sich zu bewegen, lag er in seinem Krankenhausbett und hörte sich fassungslos an, welche Beweise gegen ihn aufgetürmt wurden.
»Um Gottes willen, Brendan Hunt hat mich all die Jahre gekannt! Wir sind in Verbindung geblieben. Wir haben über Julia geredet. Wir haben über alles Mögliche geredet – über meine Arbeit, wohin ich gereist bin, welche Projekte ich plante … Er muss mir gefolgt sein und die Mädchen geschnappt haben, damit er mir eine Falle stellen konnte. Sehen Sie das denn nicht?«
Murray Schenk und die beiden Detectives, die ihn bei seinem zweiten Besuch begleiteten, hörten mit versteinerten Mienen zu.
»Was ist mit der Garage in Broadlands?«, fragte einer von ihnen. »Sie ist seit acht Jahren auf Ihren Namen vermietet.«
»Hat mich da schon mal jemand gesehen? Den Mann, der ich sein soll?«
»Alles wurde durch Banken und Makler abgewickelt. Man hat die Zahlungen zu einem Konto auf den Bahamas zurückverfolgt – ebenfalls auf Ihren Namen.«
»Aber jemand muss doch gesehen haben, wie dieser Mann gekommen und gegangen ist!«
»Man hat bloß einen Mann mit dunkler Brille, Schnurrbart und Hut gesehen. Und das könnte jeder sein.«
Das Schweigen, das nun einsetzte, ließ erkennen, dass »jeder«, soweit es die Polizei betraf auch Tom sein konnte.
»Wir haben im Kofferraum Ihres Wagens einen falschen Schnurrbart, eine dunkle Brille und einen Hut gefunden«, sagte Schenk.
»Das war nicht mein Wagen!«
»Der Mercedes ist auf Ihren Namen zugelassen.«
»Sind Sie sicher, dass Sie Hunts Wohnung genauso gründlich durchgekämmt haben wie seine Praxis?«, fragte Tom verzweifelt.
»Mit dem Läusekamm. Alles ist in bester Ordnung. Es gibt keine losen Enden.«
»Da muss irgendetwas sein, irgendwo! Es ist unmöglich, dass jemand alles so perfekt arrangiert. Es muss einen Überweisungsbeleg geben, eine Quittung, Aufzeichnungen in irgendeinem Bankschließfach … irgendetwas , das den Beweis liefert, dass Hunt alles arrangiert hat.«
»Wir arbeiten daran, Tom«, sagte Murray Schenk mit Unbehagen. Er wollte diesem Mann glauben, den er inzwischen gern hatte – aber das war schwer, wenn jeder Tag neue und schreckliche Enthüllungen brachte. »Wenn Sie meinen Rat wollen … Sie sollten sich einen guten Anwalt besorgen, und zwar schnell.«
Als Erstes überprüfte der Anwalt, ob es möglicherweise DNA-Beweise gab. Anhand der menschlichen Überreste, die in dem Haus gefunden worden waren, konnte der Mörder nicht identifiziert werden. Es
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