Mystery Thriller Band 224
da war nichts. Schulterzuckend riss sie den Umschlag auf und nahm ein mehrfach zusammengefaltetes weißes Blatt daraus hervor. Dabei spürte sie mit einem Mal ein Gefühl von Unbehagen in sich aufsteigen. Irgendetwas stimmt hier nicht, dachte sie, faltete den Brief dennoch auseinander. Der handschriftlich verfassten Text, den sie daraufhin zu lesen bekam, jagte ihr einen Schauer über den Rücken:
Der Schwarze Magier ist hier, und er ist gekommen, um dich zu vernichten. Also flieh, solange du noch kannst, geh fort aus Deadman’s Landing, sonst wird er dich vernichten, Melissa Carlisle!
Eine ganze Weile hatte Melissa einfach nur reglos dagestanden und den Brief angestarrt. Jetzt ließ sie ihre Hand langsam sinken und legte das Blatt Papier auf den Schreibtisch. Dabei wurde ihr bewusst, dass ihr Atem ungewöhnlich schnell ging, und ihre Handinnenflächen fühlten sich feucht an. Die Zeilen hatten ihr Angst gemacht, keine Frage.
Gleichzeitig ärgerte sie sich darüber. Wer war sie eigentlich, dass sie sich von einem anonymen Schreiben, noch dazu einem, das man nun wirklich nicht ernst nehmen konnte, einen solchen Schreck einjagen ließ?
Sie schüttelte den Kopf und dachte gerade daran, dass sie ganz vergessen hatte, dem Sheriff von dem Vorfall an ihrem Ankunftstag zu berichten, wie sie es eigentlich vorgehabt hatte.
Da riss ein lautes Poltern aus dem Erdgeschoss sie plötzlich aus ihren Gedanken.
Melissa zuckte zusammen. War ihr Vater schon nach Hause gekommen? Sie verließ ihr Zimmer und ging horchend zur Treppe. „Dad? Bist du das?“
Nichts.
Noch einmal rief sie: „Dad? Hallo?“
Wieder keine Antwort. Stattdessen erklang wieder ein Poltern, zudem laute, viel zu laut klingende Schritte und – ein lang gezogenes mysteriöses Stöhnen!
Melissa hielt die Luft an. Sie spürte, wie ihr eine Gänsehaut über den Rücken rann. Da war jemand im Haus, eindeutig. Und es handelte sich nicht um ihren Vater, denn der hätte längst geantwortet.
Kurz spielte sie mit dem Gedanken, sich zurück auf ihr Zimmer zu schleichen, sich ruhig zu verhalten und den Sheriff zu alarmieren. Doch dann schüttelte sie den Kopf. Sie würde sich in einer solchen Situation gewiss nicht wie die Teenie-Mädchen aus irgendwelchen Horrorfilmen verhalten, die sich ängstlich in ihrem Zimmer einschlossen und darauf warteten, dass der Eindringling die Tür eintrat. Sie war Polizistin, und deshalb würde sie jetzt nach unten gehen und nach dem Rechten sehen!
Zumal es überhaupt nicht sicher ist, dass wirklich jemand ins Haus eingedrungen ist. Vielleicht ist Dad ja doch zurückgekommen und hat dich nur nicht gehört. Oder seine Hausangestellte, die – zumindest wenn es noch so ist wie früher – zweimal in der Woche zum Putzen kam. Oder es ist überhaupt niemand da, und du hast dich von irgendwelchen Geräuschen draußen täuschen lassen …
Doch sie hatte auf dem Weg nach unten gerade die Hälfte der Stufen hinter sich gebracht, als erneut das laute Stöhnen erklang. Wie das lang gezogene Klagen eines Tieres hallte es durchs Haus und schien alles erbeben zu lassen, was ihm in den Weg kam. Ein eisiger Schauer rann Melissa über den Rücken.
Sie erreichte die untere Etage und sah sich in der Diele um. Nichts zu sehen. Seltsam …
Von der Diele ging es in Küche, Wohn- und Esszimmer. Außerdem gab es eine kleine Gästetoilette. Überall sah Melissa nach. Sogar in die kleine Besenkammer neben dem Gäste-WC blickte sie. Doch nirgendwo war irgendetwas Verdächtiges zu entdecken. Es war offensichtlich: Von ihr abgesehen, war das Haus menschenleer.
Irritiert schüttelte sie den Kopf. Was waren das dann für merkwürdige Geräusche gewesen? Wieso …
Melissa zuckte zusammen, als erneut ein lautes Poltern erklang, dann leise Schritte. Allerdings nicht hier im Haus, sondern draußen. Hastig lief Melissa zur Haustür, riss sie auf – und blickte in das Gesicht von …
„Brad? Was machst du denn hier?“
„Was ich hier …“ Brad sah sie mit ernstem Gesicht an und schüttelte den Kopf. „Du kannst deine Uniform gleich wieder anziehen“, sagte er dann. „Sheriff Latimer braucht uns jetzt. Wir haben einen Toten.“
3. KAPITEL
„Einen Toten?“ Melissa riss die Augen auf. Sie war noch immer völlig durch den Wind. Wieso war Brad so plötzlich hier aufgetaucht? „Wie meinst du das, einen Toten?“
Sie hatte die Frage kaum gestellt, da hätte sie sich am liebsten mit der flachen Hand vor die Stirn geschlagen. Wie meinst du das, einen
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