Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition)
sterben, weil er dich versteckt. Und schon gar keine Kinder! Du musst endlich lernen, dich selbst zu verteidigen! «
»Du glaubst wohl, das geht alles spurlos an mir vorüber?«, schreie ich. »Tut es aber nicht. Ich werde diese Schuld mein ganzes Leben mit mir herumtragen.«
Shannon und ich fixieren einander schweigend.
»Also halten wir mal fest«, sagt Turk. »Shannon, offensichtlich hast du meine Nachricht bekommen und freust dich, Aria zu sehen.« Er wendet sich mir zu. »Shannon ist heute Morgen ein bisschen … überdreht. Wir sind alle ziemlich fertig.«
Shannon winkt uns heran. »Dann kommt schon ins Haus«, sagt sie.
Drinnen ist es angenehm kühl. Neben der Eingangstür hängt ein schlichter ovaler Spiegel. Die Wände im Flur sind hellgelb gestrichen, der Holzfußboden mahagonifarben gebeizt. Von der Decke hängt ein alter Kronleuchter herab. Vor einer Garderobe voller Kapuzenmäntel türmt sich ein Stapel Sneakers.
Drei junge Leute versperren mir den Blick in den Raum, der das Wohnzimmer sein muss: ein Mädchen und zwei Jungen, ungefähr in meinem Alter. Da sie sich an diesem Ort aufhalten, müssen sie Mystiker sein. Ihre gesunde Hautfarbe deutet daraufhin, dass sie noch nicht abgeschöpft wurden – jedenfalls nicht in letzter Zeit.
Das Mädchen steht zwischen den Jungen. Es ist viel kleiner als ich, beinahe winzig, hat blaues Haar und trägt abgeschnittene Jeans und ein rosa T-Shirt mit einem Elefanten drauf. Die beiden Jungen sehen ganz ordentlich aus in ihren Shorts und den dunklen, kurzärmeligen Hemden. Allerdings wirken sie nicht gerade erfreut.
»Aria«, sagt Turk mit übertriebener Begeisterung, »darf ich dir deine neuen Freunde vorstellen?«
»Äh, hallo«, grüße ich.
Keine Antwort.
Ich hebe zaghaft die Hand. »Freut mich, euch kennenzulernen.«
Der Junge rechts streckt die Hand aus. Zuerst glaube ich, er will sie mir reichen. Doch dann erscheint in seiner Hand eine Kugel aus mystischer Energie, deren Strahlen an die Decke schießen. Auf ein lautes Brummen folgt ein grüner Blitz, der Kronleuchter kracht auf den Boden und zerspringt klirrend in tausend Stücke.
Da habe ich mich wohl schwer geirrt. Dieser Junge möchte keine Freundschaft mit mir schließen. Er will mich töten.
6
»Landon!«, herrscht das blauhaarige Mädchen den Jungen an. »Willst du sie umbringen?«
»Schade wär’s nicht um sie«, murmelt Shannon.
Der Junge seufzt theatralisch. Er schüttelt die Hand, das Leuchten erlischt und seine Finger nehmen wieder ihren ursprünglichen Hautton an. »Na, so was«, sagt er trocken.
Ich kann die Sache auf zweierlei Weise angehen: auf die harte Tour oder ich kann ihn einwickeln. Ich entscheide mich für die zweite Möglichkeit.
»Ich habe schon Schlimmeres gesehen als einen kaputten Kronleuchter«, sage ich lässig. »Das kann den Besten passieren.«
Landon zieht die Augenbrauen hoch. Natürlich hatte er gedacht, er hätte mich geschockt.
Blauhaar wirft Landon einen angewiderten Blick zu. »Du bist wie ein Hund, der sein Revier markiert. Ätzend. Werd doch einfach mal erwachsen.« Sie spricht schnell und mit schriller Stimme. Ein bisschen erinnert sie mich an Kiki, nur ist sie noch frecher und mir deshalb auf Anhieb sympathisch.
»Tut mir leid«, sagt sie zu mir gewandt. »Mit so einer Begrüßung hast du wohl nicht gerechnet. Ich bin Ryah.« Sie zeigt auf den Jungen links neben sich. »Und das ist Jarek.«
»Hi, Jarek«, sage ich, erhalte aber keine Antwort.
Jarek ist noch größer als Turk und hat breite Schultern. Er hat kräftige braune Arme, unter seinem T-Shirt zeichnen sich die Muskeln ab. Das lange Haar hat er zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, die schmalen dunklen Augenbrauen passen zu seinem scharf geschnittenen Gesicht. Die Nase ist gerade und breit, das Kinn kantig. Er hat leicht schräg stehende Augen, als hätte er asiatische Vorfahren. Er sieht gut aus, auch wenn er nicht an Hunter herankommt.
»Er spricht nicht viel«, sagt Ryah. Wenn sie lächelt, hat sie Grübchen. »Aber er hat das Herz am rechten Fleck. Und Landon …« Sie zeigt auf meinen Angreifer. »Er ist … ziemlich daneben.«
»Na ja, wenn du ihn erst mal kennengelernt hast, ist er nicht mehr ganz so schlimm«, wirft Turk ein. »Oder, Landon?«
Landon antwortet nicht. Sein Haar ist kurz geschoren, im Vergleich zu Jarek ist er nur eine halbe Portion. Dennoch wirkt er kräftig und schlank, hat ein freches Gesicht und kaffeefarbene Haut. Und er kann mich offensichtlich nicht
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