Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition)
leiden.
»Jetzt räum schon auf.« Turk deutet auf den kaputten Kronleuchter. »Und merk dir eins: Sein Zuhause sollte man nicht verwüsten.«
Landon schüttelt missbilligend den Kopf und schlendert davon, vermutlich um einen Besen zu holen.
»Es liegt nicht an dir«, flüstert Ryah. »Na ja, vielleicht ein ganz kleines bisschen … Er ist ziemlich launisch.«
»Komm, ich bringe dich zu deinem Zimmer«, sagt Turk und schiebt mich an den Scherben des Kronleuchters vorbei. Links führt eine Treppe nach oben, rechts geht es in ein Wohnzimmer mit Sofas und Kamin. Geradeaus kann ich in die Küche sehen.
Die Einrichtung ist viel gemütlicher, als ich draußen erwartet habe. Man merkt, dass hier wirklich jemand wohnt: Die Sofas sind abgewetzt, die Kissen eingedrückt. Die Wand hat Flecken und Kratzer. Teile des Fußbodens sind von billigen bunten Teppichen bedeckt, an den freien Stellen hat er Dellen, und wie auf der Farm sind auch hier die Wände mit geheimnisvollen Symbolen verziert.
Jetzt wendet sich Turk an Shannon und Ryah. »Könnt ihr Aria das Zimmer zeigen?«
»Klar, Turk«, erwidert Ryah gehorsam – ich habe den Eindruck, dass sie in ihn verknallt ist. Sie dreht sich zu mir um. »Du schläfst bei mir, Aria! Aber zuerst bekommst du eine kleine Führung.« Sie hakt sich bei mir ein. »Wir werden bestimmt beste Freundinnen. Das hab ich so im Gefühl.«
Ich werfe einen Blick zurück zu Shannon, die so tut, als würde sie sich den Finger in den Hals stecken und sich übergeben.
»Okay«, sage ich. »Dann los.«
Die Größe des Hauses überrascht mich. Von draußen konnte ich nur die schmale Fassade sehen. Hier drinnen erscheint mir das Rebellenversteck so geräumig wie mehrere Häuser.
Ryah führt mich durch die Küche und die Speisekammer, die mit Obst- und Gemüsekonserven gefüllt ist. Der Boden ist schwarz-weiß gekachelt, und Gasherd und Schränke sehen verhältnismäßig neu und gepflegt aus.
»Es gibt auch einen Kühlraum mit Fleisch und Fisch.« Ryah deutet auf eine Metalltür. »Jetzt, im Krieg, bekommen wir wenig frische Vorräte, deshalb müssen wir gut haushalten. Bist du Vegetarierin?«
»Nein«, antworte ich. »Du?«
»Nein, ich liebe Rindfleisch.« Sie führt mich durch einen Flur mit sonnengelben Wänden und schwarz gefassten Deckenstrahlern. »Aber da Fleisch streng rationiert ist, mache ich mich meist über die Erdnussbutter her.«
Sie bleibt vor einer offenen Tür stehen. »Das ist die Waffenkammer.« Sie lässt mich einen Blick hineinwerfen. Noch nie habe ich so viele Waffen auf einem Haufen gesehen: In den Regalen stapeln sich Gewehre, Pistolen, Strahlenwaffen und stapelweise Munition und Magazine.
Die Funktionsweise mancher dieser Waffen ist mir unbekannt. Vermutlich sind sie Erfindungen der Mystiker: Bronzepistolen, die an Miniaturtrompeten erinnern, Handschuhe aus Silber- und Goldfäden, schwarze Kopfgurte mit purpurfarbenen Linsen über der Augenpartie und Westen, die mit winzigen Glühbirnen bestückt sind. Außerdem gibt es massenweise Messer in den verschiedensten Formen, deren durchsichtige Griffe mit einer dunkelgrünen Flüssigkeit gefüllt sind.
Ryah deutet zur gegenüberliegenden Wand, an der ein gutes Dutzend Äxte hängt. »Damaszenerstahl«, sagt sie. »Und die Schwerter und Messer sind mystisch gehärtet.«
Das Wort ist mir ein Begriff: Damaszenerstahl. Ich habe es von Hunter gelernt. Dieser Stahl wird von Mystikern geschmiedet, kann die schwersten Gewichte tragen und ist praktisch unzerstörbar. Diesen Stahl haben die Mystiker für den Bau der Horste hergestellt, er hat die Wolkenkratzer erst möglich gemacht.
Es ist eine Ironie des Schicksals und eine große Ungerechtigkeit, dass die meisten Mystiker immer noch in alten Steinhäusern wohnen und nicht in jenen Gebäuden, die erst mit ihrer Hilfe errichtet werden konnten.
»Komm«, sagt Ryah, drückt auf ein Touchpad und schließt die Tür der Waffenkammer. Ich folge ihr den Flur entlang zu einer anderen Tür, durch die wir zur Kellertreppe gelangen. An den Wänden hängen alte Messingleuchter, die einen mystisch grünen Schein verbreiten. Als Nächstes höre ich stöhnende Geräusche und das Klirren von Glas.
»Ein Schießstudio«, erklärt Ryah, ehe ich nachfragen kann. »Eigentlich unser Trainingsbereich.« Während sie spricht, leuchtet unten an der Treppe grünes Licht auf. »Ich würde dir den Raum gern zeigen, aber dort wird gerade trainiert und es ist gefährlich, einen Mystiker bei seinen
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