Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition)
mir sicher, dass sie gern im Mittelpunkt steht. »Sagen wir, ich möchte meine Mutter finden. Ich schließe also die Augen und stelle mir die Brosche vor, die sie immer getragen hat. Sie war wunderschön: handgeschmiedet, mit Perlen und rosa Diamanten besetzt. Ich rufe also ein Bild von der Brosche vor mein inneres Auge.« Shannon schließt die Augen und alle schweigen. »Dann schicke ich einen Energiestrahl aus, der wie eine Art Zielsuchgerät funktioniert.«
Shannon holt mit der Hand aus und lässt sie nach vorn schnellen, als würde sie einen Angelhaken auswerfen. Fünf grüne Strahlen schießen blitzschnell aus ihren Fingerspitzen zur Decke hinauf. Shannon schließt ihre Finger. Die Strahlen vereinen sich zu einem einzigen großen pulsierenden Strahl. Dann dreht sie die Hand um, bis die Innenfläche zur Decke zeigt. Die Energiestrahlen rollen sich auf wie ein Korkenzieher.
»Wow!«, sagt Jarek. »Das habe ich noch nie bei dir gesehen.«
Sie verdreht die Hand in der Luft. Der Strahl schrumpft langsam, wird dünner und dabei schwächer, bis er durch ein Nadelöhr passen würde.
Shannon öffnet die Augen. »Dieser Energielinie müsste ich jetzt nur folgen, sie würde mich zu der Brosche und damit wahrscheinlich auch zu meiner Mutter führen.«
Die Gruppe beobachtet sie still. »Funktioniert das auch bei Menschen?«, frage ich. »Wenn du dir statt der Brosche deine Mutter vorstellst? Würde die Energie dich dann direkt zu ihr führen?«
»Das ist nicht so einfach«, antwortet Shannon. »Menschen bewegen sich zu viel. Um sie aufzuspüren, benötigt man eine viel stärkere Energie – die ich nicht besitze. Außerdem« – sie schüttelt die Hand und der Strahl erlischt – »ist meine Mutter tot. Es würde mir also nichts bringen, sie aufzuspüren.«
Noch eine Waise, denke ich.
Turk beendet das Schweigen. »Aria, du hast mich noch gar nicht nach meiner besonderen Begabung gefragt.«
»Tut mir leid. Was für eine ist es denn?«, frage ich.
Er zieht eine Augenbraue hoch. »Du meinst, außer der Tatsache, dass ich ein ganz heißer Typ bin?« Er kaut auf einem Stück Fleisch herum. »Ich verfüge über eine gute Portion Bescheidenheit.«
Landon prustet so laut los, dass Wasser aus seinem Trinkglas spritzt und auf seine Hose tropft.
»Ekelhaft«, entfährt es Ryah.
»Ist doch nur Wasser.« Landon wischt sich den Schoß mit der Serviette ab.
Das Eis ist gebrochen, das Gespräch wendet sich wieder dem Aufstand zu. Alle wollen von Shannon die neuesten Gerüchte hören, denn sie war draußen. Zwangsweise, um mich auszubilden. Und sie zögert nicht, sich einmal mehr lauthals darüber zu beklagen.
»Wo ist Hunter?«, frage ich Turk, während Ryah eine Geschichte über die Fosters erzählt. »Warum ist er nicht hier?«
Turk fährt sich mit den Fingern durch den Iro und spielt mit einem seiner silbernen Ohrringe. »Hunter ist unterwegs und erledigt irgendwelchen VIP -Kram«, sagt er. »Morgen kommt er her. In aller Herrgottsfrühe. Keine Sorge, Aria.«
»Morgen kommt Hunter?«, fragt Shannon plötzlich aufmerksam.
»Ja«, sagt Turk.
Ich bin verwirrt. Hunter muss doch wissen, was auf der Farm passiert ist. Und dass Turk mich gerettet hat. Er muss wissen, wo ich jetzt bin. Warum also ist er nicht hier?
In unserem Zimmer mache ich mich fertig fürs Bett. Abgesehen von dem Nickerchen heute Nachmittag habe ich seit vierundzwanzig Stunden nicht geschlafen.
Hunter, Hunter, Hunter, singt es in meinem Kopf, während mir langsam die Augen zufallen. Obwohl ich mich wahnsinnig darauf freue, ihn morgen zu sehen, bin ich immer noch sauer auf ihn.
7
Als ich aufwache, steigt mir Kaffeeduft in die Nase. Von irgendwoher höre ich Lärm.
Ich sehe auf die Uhr an der Wand neben meinem Bett. Schon Mittag? Ich recke meine Arme über den Kopf und blicke mich um. Shannons und Ryahs Betten sind bereits gemacht. Vermutlich sind sie seit Stunden auf.
Ich steige aus dem Bett und sage mir, dass heute ein neuer Tag ist. Die Tragödie mit Markus auf der Farm, meine grässliche Begegnung mit Thomas, meine Ankunft im Rebellenunterschlupf – all das habe ich hinter mich gebracht. Heute werde ich Hunter treffen und herausfinden, was wirklich zwischen uns beiden läuft.
Ich ziehe die Vorhänge zurück und freue mich über das hereinfallende Sonnenlicht. Unten gibt es Tumult, ich höre eine große Anzahl von Personen. Rasch ziehe ich mir die Jeans von gestern Abend über, dazu ein bequemes T-Shirt. Auf Ryahs Schreibtisch finde ich einen
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