Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition)
versteckt, ja? Zufällig in dem Schlupfloch, das ich für dich eingerichtet habe? Mann, du hättest draufgehen können!«
»Ist doch alles noch mal gut gegangen«, sage ich. »Danke.«
»Ja, aber das war pures Glück«, erwidert er. »Ich hatte das Schlupfloch eingerichtet, bevor du kamst. Ich konnte nur raten, in welche Richtung du fliehen würdest, und es war ja auch nicht klar, ob du eine Chance haben würdest, in den Kanal zu springen, und dass du in der trüben Brühe die Augen aufmachen und das Leuchten sehen würdest, konnte ich auch nur hoffen. Wenn nicht, dann … «
»Ich habe es ja gefunden. Und bin entkommen.«
»Um Haaresbreite.«
»Wie bist du denn da rausgekommen?«, will ich wissen.
»Mach dir um mich keine Gedanken«, sagt Turk kühl. »Von ein paar schlammverschmierten Soldaten lasse ich mich nicht aufhalten.«
Ich zwinge mich zu einem Lächeln. »Du hast Hunter doch nicht von dem Hinterhalt erzählt, oder?«
»Nein«, sagt Turk. »Noch nicht. Warum?«
Ich mache einen Schritt auf ihn zu. »Du darfst ihm nichts sagen.«
Turk verzieht das Gesicht. Ich glaube, er ist sauer auf mich. »Kyle hat versucht, dich zu kidnappen, Aria! Und das nicht zum ersten Mal.« Er holt tief Luft. »Denkst du, ich kann immer zur Stelle sein, um dich zu retten? Kyle hat dich angelogen – und ich habe gegenüber Hunter die Klappe gehalten, weil ich dir vertraut habe.« Er senkt die Stimme. »Dabei sollte ich auf dich aufpassen.«
»Was meinst du damit?«
»Heute Morgen hat mich Hunter nicht mitgenommen, weil ich auf dich aufpassen sollte. Und was habe ich stattdessen getan? Ich habe zugelassen, dass du dich in Gefahr bringst, ich habe Hunter nicht gesagt, was du vorhast. Ich habe ihn belogen. Was dabei herausgekommen ist, weißt du selbst. Wenn Hunter gewusst hätte, dass du dich mit Kyle triffst …« Turk spricht den Satz nicht zu Ende und schaut aus dem Fenster.
Er mag es nicht, Hunter gegenüber unehrlich zu sein. Ich natürlich auch nicht, aber Hunter hat mich schließlich auch angelogen! Soll er doch am eigenen Leib erfahren, wie das ist. Sicherlich wird Turk das einsehen. »Ich bin kein kleines Mädchen mehr«, sage ich. »Auf mich muss man nicht aufpassen wie auf eine Demenzkranke.«
»Ohne mich wärst du heute ziemlich aufgeschmissen gewesen«, entgegnet Turk. »Gib doch einfach mal zu, dass du auch nicht immer genau weißt, was du tust. Du glaubst an das Gute im Menschen, von mir aus, aber eins steht doch wohl fest: Dein Bruder ist ein Arschloch. Ich muss Hunter sagen, dass er sich vor Kyle in Acht nehmen muss. Man kann dem Kerl nicht über den Weg trauen.«
Nein, denke ich. Das darf nicht sein. »Wenn du es ihm erzählst« – ich gehe noch einen Schritt auf Turk zu – »dann wird Hunter die Verhandlungen platzen lassen. Ihn davon zu überzeugen, einen Kompromiss mit den Horsten zu finden, ist die einzige Chance, dass in der Stadt wieder Normalität einkehrt.«
Turk wendet sich ab. Seine Haut riecht nach Apfel. Ich hebe sein Handtuch vom Boden auf, falte es und hänge es über den Stuhl.
»Das brauchst du nicht zu machen«, sagt er.
Ich ignoriere die Bemerkung. »In anderen Städten warten gewisse Leute nur darauf, Manhattan zu übernehmen.«
Turk sieht mich spöttisch an. »Was soll das denn nun wieder heißen?«
»Niemand außer uns will, dass die Mystiker siegen«, antworte ich. »Denn dann werden auch Mystiker in anderen Städten eine Rebellion anzetteln. Sobald absehbar ist, dass wir mit unserem Aufstand Erfolg haben, werden andere gegen unsere Stadt in den Krieg ziehen. Und da wir in dieser Stadt die ganze Zeit damit beschäftigt sind, uns gegenseitig zu bekämpfen, werden wir gegen die Feinde von außen verlieren. Gemeinsam sind wir stark, allein gehen wir unter.«
Turk runzelt die Stirn.
»Wenn wir unseren Konflikt nicht beilegen, verlieren wir New York vielleicht ganz. Und dann kann alles noch schlimmer als vorher werden.« Ich bin Turk inzwischen so nah, dass ich ihn berühren könnte. »Bitte verrate Hunter nichts. Er muss zu diesem Treffen gehen. Bitte!«
Turk schiebt trotzig das Kinn vor. »Na gut. Aber begeistert bin ich davon nicht.«
»Danke!« Ich lasse die Tasche mit Davidas Reliquiar auf den Boden fallen und schlinge Turk die Arme um den Hals. Er zuckt zusammen und achtet darauf, dass mir seine Energie nicht wehtut. Meine Haut kribbelt und fühlt sich warm an.
»Du bedeutest mir sehr viel«, flüstert mir Turk ins Ohr. »Ich möchte nicht, dass dir etwas
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