Mystic City Bd 1 - Das gefangene Herz
besseres Leben nach Amerika. Unter ihnen waren auch viele Mystiker. Auf Ellis Island wurden wir mit offenen Armen empfangen. Zuerst haben wir unsere Talente geheim gehalten und uns an das neue Leben gewöhnt.« Hunter ballt die Fäuste. »Aber man kann nicht auf ewig sein wahres Selbst verleugnen. Das ist noch schlimmer, als abgeschöpft zu werden.« Er spreizt die Hände. »In mehreren Bundesstaaten haben wir unsere besondere Macht bewiesen und Präsident Truman hörte davon. Er lud die Mystiker ein, beim Bau der Städte zu helfen. Als die Klimakatastrophe begann, wurden wir unentbehrlich.«
»Bis zum Großen Feuer«, werfe ich ein.
Hunter nickt. »Mein Großvater kam bei der Explosion ums Leben. Meine Mutter führte sein Erbe fort. Auch sie verließ den Untergrund, ließ sich registrieren und versuchte die Gesellschaft von innen heraus zu verändern. Ich will ihre politische Arbeit nicht gefährden, aber ich will mich auf keinen Fall abschöpfen lassen. Als ich merkte, dass meine Kräfte wuchsen, bin ich deshalb zu Hause ausgezogen, bevor ich zum ersten Abschöpfungstermin geladen wurde. Wenn jemand aus den Horsten nachgefragt hat, gab meine Mutter immer vor, nicht zu wissen, wo ich bin. Am Ende hat man mich vergessen.«
»Und damit ist sie einverstanden?«
»Sie macht sich meinetwegen Sorgen«, antwortet Hunter. »Und wünscht sich, wir könnten unter einem Dach wohnen. Aber es gibt Wichtigeres.«
»Eine Wahl zum Beispiel?«
Hunter runzelt die Stirn. »Du verstehst das nicht. Bei dieser Wahl werden wir zum ersten Mal ernst genommen. Die Unterschicht, die armen Nichtmystiker, glauben an meine Mutter und unterstützen uns. Seit dem Großen Feuer hat es keiner mehr gewagt, einen Kandidaten der Horste herauszufordern … und jetzt haben wir zum ersten Mal die Chance zu gewinnen. Du siehst doch, wie elend das Leben in der Tiefe ist – glaubst du nicht, dass es Zeit für einen Wandel ist?«
»Ich … ich …« Ich wende den Blick ab. Wie kann ich Hunter zustimmen, wenn es den Ruin meiner Familie bedeutet?
»Ach, vergiss es. Ich hätte dir diese Frage gar nicht stellen dürfen.« Seine Stimme wird leiser. »Ich weiß, warum du hier bist.«
»Ja?«
»Du willst sicher mehr über das Schlupfloch auf deinem Balkon wissen.«
»Oh«, erwidere ich erleichtert, weil er den wahren Grund meines Hierseins nicht erraten hat: Hunter ist für mich wie eine Droge. Er zieht mich an, doch ich weiß, dass er nicht gut für mich ist.
»Ich kann dir leider nicht mehr über die Magie des Schlupflochs verraten«, fährt Hunter fort. »Denn damit würde ich dich in Gefahr bringen. Du musst mir vertrauen.«
»Aber ich kenne dich doch kaum«, gebe ich zurück.
»Du kannst mir trotzdem vertrauen. Die Rebellen sind genauso untereinander zerstritten wie die blöden Fosters und Roses. Sorry, Anwesende natürlich ausgenommen.«
»Das habe ich nicht als Beleidigung aufgefasst.«
»Meine Mutter und ihre Anhänger wollen einen friedlichen Weg, doch es gibt Gruppierungen, die sich auf Krieg vorbereiten. Du hast sicher von den Anschlägen gehört. Im Vergleich zu dem, was passieren wird, wenn meine Mutter die Wahl verliert, ist das noch gar nichts. Dann bricht eine Revolte aus. Und ich werde mitkämpfen.«
Ich bin sprachlos. Krieg? Hunter will wirklich gegen meine Eltern kämpfen?
»Wenn dich hier unten irgendjemand entdeckt, bekomme ich einen Riesenärger«, sagt Hunter. »Und deshalb kannst du nicht bleiben, so gern ich das hätte.« Er beugt sich vor und ich erwarte einen Kuss. Ich schließe die Augen und warte, doch ich fühle nur eine sanfte Berührung auf der Stirn. »Du bist wirklich etwas Besonderes, aber wir können nicht zusammen sein. Das wäre zu gefährlich. Du bist verlobt und dein Leben ist so ganz anders als meins. Kehre zurück in die Horste.« Er tritt zurück. »Dort bist du in Sicherheit.«
Ich fühle mich tief verletzt. Wie kann ein Mensch in der einen Sekunde so liebevoll sein und in der anderen so kalt? »Als wir oben auf dem Dach meines Hauses standen, hattest du keine Bedenken, mit mir zusammen zu sein«, erwidere ich und muss mich beherrschen, damit meine Stimme nicht versagt. »Was ist passiert? Ist dir auf einmal alles zu kompliziert geworden?«
Hunter blickt mich schweigend an.
Ich stehe auf. »Männer sind einfach … bescheuert. Ich habe gedacht, du wärst anders, aber du bist genauso wie Thomas. Oder wie mein Vater.«
»Was willst du damit sagen?«
»Du denkst nur an dich.«
Hunter tritt ganz nah zu
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