Mystic City Bd 1 - Das gefangene Herz
sie nur mein Dienstmädchen, aber da wir im gleichen Alter sind, haben wir uns von Anfang an gut verstanden. Wir sind Freundinnen. Meine Eltern haben nichts dagegen, dass wir uns unterhalten und Zeit miteinander verbringen, solange Davida ihre Arbeit erledigt und ihre Stellung nicht vergisst. »Ich weiß nicht genau«, antworte ich zögernd. »Körperlich fühle ich mich gut, aber, na ja … ich bin ziemlich durcheinander.«
»Was hast du denn da am Kinn?«
Ich will ihr gerade von meinem Beinahesturz erzählen, da fällt mir auf, dass ihr rechter Handschuh rußige Flecken auf meiner Decke hinterlassen hat. Sie bemerkt den Schmutz ebenfalls und versucht ihn abzuklopfen.
Seltsam. Davidas Erscheinung ist doch sonst immer absolut tadellos. Sie verschweigt mir irgendwas … Der Ruß kann nur von einem einzigen Ort stammen. »Davida, warst du in der Tiefe?«
In diesem Augenblick kommt meine Mutter herein. »Guten Morgen, Aria«, sagt sie. »Davida.«
Davida nimmt Haltung an. »Guten Morgen, Mrs Rose.«
»Ist es ein guter Morgen?«, fragt meine Mutter. Heute klingt sie besonders genervt. »Aria, du hast mich schlimm enttäuscht. Zum Glück haben die Fosters gestern Abend etwas zu viel Champagner getrunken, daher ist ihnen dein schlechtes Benehmen nicht aufgefallen.«
»Schlechtes Benehmen? Was habe ich denn angestellt?«
»Du hast dich auf den Balkon verdrückt, anstatt dich um die Gäste zu kümmern.«
»Das waren doch nur ein paar Minuten …«
»Es war deine Verlobungsparty! Wenn du dich so distanziert benimmst, glauben die Leute am Ende noch, du wolltest gar nicht heiraten.«
»Ich habe mir nichts dabei gedacht«, erkläre ich. »Vielleicht habe ich ein bisschen gefremdelt, weil … weil ich mich immer noch nicht an Thomas erinnern kann. Das sagte ich dir bereits. Da ist es doch kein Wunder, dass ich zurückhaltend bin.«
Meine Mutter setzt sich auf die Bettkante und mustert mich eindringlich. Ich habe es satt, ständig beweisen zu müssen, dass ich rückhaltlos hinter meiner Familie und ihren politischen Plänen stehe. Nie kann ich der Familienehre gerecht werden.
»Wie soll ich Thomas heiraten, wenn ich ihn nicht einmal richtig kenne?«
Meine Mutter winkt ab. »Unfug. Du liebst ihn. Du bist mit ihm in die Tiefe gegangen und hast alles verraten, wofür deine Familie steht. Du hast sogar den Zorn deines Vaters riskiert – und unseren Ruin. Es ist eine Schande, dass dein Eigensinn alles infrage stellt, was dir früher mal so viel bedeutet hat.«
Sofort schäme ich mich. Ich muss Thomas sehr geliebt haben. Die Tiefe ist ein wilder, dunkler Ort, wo die Gefahr wohnt. Ich hätte mein Leben nicht für jeden riskiert.
»Aber was kann es schaden, wenn wir die Hochzeit noch etwas verschieben – nur um einen Monat?«, wage ich mich vor. »Vielleicht kehrt bis dahin meine Erinnerung zurück.«
»Dein Vater und ich haben alles Menschenmögliche getan, um dir zu helfen, dich zu erinnern.« Sie bringt die einzelnen Wörter zu langsam hervor. »Wir waren mit dir bei Spezialisten und haben Medikamente besorgt, die es auf dem freien Markt nicht zu kaufen gibt. Hier steht mehr auf dem Spiel als ein paar diffuse Gefühle.«
Die Botschaft ist klar: Es spielt keine Rolle, dass ich mich nicht erinnere. Ich werde Thomas so oder so heiraten – und es fühlt sich an wie ein Todesurteil.
»Und wenn ich mit Thomas rede und erst mal ein bisschen Zeit mit ihm verbringe …«
»Du hattest schon genug Zeit mit ihm«, erwidert meine Mutter. »Letzte Nacht.«
»Wir waren nicht allein! Das war eine Riesenparty.«
»Sobald ihr verheiratet seid … kannst du so viel Zeit mit Thomas verbringen, wie du möchtest. Bis dahin solltest du dich auf deine Genesung konzentrieren.« Meine Mutter klatscht in die Hände und ihre düstere Miene weicht einem strahlenden Lächeln. »Morgen hast du einen Termin beim Arzt«, sagt sie und klingt dabei wie eine liebevolle Mutter. »Wir werden ihm sagen, dass sich dein Zustand noch nicht gebessert hat. Wir wollen alle, dass du dich an Thomas erinnerst.« Sie küsst mich auf die Stirn und geht.
Ich versuche die Tränen zu unterdrücken. Ich werde mich erinnern.
Davida legt mir eine Hand auf die Schulter. »Komm«, sagt sie. »Du solltest dich jetzt anziehen.«
Ein paar Minuten später kommt Kiki und holt mich zum Mittagessen ab. Wir treffen uns mit der Freundin meines Bruders, Bennie Badino, danach wollen wir zu einer Einsturzparty.
»Kann ich mitkommen?«, fragte Kyle, der auf einer Couch im
Weitere Kostenlose Bücher