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Mystic River

Titel: Mystic River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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darauf, erwischt zu werden, spazierten in den Gerichtssaal, plädierten auf »nicht schuldig«, nachdem sie vorher ein vierseitiges Geständnis unterschrieben hatten. Zu wissen, wie dumm die Menschen in Wirklichkeit waren, war die beste Waffe eines Polizisten. Einfach reden lassen. Immer. Erklären lassen. Ihre Schuld abladen lassen, während man sie zum Kaffeetrinken nötigte und sich die Bänder des Aufnahmegeräts drehten.
    Und wenn sie einen Anwalt forderten – und der Durchschnittsbürger wollte eigentlich immer einen –, runzelte man die Stirn, fragte, ob sie sich da auch ganz sicher seien, und ließ die Stimmung im Raum erheblich abkühlen, bis sie erkannten, dass sie es sich besser nicht mit einem verscherzten. Dann erzählten sie einem vielleicht noch ein bisschen mehr, bevor der Anwalt wirklich kam und die Stimmung vermieste.
    Dave forderte keinen Anwalt. Nicht ein einziges Mal. Er saß auf dem Stuhl, der umkippte, wenn man sich zu weit nach hinten lehnte, sah verkatert und genervt aus, besonders von Sean, aber Angst schien er nicht zu haben, nicht nervös zu sein, und Sean merkte, dass Whitey das langsam zusetzte.
    »Sehen Sie, Mr. Boyle«, sagte Whitey, »wir wissen, dass Sie das McGills früher verlassen haben, als Sie uns gegenüber angegeben haben. Wir wissen, dass Sie eine halbe Stunde später auf dem Parkplatz des Last Drop waren, ungefähr zu der Zeit, als die Marcus das Lokal verließ. Und wir wissen ganz genau, dass Sie sich die Hand nicht an der Wand gestoßen haben, als Sie Billard spielten.«
    Dave stöhnte. »Wie wär’s mit ‘ner Sprite oder so?«, fragte er.
    »Gleich«, erwiderte Whitey zum vierten Mal in der halben Stunde, seitdem sie da waren. »Erzählen Sie uns, was in dieser Nacht passiert ist, Mr. Boyle!«
    »Hab ich schon.«
    »Sie haben gelogen.«
    Dave zuckte mit den Schultern. »Das behaupten Sie.«
    »Nein«, entgegnete Whitey. »Ist eine Tatsache. Sie haben hinsichtlich der Zeit gelogen, zu der Sie das McGills verlassen haben. Die Scheißuhr da blieb fünf Minuten, bevor Sie angeblich gegangen sind, stehen, Mr. Boyle.«
    »Fünf ganze Minuten?«
    »Finden Sie das komisch?«
    Dave lehnte sich auf dem Stuhl zurück und Sean wartete darauf, das verräterische Knacken zu hören, das dem Umkippen immer vorausging, aber es geschah nichts. Dave ging bis an die Grenze, aber nicht weiter.
    »Nein, Sergeant, das finde ich nicht komisch. Ich bin müde. Ich hab einen dicken Kopf. Und mein Auto wurde nicht nur gestohlen, jetzt erzählen Sie mir auch noch, dass ich es nicht zurückbekomme. Sie behaupten, ich wäre fünf Minuten eher aus dem McGills raus, als ich gesagt habe?«
    »Mindestens.«
    »Gut. Kann schon sein. Vielleicht stimmt das. Ich gucke nicht so oft auf die Uhr, wie ihr das scheinbar tut. Wenn Sie also sagen, ich wäre um zehn vor eins anstatt um fünf vor eins bei McGills raus, dann sage ich: Okay. Kann schon sein. Hoppla. Aber das war’s dann auch. Ich bin direkt von da nach Hause gegangen. Und in keine andere Kneipe mehr.«
    »Man hat Sie aber auf dem Parkplatz vom …«
    »Nein«, widersprach Dave. »Ein Honda mit einer zerbeulten Motorhaube wurde gesehen. Stimmt’s? Wissen Sie, wie viele Hondas es in dieser Stadt gibt? Meine Güte, noch mal!«
    »Aber wie viele, Mr. Boyle, haben Beulen an der gleichen Stelle wie Ihrer?«
    Dave zuckte mit den Achseln. »So einige, wette ich.«
    Whitey schaute Sean an, der irgendwie das Gefühl nicht los wurde, dass sie gerade abkackten. Dave hatte Recht: Wahrscheinlich konnten sie zwanzig Hondas mit Beule auf der Beifahrerseite der Motorhaube finden. Ohne Probleme. Und wenn schon Dave ihnen so was um die Ohren schlug, dann würden seinem Anwalt noch ganz andere Sachen einfallen.
    Whitey stellte sich hinter Dave und sagte: »Erzählen Sie uns, wie das Blut in Ihr Auto kam!«
    »Was für Blut?«
    »Wir haben Blut auf dem Fahrersitz gefunden. Fangen wir mal damit an.«
    »Wie wär’s jetzt mit ‘ner Sprite, Sean?«, fragte Dave.
    »Okay«, sagte Sean.
    Dave grinste. »Verstehe. Du bist der Nette. Wie wär’s denn mit einem Frikadellenbrötchen, wo du schon mal dabei bist?«
    Sean, der sich schon halb erhoben hatte, setzte sich wieder hin. »Ich bin nicht dein Dienstmädchen, Dave. Sieht aus, als müsstest du noch ein bisschen warten.«
    »Aber von irgendwem bist du schon das Dienstmädchen, Sean, oder?« Etwas Anzügliches lag in Daves Blick, als er das sagte, etwas eitel Anmaßendes, und Sean dachte, vielleicht hätte Whitey doch

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