Mystic River
wurde), Gerard, selbst gerade frisch aus Walpole zurück, und schließlich Scott, das Nesthäkchen und ehemalige Muttersöhnchen, der als Einziger einen Collegeabschluss besaß und als Einziger nicht in den Wohnungen im Erdgeschoss und zweiten Stock wohnte, über die die Brüder das Kommando führten, seit sie die früheren Mieter erfolgreich vertrieben hatten.
»Ich weiß, was sie für einen Ruf haben«, sagte Katie zu Brendan, »aber es sind richtig nette Jungs. Na ja, außer Scott. Mit dem muss man erst mal warm werden.«
Scott. Der »Normale«.
Brendan sah wieder auf die Uhr, dann auf den Wecker neben seinem Bett. Er starrte das Telefon an.
Er schaute auf sein Bett, wo er vorige Nacht mit Blick auf Katies Nacken, die feinen blonden Härchen zählend, eingeschlafen war, sein Arm um ihre Hüfte, so dass seine Hand auf ihrem warmen Bauch geruht hatte und ihm der Geruch ihres Haares und ihres Parfüms, vermischt mit einem kleinen bisschen Schweiß, in die Nase gestiegen war.
Wieder blickte er zum Telefon.
Ruf an, verdammt noch mal! Ruf an!
Zwei Kinder fanden ihr Auto. Sie wählten die Notrufnummer und der Junge, der in den Hörer sprach, klang atemlos, als beschäftige ihn etwas, das seine Vorstellungskraft überstieg. Es sprudelte aus ihm hervor: »Da steht so ein Auto mit ganz viel Blut drin und, ähm, die Tür ist auf und, ähm …«
Der Mann von der Notrufzentrale unterbrach ihn und fragte: »Wo steht dieses Auto?«
»In den Flats«, antwortete der Junge. »Beim Pen-Park. Ich und mein Freund haben’s gefunden.«
»Hat die Straße auch einen Namen?«
»Sydney Street«, stieß das Kind hervor. »Da ist Blut drin und die Tür ist auf.«
»Wie heißt du, mein Junge?«
»Er will wissen, wie sie heißt«, wandte sich der Junge an seinen Freund. »Er hat ›mein Junge‹ zu mir gesagt.«
»Hallo!«, rief der Mann. »Ich hab gefragt, wie du heißt. Wie heißt du? «
»Wir haben mit dem ganzen Scheiß nichts zu tun, Mann«, antwortete der Junge. »Viel Glück.«
Das Kind legte auf und der Mann in der Notrufzentrale konnte auf seinem Computermonitor sehen, dass der Anruf von einem öffentlichen Fernsprecher an der Ecke Kilmer und Nauset in den East Bucky Flats gekommen war, ungefähr eine halbe Meile vom Eingang des Penitentiary-Parks in der Sydney Street entfernt. Er gab die Information an die Einsatzzentrale weiter, die wiederum einen Wagen zur Sydney Street rausschickte.
Einer der Streifenbeamten rief zurück und forderte Verstärkung an, ein oder zwei Kollegen von der Spurensicherung und, ach ja, vielleicht könnte man auch ein paar von der Mordkommission oder so rüberschicken. Nur so ein Vorschlag.
»Haben Sie eine Leiche gefunden, 33? Kommen!«
»Ähm, nein, Zentrale.«
»33, warum verlangen Sie die Mordkommission, wenn es keine Leiche gibt? Kommen!«
»So wie das Auto aussieht, hab ich das Gefühl, dass wir früher oder später eine finden, Zentrale.«
Sean begann seinen ersten Arbeitstag, indem er auf der Crescent parkte und an den blauen Absperrblöcken an der Ecke Sydney Street vorbeiging. Die Holzböcke trugen den Aufdruck des Boston Police Department, weil dessen Beamte zuerst am Tatort gewesen waren, doch aufgrund der Informationen, die er während der Anfahrt über Funk bekommen hatte, nahm Sean an, dass sein Dezernat, die Mordkommission der State Police, mit dem Fall beauftragt werden würde.
Das Auto war, wie er gehört hatte, auf der Sydney Street gefunden worden, die in die Zuständigkeit der städtischen Polizei fiel, aber die Blutspur führte in den Penitentiary-Park, der als Teil eines Naturschutzgebietes den staatlichen Sicherheitsbehörden unterstand. Sean ging am Rande des Parks entlang. Er lief die Crescent hinunter und sein Blick fiel auf einen Wagen der Spurensicherung, der vor einem Häuserblock parkte.
Als er näher kam, sah er, dass sein Vorgesetzter, Sergeant Whitey Powers, in der Nähe eines Autos wartete, dessen Fahrertür offen stand. Souza und Connolly, die erst eine Woche zuvor ins Morddezernat versetzt worden waren, durchsuchten die Büsche vor dem Eingang des Parks, jeder von ihnen mit einem Kaffeebecher in der Hand. Zwei Streifenwagen und der Einsatzwagen der Spurensicherung parkten neben der Fahrbahnbegrenzung. Die Leute von der Spurensicherung waren bereits am Werk und warfen Souza und Connolly böse Blicke zu, weil sie auf möglichen Beweisstücken herumgetrampelt waren und ihre Styroporbecher nicht mit Deckeln verschlossen hatten, so dass
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