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Mystic River

Titel: Mystic River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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hatte sie vergessen. Gestern Nacht hatte sie Dave gesagt, sie würde das Abflussrohr unter der Spüle von innen reinigen, um so auch die letzten Spuren zu beseitigen. Sie machte sich sofort daran, hockte sich hin, öffnete den Schrank unter der Spüle und ließ den Blick über Reinigungsmittel und Putzlumpen wandern, bis sie hinten den Schraubenschlüssel entdeckte. Sie griff nach ihm, bemühte sich, ihre Phobie vor dem Griff in den Küchenschrank im Zaum zu halten, dieses irrationale Gefühl, da läge unter einem Berg Lumpen eine Ratte auf der Lauer, schnüffle nach dem Geruch ihrer Haut, hebe mit zitternden Barthaaren das Schnäuzchen aus den Lumpen …
    Sie packte den Schraubenschlüssel, stocherte damit zwischen Lumpen und Reinigungsmittelflaschen herum, sicher ist sicher, wobei sie genau wusste, dass ihre Furcht albern war, aber vorhanden war sie trotzdem, tja, deshalb nannte man es ja Phobie. Sie hasste es, die Hand in tiefe, dunkle Nischen zu stecken; Rosemary hatte eine Heidenangst vor Aufzügen gehabt; ihr Vater konnte keine Höhe ertragen; Dave brach der kalte Schweiß aus, wenn er in den Keller runter musste.
    Sie stellte einen Eimer unter das Abflussrohr, um herausfließendes Wasser aufzufangen. Dann legte sie sich auf den Rücken, lockerte den Geruchsverschluss mit dem Siphonschlüssel und drehte mit der Hand weiter, bis das Wasser kam und in den Eimer rauschte. Kurz hatte sie Angst, der Eimer könne überlaufen, aber das Wasser tröpfelte bald nur noch und zum Schluss rutschte ein schwarzer Klumpen aus Haar und kleinen Maiskörnern aus dem Rohr. Als Nächstes war das Wandanschlussrohr an der Schrankrückwand an der Reihe, das dauerte ein bisschen länger, weil sich die Mutter nicht bewegen wollte, und Celeste musste den Schrank hochstemmen und unglaublich kräftig am Schraubenschlüssel drehen. Sie strengte sich so an, dass sie Angst hatte, gleich würde entweder der Schraubenschlüssel oder ihr Handgelenk brechen. Schließlich gab die Mutter mit einem lauten, metallischen Kreischen den Bruchteil eines Zentimeters nach. Celeste setzte den Schlüssel erneut an und drehte weiter. Jetzt bewegte sich die Mutter schon um die doppelte Strecke, auch wenn sie sich Celeste noch immer widersetzte.
    Ein paar Minuten später lag das Abflussrohr vor ihr auf dem Boden. Haar und T-Shirt waren feucht vor Schweiß, aber sie hatte das Gefühl, etwas geleistet zu haben, das einem richtigen Triumph gleichkam, so als habe sie gegen etwas Widerspenstiges, unbestreitbar Männliches gekämpft, Muskel gegen Muskel, und gewonnen. Bei den Putzlumpen fand sie ein T-Shirt, aus dem Michael herausgewachsen war, und drehte es, bis sie es durch das Rohr schieben konnte. Mehrmals zog sie es durch, bis sie überzeugt war, dass außer altem Rost nun nichts mehr drin war. Anschließend stopfte sie das T-Shirt in eine kleine Plastiktüte. Sie nahm das Rohr und eine Flasche Klorix mit nach draußen auf die Veranda und spülte das Abflussrohr durch, ließ die am Ende herauslaufende Flüssigkeit in die trockene, bröckelige Erde einer Topfpflanze laufen, die im letzten Sommer eingegangen war und den ganzen Winter über auf der Veranda gestanden hatte, damit sie endlich entsorgt wurde.
    Danach baute Celeste das Rohr wieder ein. Das ging viel einfacher als das Ausbauen. Zum Schluss brachte sie auch den Geruchsverschluss wieder an. Sie fand den Müllbeutel, in dem sie in der Nacht zuvor Daves Sachen verstaut hatte, und stopfte die Tüte mit Michaels zerrissenem T-Shirt hinein, goss den Inhalt des Plastikeimers durch ein Sieb in die Toilette, wischte das Sieb mit einem Haushaltstuch aus und warf das Tuch zu dem Rest in den Müllbeutel.
    Das waren sie also, die Beweisstücke.
    Jedenfalls alle Beweisstücke, die sie beseitigen konnte. Wenn Dave sie angelogen hatte – was das Messer anging oder etwaige Fingerabdrücke, die er hinterlassen hatte, oder etwaige Zeugen – seines Verbrechens? seiner Selbstverteidigung? –, dann konnte sie ihm nicht weiterhelfen. Aber der Herausforderung in ihrem eigenen Heim hatte sie sich gestellt. Sie hatte alles auf sich genommen, womit sie konfrontiert worden war, seit er in der vergangenen Nacht nach Hause gekommen war. Sie war damit fertig geworden. Sie hatte gesiegt. Wieder wurde ihr schwindelig, fühlte sie sich mächtig, so kraftvoll und wichtig wie noch nie und mit neuer Zuversicht spürte sie plötzlich, dass sie noch jung und stark und alles andere als ein schrottreifer Toaster oder kaputter Staubsauger

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