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Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)

Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)

Titel: Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
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habe sich eine Zauberwelt aufgetan, die nur Gutes versprach – ein wahrhaft krönender Abschluss der Vorführung.
    Stille senkte sich über das Theater.
    Hier und dort schluchzte jemand.
    Stoff raschelte , und Schuhe rieben nervös über Holzplanken.
    Dann begannen die Zuschauer zu toben.
    Der Große Makabros verbeugte sich. Es gab stehende Ovationen. Das Theater glich einem Hexenkessel. Der Vorhang schloss sich.
    Bernard saß wie angewurzelt. Meggy knuffte ihn in die Seite. Sie klatschte ausgelassen. Ihre Wangen waren gerötet , und Schweißtropfen perlten über ihre Stirn.
    Die Kapelle spielte ein beruhigendes Stück , und das Publikum setzte sich wieder.
    »Ha, du Griesgram ...«, kicherte Meggy. »Hat’s dir überhaupt nich’ gefallen?«
    »Ich werde ihn töten!«
    Sie verdrehte ihre Augen. »Keiner hat bis heute gesehen, wer sich hinter der Maske versteckt!«
    »Das Plakat hat mir genügt und nun bin ich mir völlig sicher. Ich habe ihn erkannt. Er soll leiden, wie meine Familie gelitten hat. Ich werde ihn dort treffen, wo es ihn am meisten schmerzt - und ich weiß, wo ich ihn finden kann! Ich beobachte ihn schon eine ganze Weile! Es ist der verdammte Siegelring. Nur er trägt ihn.«
    »Du wirst dich unglücklich machen.«
    Der Vorhang öffnete sich. Sofort brüllte das Publikum wieder los.
    Bernard war sich nicht sicher, ob Meggy ihn noch hörte, als er sagte: »Und wenn ich dabei draufgehe – ich werde Adrian Blackhole töten!«

 
    Die Geräusche, die aus dem Zimmer hinter der verschlossenen Tür drangen, waren so grauenvoll, dass Nell unwillkürlich den Atem anhielt. Sie hatte sich an das Singen des Windes, der sich in den Fluren von Stairfield House verirrte, an das Husten der Treppenstufen und an das Trippeln von Rattenfüßen hinter den Tapeten gewöhnt - aber diese Laute waren schrecklich.
    Nell hielt ein Tablett mit Porzellantassen in ihren Händen, das ihr um Haaresbreite entglitt. Sie lehnte mit dem Rücken an der Wand und atmete heftig. Ihr rann Schweiß über den Rücken, obwohl es im Haus herbstlich kühl war.
    Hinter der Tür, zu der nur Sir Adrian Blackhole, der Herr von Stairfield House, einen Schlüssel besaß, heulten irrsinnige Wölfe, jedenfalls kam es Nell so vor. Die Geräusche hatten sich aus der Dunkelheit emporgeschwungen wie böse Geister.
    Nell zitterte so sehr, dass die Tassen auf dem Tablett aneinander klickerten. Sie starrte entsetzt in die Dämmerung des Flures, der nur von zwei einsam zischelnden Kerzen beleuchtet wurde. Wenn sie sich nicht zusammenriss, würde ihr das Tablett aus den Händen gleiten und die Monster in Sir Blackholes Privatgemach würden sie hören und mordlüstern zu ihr hinausstürmen.
    Nell schob sich mit dem Rücken an der Wand entlang in Richtung Treppenaufgang. Sie stockte einen Herzschlag lang und lauschte.
    Stille.
    Die wahnsinnigen Laute waren plötzlich verklungen, lediglich der immerwährende Atem des Herrenhauses schwebte über ihr. In ihren Ohren trommelte der Herzschlag, ihre feuchte Haut kühlte ab, und ein eisiger Hauch strich darüber. Minuten vergingen. Schwer atmend verharrte sie und lauschte ihren Gedanken nach.
    Hatte sie geträumt? War sie das Opfer ihrer Phantasie geworden? Im Untergeschoß tickte die Standuhr, sonst war alles ruhig. Die nun herrschende Stille war fast noch gespenstischer als das Heulen der Wölfe .
    Es war nach neun Uhr abends , und Sir Blackhole erwartete seinen Tee, heute keine Kanne, sondern zwei gefüllte Tassen. Nell seufzte und straffte ihre Schultern. Wie jeden Abend würde sie auch heute ihrem Herrn den Tee servieren.
    Sie stieß sich von der Wand ab und machte drei Schritte auf die Tür zu. Sie wollte an die Tür klopfen ...
    ... als sich eine schwere Hand auf ihre Schulter legte.
    Über ihren Unterarm ergoss sich Tee, beschmutzte das weiße Kleid, die Tassen klirrten auf die Dielenbohlen , und das Tablett schepperte auf das zersplitterte Porzellan.
    Nell fuhr herum. Sie spuckte eine Locke ihres Haares aus, wischte sich mit den Händen über die Schürze und duckte sich blitzschnell weg.
    »Mister Drought!«, stieß sie hervor.
    »Wen um alles in der Welt haben Sie denn erwartet?« Der Butler grinste hart und wies auf die Scherben. »Ich wusste nicht, dass Sie Sir Blackhole den Tee vor seinem Privatgemach servieren sollen ...«
    »Erst erschrecken Sie mich fast zu Tode, dann versuchen Sie auch noch witzig zu sein!«, zischte Nell.
    »Sie sind eine Wildkatze, Miss Nell – es wird Zeit, dass man Ihnen die

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