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Mystic

Mystic

Titel: Mystic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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überschlug sich zweimal und schwang sich dann, immer noch brennend, ins Leere.

23
    »Wenn ich nicht sofort eine klare Antwort erhalte, wie Sie beide in ein brennendes Haus mit einem an einem Stuhl festgebundenen toten Bibliothekar gekommen sind, lasse ich Sie beide festnehmen, Polizist oder nicht, großer Filmemacher oder nicht«, schäumte Lieutenant Bowman.
    Andie und Gallagher hockten mit Decken um die Schultern auf einer Liege im hinteren Teil eines Notarztwagens. Der begleitende Arzt hatte sie schon untersucht und befunden, dass Andie Prellungen an den Rippen davongetragen hatte. Gallagher war mit leichten Verbrennungen an den Beinen davongekommen. Draußen löschten die Männer der Freiwilligen Feuerwehr das, was von dem Möbelmuseum des Bibliothekars übrig geblieben war. Der Hof des Anwesens war schon abgesperrt, und überall suchten Polizisten nach Spuren.
    »Das würde ich auch gern hören«, ließ sich die Stimme von Chief Kerris vernehmen, der jetzt hinter der Wagentür hervortrat. Er sah aus, als habe er tagelang nicht geschlafen. Seine Handrücken waren zerkratzt, und er trug einen langen Striemen auf der Wange. Seine hohen Gummistiefel waren von einer Schlammschicht überzogen.
    Bowmans Aufmerksamkeit wurde abgelenkt. »Wie sind Sie so schnell hierhergekommen, Chief?«, fragte sie überrascht. »Lawton ist über eine Stunde von hier entfernt.«
    Kerris hob die Hand, um den Schirm seiner Baseballmütze zurechtzurücken. »Meine Familie hat eine Hütte an einem der Seen hier in der Gegend. Da hab ich gerade den Garten für den kommenden Sommer in Ordnung gebracht, als ich den Ruf in meinem Funkgerät hörte. Ist er es wieder? Charun?«
    Bowman nickte und sagte dann zu Andie: »Ich warte immer noch auf eine Antwort, Sergeant.«
    Andie musterte die Nähte an der Decke um ihre Schultern mit diesem abwesenden Gesichtsausdruck, den Gallagher von seinem Vater kannte, wenn Seamus kurz davor war, nach einer seiner zeitweiligen Trinkpausen wieder mit dem Alkohol anzufangen. Sie holte tief Luft, als wollte sie sich selbst auf den tiefen Fall in den Abgrund vorbereiten.
    »Es ist alles meine Schuld«, platzte Gallagher heraus. »Ich habe unten bei Olga Dawsons Stall ein Kruzifix an einer Goldkette gefunden, und ich hätte es Ihnen gleich zeigen sollen, aber nachdem ich die Zeichnung gesehen hatte, habe ich es ganz einfach vergessen.«
    Lieutenant Bowman blickte Gallagher, dann Andie scharf an. »Kruzifix? Olga Dawson? Raus damit. Ich will alles wissen, und zwar sofort.«
    Gallagher log, ohne mit der Wimper zu zucken, und erzählte, er habe die Goldkette am Abend nach der Durchsuchung seiner Hütte zu Andie hinübergebracht. Andie zögerte, warf Gallagher einen kurzen Blick zu, und berichtete dann stockend, wie geschockt sie gewesen sei, als sie das Kreuz gesehen habe, von der Geschichte ihrer Mutter, von dem ledernen Beutel, dem Tagebuch und etwas Furchtbarem, das vor hundert Jahren in Lawton geschehen sein musste; und wie sie und Gallagher sich auf die Suche nach Olga Dawsons Tagebuchteil gemacht und es in einer Höhle am Lawton Mountain gefunden hatten. Gallagher fiel mit einer weiteren kühnen Erfindung ein und erzählte, beide Teile des Tagebuchs seien aus Andies Haus gestohlen worden, während sie drüben auf Hank Potters Anwesen waren, um herauszufinden, ob auch er einen Teil gehabt hatte oder nicht.
    Gemeinsam erklärten sie den Grund ihres Besuches bei Monsignore McColl und wie sie das zwangsläufig zu dem Haus des Bibliothekars geführt habe. Der Mörder war noch oben gewesen, als sie an die Haustür klopften. Er ließ sich mit einem Kletterseil aus dem Fenster herab und zündete das Haus genau in dem Moment an, als sie die Leiche des Bibliothekars fanden.
    Selbst durch die sackähnliche Jacke, die Chief Kerris trug, konnte Gallagher sehen, wie sich der Brustkorb des Polizisten immer schneller hob und senkte, während er und Andie ihr Netz aus Wahrheiten und Erfindungen spannen. »Das ist alles Quatsch«, sagte er, als sie geendet hatten. »Ich glaube kein Wort davon.«
    Andie hielt die letzte Zeichnung des Mörders mit dem Brief auf der Rückseite in die Höhe. »Das hier hing am Arm des Bibliothekars, als wir ihn fanden. Ist das etwa auch Quatsch?«
    Kerris stierte wie hypnotisiert auf die Zeichnung. Charuns Kopf war jetzt vollständig dem Betrachter zugewandt. Die weißen Schlitze in seinen Augen waren Halbmonde geworden. Ein Drittel der Stiche an seinen Lippen waren aufgeschlitzt und enthüllten

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