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Mystic

Mystic

Titel: Mystic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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schließen. Sie stand mit Gallagher am Hospitaleingang und gab Gavrilis ihren Bericht.
    »Oh, da nützt er uns aber viel«, warf Gallagher ein. Gavrilis wurde rot, reagierte jedoch nicht auf die Spitze. »Sie haben keine Beschreibung des fraglichen Fahrzeugs?«
    »Hochgelegter Pick-up«, sagte sie. »Mit vielen Scheinwerfern.«
    »Davon gibt’s Tausende in Vermont«, meinte Gavrilis.
    »Dieser Bernie Chittenden hat zum Beispiel einen«, meldete sich Gallagher wieder. »Das Arschloch wollte mich schon einmal über den Haufen fahren.«
    Ein Mann näherte sich vom anderen Ende des Parkplatzes. Chief Kerris schlenderte heran, die Baseballmütze keck zur Seite geschoben.
    »Ich bin gerade bei Bernies Laden vorbeigefahren, als ich vom Gorm Ridge herunterkam«, sagte er, zu Andie gewandt. »Ich kann dir sagen, dass sein Pick-up keinen Spritzer aufweist, nirgendwo auch nur ein bisschen Schmutz. Und da oben am Gorm Ridge ist auch nichts weiter zu sehen als deine Reifenspuren, die Ron Bouchers Maisfeld umgepflügt haben.«
    Kerris’ Mund verzog sich höhnisch. »Bist du sicher, dass dich ein Pick-up angefahren hat, Andie? Oder ist es möglich, dass du und dein Kumpel hier aus Hollywood auf den Gorm Ridge gefahren seid, um bei Sonnenuntergang ein bisschen Koks zu schnupfen, und du deinen Pick-up nicht mehr halten konntest?«
    »Du kannst mich mal, Mike«, schoss Andie kalt zurück. Er lächelte und hielt die Hände mit geöffneten Handflächen in die Höhe. »He, keine Beleidigungen, bitte. Ich musste doch schließlich fragen.«
    »Lass uns gehen«, wandte sich Andie an Gallagher. »Hier bekommen wir eh keine Hilfe. Du fährst.«
    Kerris baute sich in voller Größe auf und stellte sich ihnen in den Weg. Er legte Gallagher die Hand auf die Schulter. »Nicht so schnell. Ich will wissen, was ihr zwei da oben gesucht habt.«
    Gallagher sagte: »Frauenschuh. Und jetzt bitte die Hand weg.«
    »Ja, ein herrlicher Tag, um Blumen zu pflücken«, meinte Kerris und bewegte seine Hand keinen Zentimeter. »Ich will wissen, was ihr da oben gesucht habt.«
    Andie fuhr zwischen sie. Sie starrte Kerris an. »Wir haben uns Lawtons Vergangenheit angesehen, Mike. Macht dir das etwa Angst? Oder deinem Onkel? Oder vielleicht deiner ganzen Familie?«
    Kerris’ Mundwinkel zuckten kaum merklich; dann hatte er sich wieder unter Kontrolle, beugte sich nah zu ihrem Gesicht und grinste: »Ich hab überhaupt keine Ahnung, wovon du sprichst, Andie. Und außerdem hört dir hier doch sowieso niemand mehr zu. Jeder, der in dieser Stadt etwas zählt, weiß doch genau, dass du wieder abgedreht bist. Verrückte, besoffene Andie Nightingale.«
    Sie ließ sich nicht einschüchtern, sondern grinste ebenso zurück. »Du begreifst es einfach nicht, Mike, was? Es ist mir längst egal, was die Leute über mich denken.«
     
    An jenem Abend beobachtete Gallagher Andie, als wäre sie das exotische Mitglied eines schon lange vergessenen Stammes. Sie war sensibel und verletzlich und konnte dennoch bemerkenswert hart sein. Darin erinnerte sie ihn an Emily. Er hatte Andie von seiner Exfrau erzählen wollen, bevor man versucht hatte, sie von der Straße zu drängen, doch jetzt schien ihm dies fast gefährlicher als irgendein Autounfall; und er fragte sich, ob er sich jemals damit begnügen würde, einfach in einem Raum mit einer Frau zu sein, die ihn tröstete.
    Andie schnitt eingewecktes Gemüse vom letzten Jahr klein.
    »Worüber denkst du nach?«, fragte sie.
    Gallagher errötete und sagte: »Um wen wir uns zuerst kümmern sollen: Kerris oder Danby oder Lamont Powell oder um den Rest des Tagebuchs.«
    Sie schüttete das Gemüse in einen heißen Wok. Es zischte, als es zu schmoren anfing. Der Raum füllte sich plötzlich mit Ingwer-Geruch. »Ich glaube, es hängt alles zusammen. Wir kümmern uns um alles gleichzeitig.«
    »Das ist zu viel auf einmal«, meinte er.
    »Nicht, wenn wir uns darin teilen«, antwortete Andie.

30
    Mittwoch, 21 . Mai
    Die staatliche Nervenklinik in Waterbury ist eine kremlartige Ansammlung großer Backsteingebäude, verziert mit Bleiglasfenstern und Ecktürmchen. Lange grüne Rasenstücke erstrecken sich zu beiden Seiten des Haupteingangs. Der ganze Komplex wird von einem etwa dreißig Meter hohen Klinkerschornstein überragt.
    Im hinteren Teil eines der äußeren Gebäude nahm Eunice Marcous, die Archivarin der Klinik, einen Schluck aus ihrer Pepsi-Dose, stieß leise auf und klagte: »Ich hab gut und gerne zwei Stunden gebraucht, um dies hier

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