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Mystic

Mystic

Titel: Mystic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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Mai, zu früh für dieses drückende Sommerwetter, das Vermont jedes Jahr für eine kurze Zeitspanne in einen tropischen Regenwald verwandelt. Bremsen und Stechfliegen bissen in das nackte Fleisch der Männer. Sie kämpften mit Beilen.
    Terrance war der einzige Zeuge. Franco und der Kanadier umschlichen einander und stellten sich mit kleinen Schlägen ihrer primitiven Waffen auf die Probe. Ein Hieb auf den Unterarm von Franco. Ein flacher Schnitt in das Kinn des Franzosen. Dann erwischte es Franco am Schenkel. Er fuhr hoch und traf den Franzosen an der Schulter. Als der Kanadier aufschrie und weglief, setzte Terrance’ Vater hinter ihm her und holte im selben Moment aus, als der andere sich umwandte und ebenfalls ausholte. Francos Beil schnitt dem Franzosen den linken Arm auf der Höhe des Ellenbogens ab. Das Beil des Kanadiers riss Francos Brust weit auf. Gallagher sah seinen Vater vor sich, wie er an einem Strick hin und her baumelte. »Und Terrance hat das alles mit angesehen?«
    »Von Anfang bis Ende.«
    »Auch wie der Holzfäller starb?«
    Andie erschauerte und sah zu den Baumkronen hinauf.
    »Andie?«
    »Terrance behauptete, sein Vater habe dem Kanadier noch einen Schlag versetzen können, bevor er starb, und dann sei der auch gestorben«, antwortete sie. »Aber die meisten Leute in Lawton glaubten das nicht. Sie meinten, als Franco starb und sein Beil fallen ließ, habe Terrance es aufgehoben und damit auf den Franzosen eingeschlagen und so den Tod seines Vaters gerächt. Das Beil steckte im Kopf des Kanadiers, genau oberhalb des Ohrs.«
    »Du denkst daran, wie Charun alle seine Opfer umgebracht hat.«
    »Ja.«
    Kalte Regentropfen klatschten auf die Glasscherben zu ihren Füßen.
    »Wir laufen jetzt besser zum Wagen zurück, bevor wir uns eine Lungenentzündung holen oder uns in der Dunkelheit verirren«, sagte sie.
    Gallagher warf einen letzten Blick auf die sich mit Schatten füllenden Ruinen von Danbyville und lief dann hinter Andie her, die schon den Rückweg nach unten angetreten hatte. Er fragte sich, wie es für einen zehnjährigen Jungen gewesen sein musste, in die schwüle Dunkelheit hinauszugehen, nachdem er den Mörder seines Vaters getötet hatte. Diese Frage löste in ihm eine Erinnerung aus, wie er einmal als zehnjähriger Junge frühmorgens am Bett seiner Eltern gestanden hatte. Er hielt eine leere Wodkaflasche in der Hand und wollte sie beiden über den Kopf schlagen. Er war verblüfft über die Erinnerung, vor allem, weil sie im nächsten Augenblick von dem heißen Wunsch verdrängt wurde, mit seinen Eltern zu reden, ihnen erklären zu können, wie er sich zu dem Mann entwickelt hatte, der er war. Wie war es möglich, dass ein und dieselbe Person beide Gefühle gleichzeitig hegte?, fragte er sich.
     
    »Und was ist dann mit Terrance nach dem Kampf geschehen?«
    Andie öffnete die Tür des Pick-ups. »Er wohnte noch fünf oder sechs Monate mit Lulu Belle hier oben. Dann kam sie eines Tages, so um das Erntedankfest, mit ihm in die Stadt und brachte ihn zur Schule. Sie kehrte nie zurück.«
    Gallagher stieg auf der anderen Seite ein, und sie saßen in der Dunkelheit einfach so da.
    »Man schickte Terrance nach Hennessy House, das katholische Waisenhaus in Burlington«, fuhr sie fort. »Für die meisten Leute, die ich kannte, einschließlich meiner Eltern, war das eine gute Sache – mit den Danbys war, was Lawton anging, ein für alle Mal Schluss. Und ich hatte eigentlich nie mehr an sie gedacht, bis ich las, dass Many Horses für Joshua und Caleb arbeitete.«
    »Ist das alles?«, fragte Gallagher. »Du hast keine Ahnung, was später aus Terrance geworden ist?«
    Andies Stimme klang beunruhigt. »Ungefähr ein Jahr nachdem er fortgebracht worden war, traf jemand aus der Stadt ein paar Erzieher aus dem Waisenhaus und fragte nach Terrance. Sie erzählten, dass er sich in einem Jahr durch die gesamte Bibliothek des Waisenhauses gelesen hatte. Es stellte sich heraus, dass er den IQ eines Genies besaß. Ich sah es immer so: Terrance hatte lange Zeit in schlimmsten Verhältnissen gelebt, und dann erlebte er, dass Wissen umsonst zu haben war, so dass er beschloss, sich alles anzueignen und uns zu zeigen, dass wir uns in ihm getäuscht hatten.«

29
    Die Serpentinenstraße, die vom Gorm Ridge hinunterführte, wurde in dem kalten Regen glatt und schlammig. Andie ließ den Pick-up so langsam wie möglich ins Tal hinunterkriechen. Von neuem hüllte ihr Duft Gallagher ein, was in ihm, zusammen mit der

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