Mystic
sie.
Gallagher hatte das Gefühl, verrückt zu werden und es dringend jemandem erzählen zu müssen. »Genau so habe ich das neulich Nacht in einem Traum gehört.«
Andie starrte ihn an. »In einem Traum?«
»Ja, genau«, antwortete Gallagher und wurde dabei rot. »Ich träume immer noch von Many Horses, und sie spricht zu mir.«
Andie gestattete sich ein Lächeln. »Und ich dachte, du wärst ein Atheist, der nicht an Geister glaubt.«
»Ich bin ein Atheist, der nicht an Geister glaubt!«, erwiderte er heftig. »Und außerdem war es auch nicht so, als käme Casper mich besuchen. Es war nur ein Traum, ein zufälliges Zusammentreffen, oder vielleicht versucht mein Hirn mich auch nur davon zu überzeugen, dass ich das in meinem Traum gehört habe. Déjà vu. Ich … Ich weiß es einfach nicht.«
Ihre Belustigung verwandelte sich in Besorgnis. »Ich hasse es, wenn mich die Leute das fragen, aber fühlst du dich wohl?«
»Ja, ja«, beschwichtigte Gallagher. »Ich bin nur … ach, lies einfach weiter.«
Andie sah ihn ein paar Augenblicke lang aufmerksam an und wandte sich dann wieder ihren Notizen zu. »Hier hab ich noch ein Zitat aus dem Bericht: ›Verschiedene Gespräche mit dem Sohn des Patienten Powell, Lamont Powell jr., und zwei Töchtern – June aus Glens Falls, New York, und Lenore aus Poultney, Vermont – haben ergeben, dass der Patient sich seit dem Tod seiner Ehefrau Katherine im Jahre 1891 in einem sich ständig verschlechternden geistigen Zustand befand. June und Lenore gaben an, der Patient Powell habe mit Spiritismus und anderen Arten des Okkultismus geliebäugelt, so wie viele andere in den letzten Jahren auch. Doch versichern sie, dass der Patient niemals weiter westlich als Albany, New York, gekommen sei, viel weniger noch in ein Indianergebiet.
Nachforschungen bei der Polizei in Lawton – die allerdings nur oberflächlich waren – haben ergeben, dass es keine Morde an Indianern in jüngster Zeit gab. Und auch keine Daten darüber, dass irgendein Indianer in der Stadt gelebt hat, nachdem im Jahre 1874 die letzte Abenaki-Familie weggezogen war –‹«
»Wir wissen inzwischen, dass das nicht stimmt«, unterbrach Gallagher sie.
»Die Polizei muss gelogen haben«, stimmte Andie zu. »Glaubst du, dass Powell mit ihrer Ermordung etwas zu tun hat?«
»Wenn er mithalf, dann auf keinen Fall allein«, antwortete er. »Wenn er ein einzelner Irrer gewesen wäre, dann hätten sie den Mord nicht vertuscht. Also müssen mehrere Personen daran beteiligt gewesen sein. Und der Mord muss sehr brutal gewesen sein. Ich meine, der Kerl reißt sich immerhin die Zähne aus, schneidet sich die Zunge ab und hängt sich schließlich auf deswegen, oder?«
Andie nahm ihre Pistole vom Tisch und prüfte den Sicherungshebel. »Und jemand versucht uns deswegen von der Straße abzudrängen. Ich glaube, dass Kerris, der Bürgermeister, Bernie Chittenden und Gott weiß wer noch etwas über diese Geschichte wissen. Zumindest über die Tatsache, dass Lamont Powell irre wurde, weil er behauptete, an der Ermordung einer Indianerin beteiligt gewesen zu sein.«
»Das passt zu der Vertuschungstheorie«, stimmte Gallagher zu. »Ist das aber Motiv genug, um drei Leute brutal umzubringen? Ich meine, ich möchte zwar nicht als Nachkomme eines Mörders gelten, aber würde mir das so viel ausmachen, dass ich die Leute umbringen würde, die dieses Wissen in die Welt hinausposaunen könnten?«
»Keine Ahnung«, sagte Andie. »Aber ich kann dir eines sagen: Niemand aus Kerris’ Familie besitzt eine Hütte an einem See in der Nähe von Cartersburg. Erinnerst du dich? Das hat Kerris Lieutenant Bowman doch bei Nyrens Haus erzählt – dass er so schnell zum Tatort gelangt sei, weil ein Verwandter ein Ferienhaus in der Nähe hätte und er den Funkspruch gehört habe.«
»Ja und?«
»Also ich habe heute auf dem Rückweg von Waterbury Kerris’ Stellvertreter, Phil Gavrilis, getroffen. Phil weiß nichts von einer Hütte da unten. Die Geschichte, die Kerris Gavrilis aufgetischt hat, war, dass er zum Angeln fahre. Gavrilis hat mir auch erzählt, dass Kerris’ Ehe kaputt sei. Seine Frau hat eine Zwangsverfügung gegen ihn erwirkt, und er ist zwei- oder dreimal in diesen vergangenen Wochen zum Angeln und außer Funkreichweite gewesen, einschließlich des Morgens, an dem Olgas Haus abbrannte.«
»Und Kerris hat eine Vorgeschichte mit sexuellen Gewalttaten«, meinte Gallagher leise.
Andies Gesicht verhärtete sich, aber sie nickte. »Ich
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