Mythica 06 - Goettin des Sieges
gefunden, und sie … haben sie ermordet!«
»Deshalb kam sie mir so bekannt vor. Die Griechen haben König Priamos’ jüngste Tochter Polyxena umgebracht!«, rief Venus entsetzt.
Eleithyia nickte. »Die Dienerin der Prinzessin, Melia, kommt oft hierher, um Euch um Hilfe bei der Beendigung des Krieges zu bitten. Heute hat Polyxena Melia begleitet, um Euch ein Trankopfer darzubringen.« Mit tränenüberströmtem Gesicht sah Eleithyia zu ihrer Göttin auf. »Die Griechen haben die Prinzessin und ihre Dienerin ohne jeden Skrupel niedergestreckt – jedem ihrer Pferde bringen sie mehr Mitgefühl entgegen.«
»Was für ein schrecklicher Verlust …«, sagte Hera. »Sie war so jung und hatte noch ihr ganzes Leben vor sich. Dass sie so früh stirbt, kann nicht die Absicht der Schicksalsgöttinnen gewesen sein.«
Die Worte waren kaum über ihre Lippen, da stieß Venus einen kleinen Schrei aus. Hera warf ihr einen fragenden Blick zu.
»Das ist es!«, rief die Göttin der Liebe aufgeregt. »Das ist die Lösung.«
»Was redet Ihr da schon wieder?«, fuhr Athene sie an.
»Es ist wirklich perfekt.« Venus zeigte ins Allerheiligste. »Dort drinnen liegen zwei Körper. Zwei schöne, junge, seelenlose Körper. Und zufälligerweise bin ich die stolze Besitzerin zweier körperloser Seelen.«
»Ihr wollt doch nicht etwa andeuten, dass wir …«
»Natürlich deute ich nichts an«, schnitt Venus Athene das Wort ab. »Ich sage es frei heraus. Eleithyia haben wir gerade völlig mühelos geheilt. Da können wir doch sicher dasselbe für Polyxena und Melia tun. Dann hole ich die sterblichen Seelen, setze sie in die neuen Körper, und Polyxena wird Achilles’ neue Kriegsbraut.«
»Aber, Große Göttin, Achilles hat bereits Briseis als Kriegsbraut«, gab Eleithyia mit ihrer schüchternen Stimme zu bedenken.
Venus lächelte sie an. »Wenn deine Göttin Agamemnon einen kleinen Besuch abstattet, wird er sie nicht mehr lange haben.«
»Ich?«, fragte Hera.
»Ganz genau. Ihr seid die Göttin der Ehe. Ihr werdet Agamemnon erscheinen und ihm sagen, dass er viel weniger Probleme hätte, wenn er sich eine andere Kriegsbraut nehmen würde, und dass Ihr ganz zufällig wisst, dass Briseis absolut perfekt für ihn wäre.«
»Ich kenne das Mädchen noch nicht einmal. Und außerdem kann ich Agamemnon und seine Arroganz nicht ausstehen.«
»Aber es könnte funktionieren«, meinte Athene.
»Natürlich wird es funktionieren.« Venus lächelte der Göttin des Krieges dankbar zu. »Während Hera Agamemnon erscheint, werdet Ihr der lieben Thetis einen Besuch abstatten. Sie soll ihrem Sohn sagen, er soll sich aus der Schlacht zurückziehen, weil sie es als unverzeihliche Kränkung ansieht, dass Agamemnon seine Kriegsbraut gestohlen hat. Dann soll sie ganz nebenbei erwähnen, dass sie eine neue Kriegsbraut für ihn gefunden hat – eine Adelige, die ihr gefällt, weil sie nicht so dümmlich ist wie all die anderen Frauen, die ihn umschwärmen. Das sollte ihn neugierig machen.«
Athene sah die Göttin der Liebe mit zusammengekniffenen Augen an. »Und währenddessen bereitet Ihr Polyxena auf die Rolle vor, die sie in all dem spielen wird.«
»Haargenau. Sie muss dafür sorgen, dass Achilles beschäftigt ist – so beschäftigt, dass er gar nicht daran denkt, wieder in den Krieg zu ziehen. Dabei kann sie sich um sein schreckliches Temperament kümmern, und vielleicht kommt ihre Liebe – oder vielleicht zumindest eine bodenständige, lustvolle Version von Liebe – sogar an den Mann im Innern der Bestie heran.« Venus lächelte verschmitzt. »Es ist viele Jahre her, dass Zeus Achilles sein frühes Ende vorhergesagt hat – wahrscheinlich hat er es schon längst vergessen. Ihr wisst doch, wie beschäftigt der König des Olymp ist. Wenn Achilles sich von dem Weg abwenden würde, der ihm prophezeit worden ist, würde Zeus aller Voraussicht nach nicht eingreifen.« Die Göttin der Liebe zwinkerte Hera zu. »Vor allem, wenn Zeus’ Gattin ihren Einfluss spielen lässt …«
Hera seufzte. »Das klingt nach einem sehr komplexen, riskanten Plan.«
»Und genau deshalb ist er perfekt, meine Liebe«, entgegnete Venus. »Die Liebe ist niemals einfach, und sie ist die treibende Kraft in dieser Geschichte.«
»Mögen alle Götter und Göttinnen uns beistehen …«, murmelte Athene.
Venus ignorierte sie. »Also – wollen wir jetzt die beiden Körper für ihre Seelen vorbereiten oder einfach nur schön hier herumstehen?«
»Machen wir uns an die Arbeit«,
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