Mythor - 024 - Zweikampf der Zauberer
Mythor drängend.
»Davon rede ich«, sagte Thonensen. »Es ist vielgestaltig, rätselhaft, umweht von Geheimnissen. Schleier umspielen die Züge von Fronja.«
»Fronja«, wiederholte Mythor. »Fronja.«
Er kostete den Klang, ließ ihn gleichsam auf der Zunge zergehen. Viel schwang in diesen Silben mit, Gefühle und Erinnerungen, die Mythor selbst nicht recht begreifen konnte. Aus den Tiefen seiner verschütteten Erinnerung stiegen rätselhafte Gefühlszustände wie bunte Blasen auf und zerplatzten, sobald sie mit der Wirklichkeit in Berührung kamen. Ein fernes Ahnen der Vergangenheit, ein lockender Zug hinein in das Zukünftige, das waren einige der rätselhaften Gefühle, die Mythor in diesen wenigen Augenblicken durchströmten.
»Wer ist diese Frau?« fragte Mythor, sobald er sich wieder gefangen hatte. »Und in welcher Beziehung steht sie zu mir? Mir scheint, als würde ich sie kennen, von irgendwoher, aus nebelhafter Ferne.«
Thonensens Blick blieb ausdruckslos. »Gewiss kennst du sie«, murmelte er. »Sie stellt das Weibliche dar, das zum Manne gehört, untrennbar und doch verschieden voneinander, ewig in der Zwiespältigkeit. Zusammengehörend und doch Gegensatz... wie Nacht und Tag, wie Feuer und Wasser, wie Leben und Tod.«
»Tod?« wiederholte Mythor erschrocken. »Heißt das etwa.«
»Die Balance der Welt erfordert solche Gegensätze«, fuhr Thonensen fort, ohne auf Mythors Einwurf zu achten.
»Das Gleichgewicht der Kräfte muss erhalten bleiben, das Gute darf dem Bösen nicht unterliegen.«
»Mag sein«, warf Mythor unwirsch ein. »Ich möchte mehr über die Frau wissen.«
Mit einem Schlag kehrte Thonensen aus seinem beinahe abwesenden Zustand in die Wirklichkeit zurück. Er sah Mythor an. »Du willst mehr wissen? Nicht von mir, ich bin nicht berufen, alles zu sagen, was ich vielleicht erkennen kann. Willst du mehr wissen, dann frag das Orakel von Theran.«
»Das Orakel von Theran!« wiederholte Mythor. »Ich werde dorthin gehen, ganz gewiss.«
»Dort wirst du vielleicht mehr über Fronja erfahren«, sagte Thonensen. »Obwohl ich dir sagen muss, dass es besser wäre, du würdest nicht so neugierig sein.«
Mythor grinste nur. »Wir werden sehen«, verkündete er.
»Sieh nur, Mythor!« rief Sadagar. »Dort ist Horus!«
Zum zweiten Mal tauchte der Schneefalke auf. Diesmal aber hielt er keinen Zauberraben in den Krallen. Statt dessen trug er eine Schriftrolle.
»Was hat das nun wieder zu bedeuten?« fragte Sadagar entgeistert.
Horus flog heran und setzte auf dem Fensterbrett auf. Die Schriftrolle fiel auf den Boden. Mythor nahm sie hastig auf.
»Rettet mich!« las er laut vor. »Ich bin in größter Lebensgefahr. Holt mich hier heraus! Es eilt, Lamir«
Sadagar runzelte die Brauen. »Er hätte wenigstens schreiben können, wo er steckt«, sagte er vorwurfsvoll.
Mythor drehte den Brief in den Händen. »Die Schrift sieht sehr zittrig aus«, stellte er fest. »Vielleicht ist er gefoltert worden?« »Dann haben ihn die Codgins in ihren blutigen Händen«, stieß Sadagar wütend hervor. »Dieses elende Geschmeiß.«
Mythor sah sich nach Horus um. Der Schneefalke hatte sich wieder abgesetzt. Mythor streckte den Kopf aus dem Fenster und spähte dem Falken hinterher. Von wo hatte Horus den Brief mitgenommen? Vielleicht war der Schneefalke pfiffig genug, ihm einen Hinweis zu geben.
Scharfäugig verfolgte Mythor den Flug des Falken. Das Ziel von Horus war ihm für kurze Zeit ein Rätsel, dann aber begriff er.
»Was ist los?« fragte Sadagar. »Bist du krank?«
Mythor krümmte sich vor Lachen. Er stieß glucksende Laute aus und hielt sich den Bauch. »Recht geschieht ihm«, prustete er los. »Das hat er nun davon!«
»Redest du von Lamir?« fragte Sadagar entgeistert. »Er ruft uns um Hilfe an, und du lachst?«
»Vergiss Lamir«, sagte Mythor. Er wischte sich die Tränen aus den Augen. »Vergiss ihn gründlich. Wir werden ihn zu gegebener Zeit retten. Jetzt ist Hilfe noch nicht vonnöten.«
»Was willst du damit sagen?« fragte Sadagar.
»Dort, wo er sich jetzt aufhält, ist Lamir vorläufig am sichersten«, sagte Mythor. Er erholte sich von seinem Lachanfall. »Wenigstens vorerst.«
»Bist du sicher, dass wir uns um den Barden nicht zu kümmern brauchen?« fragte Thonensen.
»Einstweilen nicht«, sagte Mythor, nun ernsthaft.
»Es wird heute abend ein Bankett geben«, sagte Thonensen. »Ich werde Vassander herausfordern.«
»Zu einem magischen Duell?«
»Einstweilen nur zu einer
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