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Mythor - 034 - Drachenflug

Mythor - 034 - Drachenflug

Titel: Mythor - 034 - Drachenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner K. Giesa
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jetzt eine breite Lücke aufwies.
    Achad stellte seine schweißtreibende Arbeit ein, als er die Rufe der Nahenden vernahm. »Was gibt es?«
    Die beiden Männer kamen nicht mehr zu Wort.
    Aus dem Haus, in dem Mythor untergebracht war, erklang ein gellender Schrei, der in wildes Kreischen überging. Cran Achad erschauerte.
    *
    Aus einem Fenster fiel plötzlich helles Tageslicht nach innen, obgleich es draußen bereits dunkel geworden war. Dreifingerauge und Vierfaust bewegten sich nicht. Aus geweiteten Augen starrte Mistra das Licht an, das annähernd kreisförmig vom Fenster aus auf die Mitte des Zimmers zuwanderte. Langsam, sehr langsam…
    Woher kam trotz der Dunkelheit das Licht? Es war unbedeutend. Magie unterlag anderen Gesetzen. Wie erstarrt stand die junge Frau. Der Lichtkreis suchte, tastete sich auf Mythor und sie zu. Es war, als sei er ein lebendes Wesen, das sich umständlich orientieren müsse. Dann erreichte er den Kreidestrich, der als magischer Kreis Mythor und Mistra umgab. Lautlos glitt er darüber hinweg und direkt auf Mythor zu, bis er dessen Brust berührte. Hell leuchtete die Tätowierung auf, dann dehnte sich das Licht aus, bis es den ganzen Kreis erfüllte.
    Mistra sah Dreifingerauge an. Der Weise Große senkte die Lider. Es war soweit.
    Die junge Frau beugte sich über den Krieger. Kurz nur zögerte sie, dann berührten ihre Lippen den Mund Mythors zum Kuss .
    Bewegung kam in die beiden Stummen. Heftig gestikulierten sie und zeichneten irgendetwas in die Luft, was Mistra trotz ihrer Kenntnis der Zeichensprache nicht hätte begreifen können, wäre sie in der Lage gewesen, es zu beobachten. Doch ihre Augen waren geschlossen, und ihre Ohren nahmen im Moment der Erregung kaum die seltsam klagende Melodie wahr, die die beiden Großen pfiffen. Eine Melodie, die Lied und Sprache und Magie zugleich war.
    Mistra spürte Mythors spröde, trockene Lippen an ihren. Und als sie die Augen wieder öffnete, war um sie herum grenzenlose Schwärze.
    Ein verängstigter Schrei entrang sich ihrer Kehle.
    *
    Es war der Augenblick, in dem der Schneefalke aufgeregt zu flattern begann und eigenartige Krächzlaute ausstieß. Das Einhorn tänzelte unruhig, zeigte sich dabei wesentlich lebhafter als in den vielen Stunden zuvor. Und Hark, der Bitterwolf, gab ein leises Knurren von sich.
    Es war, als spürten die Tiere, was an einer anderen Stelle vor sich ging.
    Der Bitterwolf hob den Kopf, sah die beiden anderen Tiere an und setzte sich dann in Bewegung. Sein zufriedenes Knurren erklang nicht mehr, die spitzen Ohren des riesigen Wolfes richteten sich wachsam dorthin, woher der gellende Schrei kam. Trotz der Erderschütterungen waren die drei Fabeltiere bislang ruhig geblieben, ganz im Gegensatz zu Grommen und Menschen, doch jetzt zeigten sie merkliche Unruhe.
    Hark verschwand zwischen den Häusern und Silos. Lautlos war sein Schritt, und in der Dunkelheit war er nicht mehr als ein Schatten.
    *
    Die beiden Großen beobachteten das Geschehen. Schwärze bildete sich und hüllte blitzschnell die beiden Gestalten ein: Mythor und Mistra, die sich über ihn gebeugt hatte, um ihm den Lebenskuss zu geben.
    Die junge Frau löste sich jäh von Mythor. Unwillkürlich schloss der Weise Große die Augen. Er hatte es geahnt, doch es war Mistras fester Wille gewesen. Sie schrie und schlug wie rasend um sich. Hatte sie den Verstand verloren? Fast schien es so.
    Aber nicht nur sie zuckte und tobte in der Schwärze, die sie und den Gesandten des Lichtboten umhüllte. Auch Mythor wurde von einer unsichtbaren Kraft erfasst und durch die Luft geschleudert. Knirschend zerbrach das Lager unter ihm. Seine Gliedmaßen schlenkerten unkontrolliert hin und her. Die Schwärze tobte wie ein freigelassenes Raubtier, das Beute in erreichbarer Nähe vor sich sah.
    Dreifingerauge öffnete die Augen wieder. Er sah den Riss, der die Welt teilte.
    Quer durch den Raum zog er sich, schwarz wie der Tod, und in ihm zeigte sich etwas, das nicht einmal der vom Rauschmittel geweckte Geist der beiden Großen begreifen konnte. Es war so unsagbar fremd, dass menschliche Vorstellungskraft versagte. Nur für ein paar Herzschläge bestand dieser schwarze Riss, dann verblasste er.
    Was dann geschah, sah Dreifingerauge mit einer Klarheit und Schärfe, wie es ihm in unberauschtem Zustand selbst bei äußerster Konzentration niemals möglich gewesen wäre.
    Mythor schwebte wie Mistra frei in der Luft. Und die Tätowierung auf seiner Brust, das Bildnis Fronjas, verblasste von

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