Mythor - 043 - Am Kreuzweg der Lichtwelt
seiner Frage mitschwingen wollte: »Soll das heißen, dass Väter ihre Töchter verkaufen wie Sklavinnen?«
»Wie Bräute!« korrigierte Hayad stolz. »Heiratswillige Männer zahlen für schöne Mädchen stolze Preise.«
Mythor entsann sich, außerordentlich viele alte Männer gesehen zu haben, die den Markt bevölkerten. Wahrscheinlich waren es jene, die zu alt oder zu hässlich waren, um auf anderem Weg an eine Frau zu kommen.
»Lya ist die Schönste von allen, und sie wird einen Spitzenpreis erzielen«, prahlte Hayad, und Mythor konnte ihm in diesem Fall nicht einmal widersprechen. Kein Wunder, dass Konkurrenten hinter ihr her waren…
»Und was sagt Lya dazu?« fragte No-Ango plötzlich. Auch ihm war diese Art von Menschenhandel wohl nicht geheuer.
»Sie gehorcht ihrem Vater«, knurrte Hayad der Starke und sah den Grund seines leeren Bierkrugs. »Sprachst du nicht von vier bis zehn Bieren, Mythor?« Er winkte der Frau mit dem langen Haar. »Ich finde zu viel Luft in meinem Krug!«
Mythor starrte den Hünen angewidert an. Bedauern keimte in ihm auf, ihn nicht doch gehörig verprügelt zu haben. Diese Gebräuche gefielen ihm ganz und gar nicht. »Ein Krug, scheint mir«, sagte er und erhob sich, »ist genug.«
No-Angos Gesicht war ausdruckslos, als er sagte: »Was verlangst du für deine Tochter?«
Mythor furchte die Stirn. Was wollte No-Ango?
Hayad nannte seinen Preis. Er war hoch.
No-Ango zog eine Geldkatze hervor und zählte die Münzen ab. »Ich zahle dir den Preis«, sagte er verachtungsvoll. »Und mein Wille ist, dass deine Tochter sofort dein Zelt verlässt. Ist sie heute abend noch bei dir, werde ich dich töten.«
Er warf die Münzen vor Hayad auf den Boden und wandte sich um. Mythor, Sadagar und Larashi folgten ihm. No-Ango warf dem Wirt noch eine Münze zu. »Das reicht für das Bier, denke ich«, sagte er.
Finster starrte Hayad der Starke ihnen nach, als sie die Schenke verließen.
*
»Ein hoher Preis für eine Auskunft, die euch wohl kaum etwas nützt«, sagte Larashi, als sie schon über hundert Schritte von der Schenke entfernt waren.
Abrupt blieb No-Ango stehen. Seine Augen schienen Blitze zu verschießen. »Ich mag es nicht, wenn Väter ihre Töchter verkaufen«, sagte er scharf, »und ich denke, Mythor und Sadagar ergeht es ebenso. Ich hätte den Alten töten sollen. Aber das würde die hiesigen Gebräuche auch nicht ändern. Wir sind zu wenige dazu.«
»Was willst du machen, wenn er das Geld einstreicht und sie dennoch auf dem Markt der Bräute feilbietet?« fragte Sadagar. »Denn er wird begriffen haben, dass du Lya nicht für dich wolltest, sondern sie freikaufen willst.«
»Ich werde es überprüfen«, sagte No-Ango. »Und wenn er es wagt, werde ich ihn erschlagen.«
Nachdenklich gingen sie weiter. Mythor legte No-Ango kurz die Hand auf die Schulter und nickte ihm anerkennend zu; er billigte No-Angos Verhalten in der Schenke. Hätte er selbst über genügend Geld verfügt, hätte er nicht anders gehandelt. Er entsann sich zu gut jenes Augenblicks auf der Goldenen Galeere, als er Herzog Krude von Elvinon dem Prinzen Nigomir im Tausch gegen seine eigene Freiheit anbot, besessen von dem Gedanken, das singende Schwert Alton zu erlangen. Und war es Zufall, dass ebendieser Herzog Krude jetzt zu den drei Todesreitern Drudins gehörte, die ihm unerbittlich nachstellten?
Alles, dachte er, hat seinen Preis.
Seinen damaligen Verrat an Krude konnte er heute nicht mehr verstehen. Vielleicht war er in den vergangenen Monden nicht nur älter, sondern auch reifer geworden – gereift für die Verantwortung, die er als Sohn des Kometen auf sich zu nehmen hatte.
Sie bewegten sich durch die Straßen, stets wachsam um sich spähend. Jassams Männer mochten noch immer auf der Suche sein, vermutete Mythor, der längst nicht ahnen konnte, was Jassam wirklich beabsichtigte. Der Markt der Bräute tauchte wieder vor ihnen auf. Jetzt, da sie wussten, worum es sich dabei handelte – Larashi selbst hatte darauf verzichtet, ihnen die Auskunft von sich aus zu erteilen, weil er in seiner Weisheit des Alters erkannte, dass sie sie verstört hätte –, erschien ihnen dieser Markt widerwärtig. Jetzt begriff Mythor, warum sich so viele alte und hässliche Männer hier bewegten; Männer, die auf andere Weise nicht mehr hoffen konnten, eine Frau zu finden. Hier und dort bot ein Rabenvater seine Töchter an.
Mythor sah No-Angos Finger zucken. »Du kannst sie nicht alle freikaufen«, mahnte er den jungen
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