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Mythor - 043 - Am Kreuzweg der Lichtwelt

Mythor - 043 - Am Kreuzweg der Lichtwelt

Titel: Mythor - 043 - Am Kreuzweg der Lichtwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner K. Giesa
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hinwegtäuschte, dass es in diesem Land erheblich kälter war als vor fünfzig Sommern um diese Jahreszeit. Die Düsterzone breitete sich aus und streckte ihre kalten Finger auch nach Horai aus.
    Prinzessin Shezad, eine der vielen Tochter des Shallad Hadamur, wandte sich um. Sie stand an dem Spitzbogenfenster, das weit geöffnet war. Ihr Körper hob sich dunkel gegen das eindringende Licht ab, schimmerte bronzen in dem schleierartigen Kleid, das nur um die Brüste und Lenden undurchsichtig war. Sie war nicht gerade schlank, aber für ihre Größe auch nicht zu üppig. Aus der großen Masse der Frauen dieses Landes ragte sie immerhin noch an Schönheit hervor.
    »Ich bin unruhig«, sagte sie. »Ich fühle Gefahr, aber ich kann nicht sagen, wie sie beschaffen ist und aus welcher Richtung sie kommt.«
    »Mit Verlaub, Prinzessin, auch Hrobon äußerte sein Unbehagen«, sagte Hrolf. »Vielleicht…«
    Sie winkte ab. »Sorge dafür, dass alle Vorbereitungen getroffen werden«, verlangte sie. »Ich will keine Zeit verlieren. Wenn Tashans Kopf rollt, will ich abreisen. Nicht länger bleibe ich hier.«
    Hrolf nickte und ging langsam rückwärts zur Tür. »Ich werde Sorge tragen, dass alles nach deinen Wünschen geschieht, Prinzessin«, sagte er. »Gleich werde ich die Anordnungen geben…«
    »Tu es!« schnitt sie ihm das Wort ab.
    Er schloss die Tür leise hinter sich. Prinzessin Shezad sah ihm überlegend nach. Hatte sie ihn beleidigt, den alten Mann? Es spielte keine Rolle. Von irgendwoher lauerte Gefahr, und sie fühlte sich beobachtet. Mit einer hastigen Bewegung raffte sie das durchscheinende Gewand enger um den Körper und trat vom Fenster zurück.
    In ihren schmalen Augen funkelte es. Es wurde Zeit, dass sie Horai verließ. Aber sie hatte den Auftrag ihres Vaters zu erfüllen.
    Mit halblautem Seufzen ließ sie sich in einen der bequem gearbeiteten Lehnstühle fallen. »Wäre es doch schon vorbei«, murmelte sie leise.
    *
    Eine Gestalt huschte davon, verbarg sich in den Schatten zwischen den Baikonen und Freitreppen des Palasts und eilte weiter, sobald niemand hinsah. Der Lauscher hatte gehört, was wichtig war, und es war nichts anderes gewesen als zuvor. Es blieb genug Zeit, den Plan zu vollführen.
    Zur gleichen Zeit folgte ein anderer Mann vier Personen, von denen drei nie in Horai gewesen waren und der vierte ihnen Dinge erklärte, die an der Tagesordnung waren. Der Beobachter verbarg sich hinter anderen Menschen und zwischen Zelten oder den Ecken von wenigen Steinhäusern und ließ die, die er beobachtete, keinen Lidschlag lang aus den Augen.
    Die Beobachteten bemerkten ihren Verfolger nicht.
    *
    »Wenn nicht die Prinzessin hier wäre«, sagte die schrille Stimme der Marktfrau, »würden kaum so viele Soldaten hier herumlaufen. Sie suchen nach Attentätern, aber wahrscheinlich greifen sie nur ein paar harmlose Landstreicher auf und präsentieren sie ihrem Kommandanten, um behaupten zu können: Hier, wir haben unsere Pflicht erfüllt, da sind die üblen Kerle. Und dann werden sie befördert.«
    »Ich glaube eher, werte Dame, dass Tashan daran schuld ist«, sagte ihr Gegenüber. Er war hochgewachsen und spindeldürr; der Schatten eines Skeletts hätte ihn mühelos verbergen können. Seine Spinnenfinger wanderten rastlos knapp über den Früchten hin und her, die die Marktfrau zu einem unverschämten Preis feilbot. »Das da und das dort«, sagte er. »Ich nehme jeweils ein Pfund, aber nur zur Hälfte des Preises, den du verlangst.«
    Der Dürre räusperte sich. »Du bist also mit meinem Preisvorschlag einverstanden, werte Frau?« fragte er vorsichtig an und raffte die Früchte, auf die er gedeutet hatte, in seinen Korb, wobei er sorgfältig darauf achtete, etwas mehr als ein Pfund zu nehmen.
    »Heda!« schrie sie schrill auf. »Davon war nicht die Rede, guter Mann! Bedenke, dass ich von den kargen Einnahmen des Marktes nicht nur die Gier der Steuereintreiber zu befriedigen habe, sondern auch noch sieben Söhne und Töchter und einen ständig betrunkenen Mann ernähren muss! Sagen wir, sieben Achtel! Bei weniger mache ich Verlust.«
    »Ich auch«, knurrte der Dürre und begann die Früchte wieder auszupacken. »Gehe ich also ein paar Schritte weiter, dort bekomme ich die Früchte für weniger als die Hälfte deines Preises!«
    »Das glaube ich kaum«, schrie sie, »denn du wärest dumm, nicht sofort dorthin gegangen zu sein. Mein Herz wird jubeln, wenn der Pirat tot ist. Dann wird endlich wieder Ruhe einkehren und

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