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Mythor - 043 - Am Kreuzweg der Lichtwelt

Mythor - 043 - Am Kreuzweg der Lichtwelt

Titel: Mythor - 043 - Am Kreuzweg der Lichtwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner K. Giesa
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meinte Mythor. »Erzähl weiter. Was gibt es an Dingen in der Stadt, auf die wir als Fremde besonders achten müssen? Irgendwelche Gebräuche, die uns fremd sind? Bedenke, dass wir von weit her kommen. Vielleicht gibt es außer dem Markt der Bräute auch noch einen Markt der Weitgereisten?«
    Larashi schüttelte den Kopf. Er erzählte fast wie ein Fremdenführer, während sie in der Nähe des Zeltes von Hayad dem Starken vorbeikamen.
    »Ich habe noch etwas zu erledigen«, sagte der Rafher plötzlich. »Wartet einen Moment, Freunde.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, verschwand er in Richtung jenes Zeltes und kam nach einer Weile wieder zurück. Fragend sahen ihn Sadagar und Larashi an; Mythor ahnte, was der Rafher besorgt hatte.
    »Was war?« fragte Larashi.
    »Lya«, antwortete er knapp. »Ich habe ihr gesagt, dass die Kaufsumme für sie bezahlt sei, doch niemand Anspruch auf sie erhöbe. Sie könne und solle gehen, wohin sie wolle.«
    Mythor presste die Lippen zusammen. No-Ango hatte wohlgetan und dennoch nicht. Denn eine alleinstehende Frau, die niemanden besaß, der ihr Schutz bot, war Freiwild für Sklavenjäger oder – weitaus schlimmer – jene Sorte von Männern, die gewohnt waren, sich mit Gewalt zu holen, was ihnen freiwillig nicht gegeben wurde.
    »Ist sie noch da?« fragte er.
    No-Ango schüttelte den Kopf. »Sie ging sofort, raffte nur wenige Dinge zusammen. Sie sah sehr erleichtert aus, wahrscheinlich hatte sie vor ihrem Vater und dem, was er mit ihr beabsichtigte, doch mehr Furcht, als sie sich anmerken lassen wollte. Ich fragte sie, ob sie nicht mit uns kommen wolle, doch sie lehnte ab. ›Ich werde mich schon durchschlagen‹ sagte sie. ›Schlimmer, als einem greisen Fettwanst in die Klauen gegeben zu werden, kann es kaum kommen.‹ Und sie sprach so energisch, dass ich sie nicht halten konnte.«
    Mythor sah ihn für Augenblicke prüfend an. Aber er wusste, dass der Rafher nicht log. Es war nicht seine Art, sich irgendwie aus der Affäre zu winden. Es war wohl gewesen, wie er es geschildert hatte.
    »Ich will hoffen, dass sie keinem Sklavenjäger in die Hände fällt«, brummte Mythor besorgt. »Sie ist jung und schön, und sie…«
    Er verstummte. Einzelschicksale, die zu Herzen gehen mochten. Doch konnte er sich um jeden einzelnen Menschen kümmern? Vielleicht erging es anderen, ohne dass er es wusste, viel schlimmer, und er konnte ihnen nicht helfen. Sein Verstand hämmerte seine Gefühle gewaltsam nieder, und er wusste, dass Wichtigeres zu tun war. Aber wohl war ihm nicht dabei.
    Und immer noch wusste er nicht, was ihn erwartete.
    *
    »Es ist an der Zeit«, sagte sie, »dass es endlich geschieht. In dieser seltsamen Stadt aus Zelten und Händlern hält mich, ehrlich gestanden, nichts. Ich mag Horai nicht.«
    Der Mann, der den Rang eines Hauptmanns bekleidete und Offizier der Heerscharen des Shallad war, abgestellt als Begleiter der Prinzessin, neigte ergeben sein greises Haupt. Er war über sechzig Sommer alt, und die Zeit seiner Kämpfe war vorbei. Doch er hatte sie alle überlebt, und nun, da er in der Schlacht zu müde war, war sein Talent gewachsen, zu denken und zu planen. Und der Shallad hatte nicht gezögert, ihm jene seiner vielen Töchter anzuvertrauen, die Shezad hieß.
    »Bevor die Sonne sinkt, wird es geschehen«, sagte er gelassen.
    Das, was geschehen sollte, war im Grunde nichts anderes als eine Hinrichtung. Tashan, der berüchtigte Piratenführer, sollte um die Länge seines Kopfes kürzer gemacht werden. Das Urteil war gesprochen, und niemand dachte auch nur im Traum daran, dass es rückgängig gemacht werden könnte. Die Krieger des Shallad hatten ihm am Rand des Salzspiegels eine Falle gestellt, und trotz seiner zehn Wüstensegler hatten sie ihn bezwungen. Viele seiner räuberischen Männer waren unter den Klingen der tapferen Krieger von Logghard gestorben, und die Macht des Piraten schien gebrochen. Doch es hieß, dass jener, der nach ihm die Macht besaß, entkommen sei.
    Tashan, der Pirat, saß im Kerker der Festung, und nur das zählte. Und wenn es nach dem Willen der sieben Richter von Horai und nach der Stimme des Volkes von Horai ging, dann verließ Tashan diesen Kerker nur noch einmal, um seiner Hinrichtung entgegenzugehen.
    »Du möchtest lieber heute denn morgen abreisen, nicht wahr?« fragte Hauptmann Hrolf leise. Er stand in der Mitte des großen und prunkvoll ausgestatteten Zimmers, in dessen Ecke ein Kaminfeuer knisterte und mit seiner Wärme darüber

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