Mythor - 055 - Luftgeister greifen an
ihnen hing irgendwo der Luftgeist in den Nebelschwaden…
Sie fuhr jetzt herum und erwarteteihn mit ausgebreiteten Armen. Wollte sie wirklich den Kampf aufnehmen?
»Das überstehst du nicht!« schrie Mythor und stürmte auf sie zu. Er widerstand der Versuchung, doch wieder nach dem Schwert zu greifen, weil er wußte, daß es sinnlos war.
Die magische Zone hatte beide in ihrem Griff und hetzte sie gegeneinander, ohne daß sie sich dessen bewußt wurden.
Etwas stoppte ihn. Er sah ihre dunklen, glutvollen Augen und erstarrte…
Ihr zwingender Blick!
»Nein!« knurrte er. »So bekommst du mich nicht!« Er wich ihrem Blick aus und machte einen Sprung zur Seite, aber sie brauchte nur den Kopf zu drehen. Der zwingende Blick, mit dem sie schon die Fischköpfe zurückgezwungen hatte, sollte auch ihn besiegen!
Warum funktionierte nur das Schwert nicht? Warum konnte er es nicht gegen seine Feindin erheben?
Wieder sah sie ihn an, und fast hätte sie ihn mit ihrem Blick zur Umkehr gezwungen. Da aber schloß er die Augen, hatte sich gemerkt, wo sie stand, und stürmte auf sie zu.
Sie wich aus und ließ ihn ins Leere rennen, aber er hatte die Ausweichbewegung mehr erahnt und streckte beide Arme weit aus. Mit den Fingerspitzen der Linken berührte er ihre ärmelfreie Jacke, hatte immer noch die Augen geschlossen und ließ sich zu ihr fallen.
Sie schrie.
Er stürzte, aber seine abgleitende Hand erwischte noch ihren Fuß und riß daran. Als er die Augen öffnete, sah er sie knapp vor ihm ebenfalls stürzen und sich herumwerfen.
Er schnellte sich wieder hoch, stieß sich ab und kam über sie, aber er konnte durch den eigenen Schwung nicht mehr ausweichen, als sie ihm beide Fäuste entgegenstreckte. Er glaubte seine Rippen knacken zu hören, als Brust und Fäuste voreinandertrafen. Der heftige Hieb trieb ihm die Luft aus den Lungen. Er stürzte neben die Feuergöttin.
Ramoa wirbelte im Liegen herum und nutzte ihre Chance.
Ehe Mythor eine Abwehrbewegung machen konnte, sah er aus den Augenwinkeln ihre flache Hand heranfliegen, deren Kante in seinen Nacken traf. Aufstöhnend sank er zusammen. Schwarze Flecken tanzten vor seinen Augen, und er entsann sich dumpf, einen ähnlichen Schlag einmal gesehen zu haben, als einer der Marn ein kleines Tier tötete. Doch er lebte noch!
Er kam stöhnend hoch.
Doch Ramoa war nicht mehr da. Sie lief davon, so schnell ihre Beine sie trugen! Weit vor ihm war sie zwischen den ersten niedrigen Bäumen bereits verschwunden, die weiter hinten höher und dichter wurden und sich zum Dschungel verfilzten.
Daß hinter dem Dschungel die Regenbogen-Brücke lag, konnte er ebensowenig ahnen wie, warum Ramoa ihn nicht getötet hatte…
Keuchend bahnte sie sich ihren Weg durch das Unterholz. Sie ärgerte sich, daß sie Honga doch nicht erschlagen hatte. Es war ein Fehler gewesen, den sie gutmachen mußte. Sie mußte ihm eine Falle stellen.
Vergeblich suchte sie nach fleischfressenden Pflanzen. Hier, wo sie sich zum ersten Mal herbeiwünschte, um sie gegen Honga einzusetzen, ihn auf ihrer Spur zu ihnen zu locken, hier gab es sie nicht!
Es gab auch keine Möglichkeit, verschiedene Dschungel-Ebenen als Falle zu benutzen, weil der Dschungel nicht ausgedehnt genug war, um so groß zu werden. Zwischen Ästen, Lianen und Schlingpflanzen konnte die Feuergöttin bereits wieder freies Land entdecken. Es stieg dabei leicht an und ließ die Möglichkeit einer Hochsavanne oder gar Steppe offen.
Ramoa bewegte sich weiter. Sie wußte, daß Honga hinter ihr her war. Sie konnte sich nicht noch einmal darauf verlassen, daß sein Schwert ihm im entscheidenden Moment den Dienst versagte. Von Oniak, der schon zu Anfang den Fischköpfen zum Opfer gefallen war, hatte sie gehört, daß dieses Schwert im Körper eines großen Fisches gesteckt hatte. Kein Tau hatte es berühren können, bis dann der wiedergeborene Held Honga auftauchte und es an sich nehmen konnte. Es mußte ein Zauberschwert sein, und Zauberschwerter haben es so an sich, daß sie zuweilen ihre eigenen Wege gehen und den Dienst verweigern. Doch Ramoa glaubte nicht daran, daß das ein zweites Mal geschehen konnte.
Sie mußte Honga zuvorkommen und ihn unschädlich machen, nach Möglichkeit töten! Aber wie?
Sie erreichte den Dschungelrand. Hier wurden die Bäume rasch niedriger, verkrüppelten sogar, und nur noch hohes Gras und niedrige, flache Sträucher beherrschten die Landschaft, die schon bald hinter Nebelschwaden verschwand.
Was mochte dahinter
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