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Mythor - 055 - Luftgeister greifen an

Mythor - 055 - Luftgeister greifen an

Titel: Mythor - 055 - Luftgeister greifen an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. K. Giesa
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dem blutvollen Kirschmund forderte förmlich zum Küssen auf – es war einer der wenigen Augenblicke, in denen Gerrek wirklich bedauerte, nicht mehr ein Mann, sondern ein zerknitterter Beuteldrache zu sein. Bekleidet war das Mädchen mit einem roten, knielangen Beinkleid, das mit einer weißen Schärpe gegürtet wurde, und einem boleroähnlichen Jäckchen, das vorn von drei goldenen Spangen zusammengehalten wurde; allerdings reichlich locker so daß Gerrek einen Blick auf ihre kleinen, aber festen Brüste erhaschte.
    Es war wirklich bedauerlich, daß er als Drache nur noch vom Augenschein her genießen konnte…
    Fast hätte er vergessen, wo sie sich befanden und was sein Auftrag war. Er schlich zwischen den Büschen und Bäumchen des Urwaldrands noch näher heran.
    Und zertrat mit seinen krallenbewehrten Füßen einen Ast, der von dieser Tat mit lautstarkem Knacken berichtete. Leise über sein Ungeschick knurrend, verzog Gerrek sein Drachengesicht und kräuselte den Katerbart.
    Selbstverständlich hatte das Tau-Mädchen das Knacken gehört. Die Rothaarige fuhr hoch, starrte ihn an – und stieß einen gellenden Schrei aus!
     
     
    *
     
    Auch Mythor vernahm den Schrei. Ramoa? Hatte eine Pflanze sie erwischt?
    Er bewegte sich schneller. Er mußte wissen, was weiter vorn geschehen war. Schon wurde der Wald lichter. Der Sohn des Kometen achtete jetzt nicht mehr auf seine Umgebung. Wie ein Yarl pflügte er durch den Wald, der Stelle entgegen, an der der Schrei erklungen war.
    War es wirklich nur das Verlangen, zu wissen, ob seine Feindin ihr Ende gefunden hatte? Oder war da nicht irgendwo tief in seinem Innern auch Sorge um ihr Schicksal? Rief da nicht etwas ihm zu, daß er einen riesigen, nicht wieder gutzumachenden Fehler beging? Daß er sie vielmehr schützen sollte?
    Aber kaum gedacht, konnte er sich nicht einmal mehr an diesen Gedankengang erinnern. Die Magie packte nur um so fester zu. Ramoa war seine Feindin!
    Er stürmte zwischen den letzten verkrüppelten Bäumen hervor und sah…
     
     
    *
     
    Offenbar hatte sie ihn sofort wiedererkannt. Gerrek zögerte keine Sekunde länger, sondern stürmte aus seiner nutzlos gewordenen Deckung hervor auf die Rothaarige zu. Sie blieb in sprungbereiter Stellung vor der Fallgrube stehen. Wahrscheinlich wollte sie im letzten Augenblick zur Seite springen und ihn hineinstürzen lassen.
    Mit mir nicht! dachte er. In ihren Augen sah er es seltsam aufzucken, aber das störte ihn nicht. Er ahnte nicht einmal, daß die Tarnkappe ihn auch vor dem zwingenden Blick der Feuergöttin schützte.
    Er warf sich dicht vor ihr herum und sprang mit ihr zugleich zur Seite. Diesmal hatte sie keinen starken Knüppel in der Hand, den sie ihm über den harten Drachenschädel schlagen konnte. Seine linke Krallenhand packte zu, wirbelte die abermals aufschreiende Feuergöttin herum, die ihn zu schlagen versuchte. Gerrek wich den wirbelnden Fäusten mit einer erstaunlichen Geschicklichkeit aus, die in krassem Gegensatz zu seinem sonstigen tolpatschigen Wesen stand, und umschloß mit der Rechten ihr Genick.
    Unter seinem kalten Griff wurde sie in seinen Armen schlaff.
    Der Beuteldrache grinste grimmig, soweit sein Drachengesicht das zuließ. Feuerspeien und der kalte Griff gehörten zu seinen herausragenden besonderen Fähigkeiten, die er als Beuteldrache besaß. Ramoa würde bald wieder aus ihrer vorübergehenden Lähmung erwachen. Gerrek brauchte jetzt nur noch abzuwarten, bis ihm Honga über den Weg lief. Der mußte noch irgendwo im Wald stecken.
    Aber wahrscheinlich war es sicherer, sich erst einmal aus der Sichtlinie zurückzuziehen. Honga war bestimmt gefährlicher als dieses kleine Mädchen, zumal er bewaffnet war. Es galt also, ein Versteck zu finden. Gerrek packte sich die Rothaarige über die Schulter. Er überlegte, ob sie selbst dieses tiefe Erdloch ausgehoben hatte oder die Falle nur vorgefunden und wieder funktionsfähig gemacht hatte.
    Er hatte ein wenig zu lange hinuntergesehen. Das rächte sich augenblicklich.
    »Ha!« schrie jemand, der sich lautlos herangepirscht hatte. Gerrek fuhr herum und sah gerade noch einen dunkelhaarigen jungen Mann, der sich an ihn herangeschlichen hatte. Dann traf ihn ein heftiger Stoß. Der Drache, durch seine Last merklich behindert, ruderte wild mit den Armen, versuchte verzweifelt, das Gleichgewicht zu behalten und stürzte dann doch zusammen mit der Feuergöttin in die Fallgrube. Er gab einen fauchenden Laut von sich, schlug irgendwo unten auf und

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