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Mythor - 086 - Die Chronik der Burg Narein

Mythor - 086 - Die Chronik der Burg Narein

Titel: Mythor - 086 - Die Chronik der Burg Narein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terrid Peter
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gezupft worden, Brenneisen zum Versiegeln von Wunden lagen bereit. Das Öl, in dem die Stümpfe abgeschlagener Gliedmaßen gesotten wurden, um die Wunden zu schließen, war von bester Güte und ganz frisch. In Kisten und Kästen lagen Kleider und Kettenhemden, stapelten sich Speerspitzen und Federkiele zur Befiederung der tausendfach verschossenen Pfeile. Alles fieberte gleichsam dem Angriff der Horsiks entgegen…
    Und gerade das war es, was Phyter bekümmerte. Es entsprach dem Herkommen, daß solche Scharmützel aus den Neidseelen der Horsiks geboren wurde, und dumm waren die Horsiks nicht. Sie mußten wissen, wie wohlbewehrt die Burg war, wie tapfer die Verteidiger, wie gefüllt die Rüstkammern - warum, bei allen Zaubermüttern, suchten sich diese räuberischen Frauen diesen Zeitpunkt aus, Narein anzugreifen?
    Hatten die Horsik-Frauen vielleicht geheime Kunde? Hatte jemand die Bewohner von Burg Narein verraten?
    Schwerlich konnte sich Phyter einen solchen Treuebruch vorstellen - aber unter den Hasenherzigen, die es in jeder Burg gab, mochte es wohl den einen oder anderen geben, der es vorzog, die Burg zu verraten, um vor der Gefahr einer langen Belagerung sicher zu sein.
    Nun, in solchen Fällen hatte der Verräter selbst sein Todesurteil gesprochen. Wurde er ertappt, verlor er den Kopf, und die Horsik-Amazonen würden einen solchen Verrat ebenfalls mit dem Tode ahnden. Schließlich fiel es auf ihren ohnehin arg angeschlagenen Ruf zurück, wenn sie ihren Sieg hinterhältigem Verrat zu danken hatten.
    Es blieb noch die Möglichkeit, daß sich die Horsik-Amazonen der Hilfe ihrer Hexen versichert hatten. Die beiden Hexen in Diensten der Vereda von Horsik hatten einen mehr als üblen Ruf, ihnen war solche Schandtat wohl zuzutrauen.
    »Wäre doch Skasy hier«, murmelte Phyter, während er dem Aufmarsch der Horsikkämpfer zusah.
    Im Lauf des Tages kamen sie heran. Langsam und bedächtig, als hätten sie alle Zeit der Welt. Sie umgaben die weitgedehnte Anlage der Burg mit einem weiten Belagerungsring, den sie immer enger zusammenzogen.
    Phyter hielt seine Stellung den ganzen Tag über. Am Nachmittag kam Vilge zu ihm herauf, die Caeryll-Kundige kannte den Chronisten recht gut, mußte sie doch ab und an auf seine Unterlagen zurückgreifen, um ihre Forschung betreiben zu können.
    Vilge trug den Purpur-Mantel der siebten Hexenrangstufe. Sie stand im Dienst der Zaubermutter Zaem. Vilge hatte die Mitte des dritten Lebensjahrzehnts bereits überschritten und ähnelte ein wenig Swige von Narein. Auch sie maß weniger als sechs Fuß und war alles andere als üppig geraten.
    »Es wird munter zugehen«, sagte Vilge, als sie den Aufmarsch der Horsikkrieger sah. »Vereda hat wohl alles aufgeboten, was eine Waffe führen kann.«
    Phyter, der sich ein wenig besser auskannte, schüttelte den Kopf.
    »Ein oder zwei Hundertschaften mehr müßte sie schon ins Treffen führen können«, behauptete er. »Diese Horsiks planen wieder einen Schurkenstreich, da bin ich mir sicher.«
    »Laß sie kommen«, meinte Vilge unbeeindruckt. »Ihr werdet wohl ohne mich fertig, nicht wahr?«
    »Vermutlich«, sagte Phyter lächelnd. Vilge war eine der wenigen Personen auf Burg Narein, die ein wenig Verständnis aufbrachte für seine besondere Problematik. »Im übrigen - kommt da nicht Skasy?«
    Er deutete auf den Ballon, der langsam gegen den Wind aufkreuzend, aus jener Richtung nahte, in der sich, wie beide wohl wußten, Spayol liegen mußte. Dort war Skasy als Vertreterin der Narein-Frauenschaft aufgetreten und hatte mit der Matria verhandelt. Sie wurde zurückerwartet - Swige hatte ihr die ersten Nachrichten über die beginnende Auseinandersetzung zukommen lassen und die erfahrenen Strategin nach Narein zurückbeordert.
    »Der Ballon fliegt zu tief«, sagte Vilge, aufmerksam werdend. »Man kann ihn vom Boden aus beschießen.«
    Obendrein wehte der Wind in der falschen Richtung. Skasy mußte gegen ihn aufkreuzen, und das war ein mühsames Geschäft. Die Ballons ließen sich nicht mit den Segelschiffen vergleichen, die recht gute Kreuzeigenschaften hatten.
    »Bei Zaem«, murmelte Vilge. »Das wird ein Unglück geben.«
    Skasy kam mit ihrem Gefährt kaum von der Stelle. Die Horsikkriegerinnen hatten bereits bemerkt, wer sich ihnen da näherte - die Zeichnung der Ballonhülle war Hinweis genug. Sie bereiteten sich darauf vor, Skasy einen heißen Empfang zu bereiten.
    Bogenschützen rotteten sich zusammen. Sie sollten den Ballon unter Beschuß nehmen, und

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