Mythor - 088 - Kampf um die Burg
sie Narein zu knacken gedachten.
Und Skasy tat nichts.
Sie ließ die Angreifer zwar nicht gerade gewähren, aber sie leistete nur hinhaltenden Widerstand, und das gefiel einigen auf der Burg nicht. Indessen hatte der überwältigende Trick mit den Katzen - noch jetzt zeugte der schwarzgebrannte Ring um Narein von der vernichtenden Wucht des Feuers - Skasys Ruf als Strategin in schwindelnde Höhen getragen. Niemand wagte es noch, ihr dreinzureden.
Skasy stand neben Phyter auf der Zinne und schaute ruhigen Gesichts zu, wie die Horsikerinnen Angriffsvorbereitungen trafen.
Ein markerschütterndes Krachen ließ Phyter zusammenfahren. Es war soweit - neben dem Südtor war ein großes Stück Mauer eingebrochen. Ein Teil des Feuers wurde unter den Trümmern begraben.
»Aha«, sagte Skasy nur.
Im Lager der Angreifer wurde Jubel laut, während auf Nareiner Seite vereinzelte Unmutsäußerungen hörbar wurden. Skasy kümmerte sich um beides nicht.
Phyter hätte gerne gewußt, was sich Skasy wieder ausgedacht hatte, aber die Amazone schwieg, und Phyter wußte, daß er sie durch drängendes Befragen nur hätte reizen und noch schweigsamer machen können.
Es war Gorma, die an dem bedrohten Abschnitt Kämpferinnen zusammenzog. Hinter den Mauern kräuselten nun auch auf Nareiner Seite Rauch in die Höhe. Wasser wurde heiß gemacht, Pech gesotten, Blei geschmolzen. Mochten sie nur kommen, die Kriegerinnen von Horsik, sie würden ihren Leichtsinn bitter büßen.
»Aha«, sagte Skasy wieder.
Im Lager des Gegners wurde es lebendig. Leitern wurden herangeschafft, es sah danach aus, als stünde ein allgemeiner Sturmangriff bevor. An der Mauerbresche drängten sich die Horsikkämpferinnen, mindestens zwei Hundertschaften Amazonen, dazu die vierfache Menge einfachen Kriesgsvolks. Die Verteidiger waren dort etwa ebenso stark, allerdings wehte ihnen nach wie vor der stickige Qualm entgegen.
Phyter legte die Hand als Sonnenschutz über die Augen. Er suchte nach Nakido von Horsik, die sich nicht selten persönlich in die Kämpfe einschaltete.
Sie verließ in diesem Augenblick das Lager, bereit zum Kampf. Nakido war bekannt dafür, daß Geschmeidigkeit und Listenreichtum, Skasys großer Vorzug, nicht ihre Sache waren - sie ging lieber mit dem Kopf durch die Wand.
Phyter hatte einmal ein Bildnis von Nakido gesehen - und geglaubt, einen fleischgewordenen Alptraum geschaut zu haben.
Nakido zählte weniger als dreißig Sommer, war nur wenig über sechs Fuß hoch, aber mit Muskeln bepackt wie ein Schlachtochse. Ihr Gesicht war breit, die Augen saßen weit auseinander. Ihre brutale Hinterhältigkeit konnte Nakido selbst dann nicht leugnen, wenn sie - was selten genug vorkam - zu säuseln versuchte. Sie war ein Kampfweib, das Männer verschliß wie Pfeile; niemand hatte sie je freundlich gesehen. Es wäre auch schwer geworden, sie lieblicher Miene zu bezichtigen - Nakido trug Eisenplättchen in den Mundwinkeln, die ihrem Gesicht den Stempel aufdrückten.
Nakido hatte ihr Herzschwert nach sich benannt; wahrscheinlich war sie die einzige Person auf Vangas weitem Boden, die sie liebte.
Diese Amazone schickte sich an, Burg Narein zu stürmen - zusammen mit einem Amazonenhaufen, der den Namen Horsik-Horde zu recht trug, denn die Gefolgsfrauen standen ihrer Herrin in nichts nach, was Härte, Ruppigkeit und grimmigen Humor anging.
»Puh«, machte Phyter, als er sah, wie Nakido ihr kraftvolles Roß bestieg und dann hinübertrabte zur Bresche.
Eine Biffa schnellte los. Eine Mannlast harter Felsbrocken flog durch die Luft und schlug in Nakidos Nähe ein. Es gab Verluste in ihrem Gefolge, aber Nakido wandte nicht einmal den Blick.
Phyter sah zu Skasy hin. Die Amazone schien sich auf irgend etwas zu freuen.
»Wenn das nur gutgeht«, sagte Phyter halblaut.
Nakido trieb ihr Pferd voran. Die Bresche war breit genug und vor allem auch flach genug, daß man mit dem Pferd über die Trümmer hinwegsetzen konnte. Phyter konnte die heftigen Bewegungen sehen, mit denen Nakido ihre Frauen zum Sturmangriff trieb.
Nakido selbst wollte sich die Mauerkrone sichern, die Auszeichnung für die erste Kämpferin, die bei einer Belagerung die Mauer des Gegners erklomm. Sie trieb ihr Pferd die Geröllschräge hinauf, die alles war, was von diesem Teil der Mauer verblieben war.
Sie schaffte es.
Ihr Ansturm riß die verteidigenden Amazonen zu Fuß von den Beinen, und hinter ihr drängte mit Macht die Horsik-Truppe nach. Phyter preßte die Kiefer zusammen, als er
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