Mythor - 119 - Das sterbende Land
Zeit nimmt. Die Dunkelmächte warten nicht, bis seine magische Ausbildung abgeschlossen ist. Darum verstehe ich seinen Wunsch nach rascherem Handeln. Mythor ist ein Mann der Tat, er steht mitten im Leben, und er lernt auf diese Weise mehr als durch ein langwieriges Studium.«
»Danke, Glair«, sagte Mythor. »Aber nun lassen wir es der Worte genug sein. Ich möchte, daß wir endlich einen Weg aus der Schattenzone finden.«
Er verließ den Tisch mit dem Siebenstern und wandte sich der Kristallwand an der Backbordseite zu.
»Caeryll! Caeryll!« rief er. »Kannst du mich hören? Ich brauche deinen Rat. Ich möchte Auskunft über einen Ort haben, den du auf deiner Karte Heluma genannt hast.«
Über die Kristallwand huschten Lichter, ein Glimmen breitete sich aus, das aus ihrem tiefsten Innern zu kommen schien. Die pulsierenden Lichter vereinten sich und bekamen die Umrisse einer menschlichen Gestalt. Schließlich war der greise Caeryll in allen Einzelheiten zu erkennen. Das Gesicht mit der eisengrauen, wallenden Mähne und dem bis an die Brust reichenden Vollbart war Mythor zugewandt, der Blick der Augen wirkte durch die Lichtbrechung den Kristalle unstet, als irrte er suchend durch den Kommandostand.
»Ah, Mythor, du bist es«, sagte Caerylls Stimme in plötzlichem Erkennen. »Willst du mir sagen, daß wir vor ALLUMEDDON stehen?«
Mythor seufzte. Caerylls Geist, der in den Lebenskristallen von Carlumen weiterlebte, schien an nichts anderes zu denken als an diesen Begriff – obwohl er bisher noch nicht gesagt hatte, was er darunter verstand.
»Vielleicht gelangen wir über Heluma dahin«, sagte Mythor. »Aber zuerst müßten wir von dir erfahren, worum es sich dabei handelt.«
»Heluma? Heluma?« echote Caeryll mit vibrierender Stimme. »Hilf mir auf die Sprünge, Mythor, gib mir einen Anhaltspunkt. Welche Erinnerungen könnten mich mit diesem Namen verbinden? Heluma, Heluma…«
»Handelt es sich dabei um ein Tor aus der Schattenzone?« fragte Mythor. »Führt dieser Weg nach Gorgan?«
»Aber ja… ein Tor! Ein Weg aus der Schattenzone. Aber Gorgan? Ich weiß es nicht. Mir ist die Rückkehr in meine Heimat nie gelungen, nach Logghard, nach Atainnia, zu meinem Volk, den Caer und den Alptraumrittern…«
»Was ist mit Heluma?« fragte Mythor.
»Es ist ein Tor aus der Schattenzone, ja«, bestätigte Caeryll. »Aber ich habe nie erfahren, ob dieses Land in Gorgan liegt. Es liegt hart an der Düsterzone, dem Grenzbereich der Schattenzone und am Schnittpunkt vieler Bereiche und Zeiten…«
»Was meinst du damit?« fragte Mythor.
»Womit?« fragte Caeryll.
Als Mythor seine Frage deutlicher wiederholen wollte, schaltete sich der Kleine Nadomir ein.
»Ich glaube, Caeryll hat den Faden verloren«, sagte er. »Es führt zu nichts, ihm weitere Fragen zu stellen. Seinen Angaben ist zu entnehmen, daß Heluma ein Grenzland in verschiedene Bereiche ist, obwohl es außerhalb der Schattenzone liegt. Das ist auch den Eintragungen auf der Karte zu entnehmen. Ich vermute, daß, Caeryll irgendwann dieses Land Heluma erreicht hat, von dort aber wieder ins Unbekannte verschlagen wurde.«
»Ja, so muß es gewesen sein«, meldete sich wieder Caeryll. »Heluma ist keine Reise wert. Ich war dort, und dann… und dann… war ich zurück in der Schattenzone.«
»Caeryll scheint sich damals mit Carlumen im Kreis bewegt zu haben«, meinte Robbin. »So etwas kommt in der Schattenzone oft vor. Nur ein geringes Abweichen vom Kurs genügt, so daß man in einen Dämonenkreis gerät.«
»Aber Heluma liegt außerhalb der Schattenzone«, gab Mythor zu bedenken. »Und egal wo sonst, ob in Gorgan oder Vanga, ein Ausbruchsversuch würde sich lohnen.«
»Das Problem ist nur, daß wir die Schleuse nicht finden können, obwohl wir auf Kurs fliegen«, sagte Robbin. »Ich kenne mich zwar in der Schattenzone aus, aber von Heluma habe ich vorher noch nie gehört.«
»Dann haben wir keine andere Wahl, als die Schlange Yhr zu befragen«, sagte Mythor und fügte entschlossen hinzu: »Heluma könnte unsere Chance sein. Wir müssen hinfliegen. Nadomir, zieh den Tillornischen Knoten fester.«
Der Troll öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber als er Mythors unnachgiebigen Blick merkte, tat er, wie ihm geheißen. Er stellte sich auf die Zehenspitzen, um die Kristalle auf dem Navigationstisch zu erreichen und rückte sie etwas näher zusammen. Noch bevor er die Finger vom letzten DRAGOMAE-Baustein gelassen hatte, erschien Yhr auf der Brücke. Sie
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