Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition)
himmlischer Sphären – also frei von irdischen Sorgen – hätte die Venus mit einem BMI von 25 optimale Aussichten auf ein langes und gesundes Lebens – ganz so, wie es einer Göttin gebührt, die uns Sterblichen ein Beispiel an Schönheit, Anmut und Gesundheit sein will.
Diesem Ideal des natürlich geformten Körpers, das noch in der Renaissance als schön galt, stellen wir heute den künstlich verschlankten Körper als Schönheitsmaßstab entgegen. Bei diesen diametral entgegengesetzten Schönheitskonzepten geht es aber nicht nur um einen Wettstreit der Ideale. Sie beinhalten auch eine Umkehrung des Verursacherprinzips: Während das so genannte »Body Shaping« mit Willensanstrengungen, Diäten und anderen Hilfsstrategien den Körper auf schlank trimmt, feiert das Schönheitsideal der Körperrundungen das Aussehen, das den Bedürfnissen von Körper und Geist entspricht. Und das ist nicht nur so dahingesagt. Tatsächlich ist es das Gehirn, das mit seinen Ansprüchen unseren Körper formt und dessen Bedürfnisse wir unterlaufen, wenn wir uns dazu entschließen, dünner werden zu wollen. Um diese Bedürfnisse und was damit zusammenhängt, besser zu verstehen (und es ist für unsere Gesundheit enorm wichtig, dass wir sie besser verstehen), sollten wir uns direkt an den Ort des Geschehens begeben – ins Gehirn.
1 Formel zur Berechnung:
Body Mass Index = Körpermasse in Kilogramm/(Körpergröße in Metern) 2
Das hungrige Gehirn
Der Ort allen Denkens und Fühlens und der Ort, an dem unsere Persönlichkeit wohnt: Das menschliche Gehirn ist – soweit wir das beurteilen können – die komplexeste Struktur im Universum. In der Erforschung Künstlicher Intelligenz ist es bis heute nicht gelungen, ein Computerprogramm zu schreiben, das es mit den Fähigkeiten unseres Gehirns aufnehmen könnte. Es sind menschliche Gehirne, die immer komplexere wissenschaftliche Entdeckungen machen oder technische Entwicklungen vorantreiben. Und obwohl die Neurowissenschaften täglich neue Erkenntnisse über das Gehirn liefern, sind die meisten Fragen noch ungeklärt. Wir alle können uns sicher darauf einigen, dass unsere Gehirne über ein fantastisches Leistungsvermögen verfügen und dass viele der Vorgänge, die jederzeit in unserem Kopf passieren und die unser Leben bestimmen – vom Herzschlag bis hin zu der Entscheidung, ob ich mir ein neues Auto kaufe –, für uns nicht einmal annähernd nachvollziehbar oder erklärbar sind. Die Komplexität des eigenen Gehirns gibt uns immer wieder Rätsel auf. Und obwohl wir das alles wissen und es auch niemand ernsthaft bezweifelt, gibt es einen Bereich, in dem das Gehirn für wenig intelligent erachtet, ja sogar als beigeordnet angesehen wird, bei seiner eigenen Energieversorgung. Fast alle Diätkonzepte gehen von der Annahme aus, dass Fettzellen als intelligente Saboteure unseres Körpers fungieren, denen man nur das Handwerk legen muss, um schlanker zu werden. Erstaunlicherweise hat sich bisher kaum jemand gefragt, ob Gewichtszunahme vielleicht einen tieferen Grund haben könnte. Schließlich passiert in unserem Organismus nichts grundlos. Kaum zu glauben, aber wahr: Obwohl wir wissen, wie ungeheuer intelligent und komplex unser Gehirn ist, kam lange Zeit niemand auf die Idee, dass es auch bei einem so folgenschweren Vorgang wie der Gewichtszunahme des Körpers eine entscheidende Rolle spielen könnte.
Passiv oder aktiv – ist unser Gehirn eine gute Restaurantchefin?
Nehmen wir an, unser Gehirn müsste ein Restaurant leiten. Eine der wichtigsten Aufgaben bestünde im Einkauf. Wie viele Gäste kommen? Wie viele Lebensmittel müssen also eingekauft werden, damit die Küche alles zubereiten kann, was bestellt wird? Eine gute Restaurantmanagerin würde schauen, wie viele Personen vorbestellt haben, und anhand ihrer Erfahrungen abschätzen, mit welcher Anzahl zusätzlicher Gästen an diesem Tage zu rechnen ist. Aus diesen Erkenntnissen würde sie ihre Lebensmittelbestellung beim Großhandel so abstimmen, dass alle satt werden und möglichst wenig übrig bleibt.
Ihre träge Kollegin geht die Sache ganz anders an: Sie bestellt einfach jeden Tag die gleiche Menge. Soll die Küche sehen, wie sie das Problem löst. Sind zu viele Lebensmittel vorrätig, kommt der Rest in die Kühlung, sind es zu wenige, werden einige Gäste eben hungrig weggeschickt. Während also die erste Restaurantmanagerin aktiv versucht, den Bedarf zu berechnen, harrt ihre passive Kollegin der Dinge, die da kommen. Die
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