Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
Vom Netzwerk:
ihm bei, dass wir nun zu viert sind.“
    Freitag, 12. Juni, Moyobamba, Peru
    York war stinkwütend. Erst hatte sich Nora den ganzen Tag nicht gemeldet. Jetzt, spät am Abend, hatte sie endlich angerufen. Erst hatte sie ihm eine wirre Horrorgeschichte von tödlichen Zusammenstößen zwischen Indios und der Polizei erzählt, in die sie hineingeraten war. Und jetzt auch noch das!
    „Wie kommst du auf die Idee, zwei Typen anzuheuern, die du nicht mal richtig kennst?“, brüllte er. „Nachdem dich in Sevilla jemand überfallen und dein Hotelzimmer auf den Kopf gestellt hat? Von dem toten Mönch ganz zu schweigen.“
    Speicheltropfen landeten auf dem Tisch vor ihm. Peinlich berührt wischte er sie weg. Die zwei jungen Frauen, die außer ihm in der Bar des Hotels saßen, schauten irritiert herüber.
    „Woher weißt du, dass die dich nicht umbringen wie diesen Mönch?“, fragte er leiser. Er hörte Tilly seufzen. Beherrschte Ungeduld. Als würde sie mit einem trotzigen, uneinsichtigen Kind reden.
    Himmelherrgott noch mal. Wenn er an ihr Wiedersehen gedacht hatte, dann war Tilly in seiner Fantasie zu ihm ins Zimmer und unter seine Decke geschlüpft, und sie hatten genau dort weitergemacht, wo sie aufgehört hatten, als seine Frau ihn angerufen hatte, um ihm von dem Sturz seiner Tochter vom Pferd zu erzählen. Ein angebrochenes Handgelenk, ein unterbrochenes Schäferstündchen, eine abgebrochene Affäre. Die sich jetzt leicht wieder hätte aufnehmen lassen können. Aber dazu gehörten zwei.
    „Die beiden wollen nur ein Abenteuer erleben, Rob. Der eine ist ein katholischer Priester, der andere ein Fotograf, der unsere Expedition als Journalist begleiten wird.“
    „Wie kommst du darauf, dass du das einfach allein entscheiden kannst?“, zischte York durch zusammengebissene Zähne. „Du hättest mich vorher fragen müssen.“
    „Hätte ich? Rob, das hier ist mein Ding“, antwortete sie wütend. „Ich habe die Dokumente gefunden, ich habe sie entschlüsselt und übersetzt.“
    „Und das alles, während du von mir bezahlt worden bist.“
    „He, ich arbeite im Augenblick auch immer noch für dich, oder nicht? Alles, was wir finden, wird der Firma gehören. Aber ich finde es. Mit wem ich will.“
    „Und wenn ich dich jetzt rauswerfe? Was machst du dann?“
    „Ha ha. Du hast mich schon rausgeworfen, schon ver dun, schogessen? Die Kündigungsfrist ist nur noch nicht rum. Und ich werde diesen Schatz suchen, für die Firma oder für mich selbst.“
    „Wie du gerade gesagt hast, gibt es eine Kündigungsfrist. Und …“
    „Rob“, seufzte sie, „ich will doch nicht aussteigen. Es gibt eben nur zwei Begleiter.“
    „Ein katholischer Pfarrer“, sagte York hämisch. „Für seelischen Beistand ist also gesorgt. Und wenn einer von uns draufgeht, kriegen wir noch die letzte Ölung. Zu blöd, dass ich Baptist bin. Irgendwie.“ Er lachte. „Und wie wird uns der Fotograf helfen?“
    Tilly ging nicht drauf ein. „Du akzeptierst es, oder ich schmeiße dich raus.“
    York verschlug es die Sprache. Dann wurde er wieder laut. „ Du willst mich rauswerfen? Mädchen …“
    „Mein Gott, Rob“, unterbrach sie ihn. „Müssen wir auf diese Weise miteinander reden? Auf deinen Schiffen sind doch auch immer haufenweise Leute dabei, ohne dass die Silbermünzen kübelweise verschwinden.“
    York rieb sich das Kinn. „Aber diese Leute haben wir vorher überprüft. Und sie haben keine Gelegenheit, einem nachts die Kehle durchzuschneiden und sich mit Wertgegenständen davonzumachen.“
    „Die haben beide was gut bei mir.“
    „Nora, Baby“, sagte York. „Ist gut. In Ordnung. Bring die beiden Burschen mit, wenn es sein muss. Wenn wir sie nicht bezahlen müssen und sie die Schnauze halten.“
    Er seufzte und rieb sich das Gesicht. Er hatte sich darauf gefreut, Tilly zu erzählen, dass er schon wusste, wo ihr nächstes Ziel lag. Jetzt hatte er keine große Lust mehr, länger mit ihr zu sprechen.
    „Ich weiß jetzt, wo wir von hier aus als Nächstes hin müssen“, sagte er nur.
    „Echt?“
    York konnte sich gut vorstellen, wie Nora gespannt den Hörer ans Ohr drückte.
    „Ich erzähle es dir, wenn ihr hier seid“, sagte er.
    „Was?“, rief sie. „Jetzt sags schon.“
    „Wenn ihr hier seid“, beharrte York.
    „Wir kommen wahrscheinlich morgen Mittag irgendwann bei dir an.“ Sie kappte die Verbindung.
    York klappte frustriert das Mobiltelefon zu. Das lief völlig anders, als er sich das vorgestellt hatte.
    Samstag, 13. Juni,

Weitere Kostenlose Bücher