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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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sich über das Handgelenk und ballte eine Faust. „Es geht, wirklich.“
    Nazario bat sie in seine Hütte. Eine Holzleiter führte auf eine Plattform einen Meter über dem Boden. Latten trennten zwei mit Palmblättern abgedeckte Räume.
    Der Peruaner bot ihnen den hinteren Teil an, hing ein Tuch auf, um Tilly ein wenig Privatsphäre zu ermöglichen, und verschwand dann, um etwas zum Abendessen zu besorgen.
    Tilly, d’Albret und York packten ihre Rucksäcke aus. Zum Glück hatten sie ihr Gepäck in wasserfeste Schutzfolien gehüllt, sodass Tillys und Yorks Notebooks heil geblieben waren. Auch einige Kleidungsstücke hatten das Unglück trocken überstanden. Sie zogen sich um und hängten die nassen Sachen zum Trocknen auf einige Leinen, die unter dem Dach gespannt waren.
    Nazario kam zurück und begann, etwas in einer Pfanne zu braten. „Paiche“, erklärte er und zog die Augenbrauen hoch. Eigentlich sei dieser große, mehrere Meter lange Fisch ja geschützt, erklärte er. Aber was sollten sie machen. Man musste schließlich essen.
    Sie hockten sich vor die Hütte auf einige Stühle und einen gefällten Baumstamm. Nazario stellte ihnen stolz seine fünf Kinder vor, die während des Essens um die Gäste herumsprangen.
    Tilly probierte mit schlechtem Gewissen den Fisch, den Nazarios Frau mit Reis, Yucca, Bananen und Chicha anbot. Sie dachte an Arie, der für Greenpeace arbeitete. Vermutlich hätte der Niederländer aus Prinzip abgelehnt, von dem ausgezeichneten Fisch zu essen. Ob Arie in Yurimaguas war, schon wieder gesund und munter? Sie schob den Gedanken beiseite, weil sie bemerkte, dass sie Sehnsucht verspürte. Und dass er nicht bei ihnen war, war wahrscheinlich ein Glück. Wer weiß, was bei der Notlandung passiert wäre, wenn sie zu fünft in der Maschine gesessen hätten.
    Dienstag, 16. Juni, Iquitos, Peru
    Das El Dorado Plaza lag im Zentrum der Stadt, sieben Kilometer vom Flughafen entfernt. Nur einen Häuserblock weiter im Südosten drängte sich der Amazonas in die Bucht des Río Itaya, wo der Hafen von Iquitos lag.
    In den riesigen Bogenfenstern der schlichten, eleganten Frontfassade des Hotels spiegelte sich der Turm der gelben Kirche Iglesia Matriz. Hinter dem Hotel erhob sich die blaue Ruine eines hohen, nie fertig gestellten Gebäudes. Angeblich hatten Drogenbarone Ende der 1970er Jahre hier ein Hotel bauen wollen, doch dann war ihnen das Geld ausgegangen. Auf dem Dach des Hauses brüteten in dem mit Regenwasser gefüllten Pool die Moskitos in einem Wald von Antennen.
    Pérez betrat die geräumige, hohe Lobby des Hotels. Er fand Tanriverdi an einem der kleinen, gemütlichen Tische, die um das große Wasserbecken im Zentrum des Gebäudes aufgestellt waren.
    Der Türke bewunderte den Fahrstuhl, eine runde Glaskabine am Ende des Beckens, die gerade einige Gäste zu den Balustraden hinaufbrachte, über die sie in ihre Zimmer gelangen würden.
    „Das gefällt mir“, stellte er fest. „Auch die Farben.“
    Pérez war zum ersten Mal in dem Hotel. Er schaute sich um und tat beeindruckt. Die Architektur fand er tatsächlich irgendwie … nett. Aber die Farben! Alles war in Pastell gehalten, die Wände zierte ein bescheidenes Hellbraun mit dunkelbraunen und grünen Streifen. Es erinnerte ihn an Filme aus den 1970er Jahren.
    „Holen Sie sich doch auch etwas.“ Tanriverdi hob sein Glas. „Ich lade Sie ein.“
    Pérez bedankte sich und bestellte eine Pepsi-Cola.
    „Professor Revilla ist auch schon in Iquitos“, sagte er. „Wir können im Prinzip sofort loslegen. Soll ich Ihnen noch einmal zusammenfassen, was vor uns liegt?“
    „Tun Sie das“, forderte Tanriverdi ihn auf.
    Pérez holte eine Karte des Distrikts Jeberos aus seinem Rucksack.
    „Ich habe einen in habe ePiloten organisiert“, begann er. „Der wird uns übermorgen Früh nach Jeberos fliegen. Das erreicht man genauso wenig mit dem Auto wie Iquitos. Von dem Dorf aus werden wir zu Fuß nach Nordwesten marschieren und uns die Füße in zwei kleineren Flüssen nass machen. Bauern aus dem Dorf Puerto Limón am Südufer des Río Supayacu überlassen uns dann ein Peke-Peke.“
    „Was ist ein Peke-Peke?“, unterbrach ihn Tanriverdi.
    Gerade in der Trockenzeit saß man in den flachen Seitenarmen der Flüsse mit normalen Außenbordmotoren schnell fest. Deshalb gab es kleine Boote, bei denen die Schiffsschraube über eine lange Stange mit dem Motor verbunden war, die man je nach Wassertiefe schräg stellen konnte. Die Konstruktion erinnerte an

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